Jan E. Brucker, Präsident Swiss Deluxe Hotels
Jan E. Brucker, Präsident der Swiss Deluxe Hotels.
Von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Brucker, die Swiss Deluxe Hotels, welche 37 der führenden Fünfsterne-Häuser der Schweiz vereinigen, haben in der Wintersaison 2010/11 die Übernachtungszahlen des Vorjahres und den Umsatz mehrheitlich halten können. Was hat die Saison geprägt?
Jan E. Brucker: Über alle Hotels hinweg waren der starke Franken, die Schwäche der Stamm-Märkte UK und USA sowie der relative Schneemangel massgebend. Insgesamt konnte das Vorjahresergebnis knapp gehalten werden.
Wie verlief die Entwicklung in den Regionen?
Die ausgeglichene Durchschnittsbilanz wird den grossen Unterschieden in den Regionen nicht gerecht. So entwickelte sich z.B. Zürich sehr gut, die Genferseeregion hingegen eher schlecht. Bei den Resort Hotels in Graubünden, im Wallis und im Berner Oberland konnte das Vorjahresergebnis nicht übertroffen werden, obwohl wir uns dies gewünscht hätten. Einzelne Betriebe entwickelten sich hingegen sehr positiv.
«Die ausgeglichene Durchschnittsbilanz wird den grossen Unterschieden in den Regionen nicht gerecht. So entwickelte sich z.B. Zürich sehr gut, die Genferseeregion hingegen eher schlecht.»
Jan E. Brucker, Swiss Deluxe Hotels
Welchen Anteil hatten in den Winterdestinationen wie Zermatt, Arosa, St. Moritz oder Gstaad die Stammgäste?
Der Anteil liegt sicherlich weit über der Hälfte, wobei wir dazu auch die Gäste rechnen, welche auch nur 2-3 Mal im entsprechenden Hotel waren, folglich Repeater, aber deswegen noch keine Stammgäste sind.
Im Bereich der Stadthotellerie ist die Lage vor allem im Genferseegebiet angespannt. Wie äussert sich dies in Zahlen und was sind die Gründe?
Der Rückgang beträgt 10 und mehr Prozent, was schon beträchtliche Ausmasse sind. Die Gründe dafür sind vielfältig. Allen gemeinsam sind der starke Rückgang des Gruppen- bzw. Incentivegeschäfts, die Schwäche des US-Markts sowie der Druck auf unsere Preise. Dies zeigt sich deutlich auch bei den überproportional gesunkenen Umsatzzahlen.
Wie präsentiert sich die Situation in Zürich, das wie Genf von der Finanzkrise bedeutend stärker betroffen war als die Resort Hotels?
Zürich lebt bei weitem nicht dermassen vom Gruppengeschäft wie z.B. Montreux oder Genf. Ausserdem hat Zürich nicht diese ausgeprägte Saisonalität wie Genf, sondern zieht alle Typen von Geschäftstourismus das ganze Jahr hindurch an. Schliesslich hat Zürich auch viele attraktive Events und ist insbesondere für Feriengäste bzw. Städtebesucher, welche von Do/Fr-Sonntag bleiben, zunehmend interessant.
Wie haben sich die Buchungszahlen geographisch (Herkunft der Gäste) entwickelt?
Sehr erfreulich sind die Steigerungen aus Russland und Brasilien, welche beide sehr stark zugelegt haben. Hingegen verzeichnen unsere Hotels insgesamt ein leichtes Minus aus Deutschland, dem mit Abstand wichtigsten Auslandmarkt. Der Schweizer Markt ist auf sehr hohem Niveau stabil geblieben. Die beiden Märkte UK und v.a. USA sind markant gesunken. Es zeigt sich auch hier, wie wichtig es ist, ein diversifiziertes Marktportfolio zu haben und nicht nur von 1-2 Märkten abhängig zu sein. Dies ist die grosse Stärke der Schweiz.
«Sehr erfreulich sind die Steigerungen aus Russland und Brasilien, welche beide sehr stark zugelegt haben. Hingegen verzeichnen unsere Hotels insgesamt ein leichtes Minus aus Deutschland, dem mit Abstand wichtigsten Auslandmarkt.»
Sie haben den starken Franken angesprochen – wie gross war der Einfluss auf die Buchungszahlen?
Der Zusammenhang zwischen einem starken Franken und den Übernachtungszahlen in der Schweiz ist wissenschaftlich erwiesen. Die beiden „Fieberkurven“ verlaufen parallel – dies jedoch weltweit. Bei unserer Klientel trifft das im Bereich Leisure etwas weniger zu, da wir in unserem Segment vornehmlich von vermögenden Personen sprechen. Hingegen reagiert der Geschäftstourimus sehr sensibel auf Währungs- und somit Preisschwankungen, v.a. wenn es 10% und mehr sind. Wir wissen von mehreren konkreten Fällen, in denen gebuchte Veranstaltungen aufgrund der (zunehmenden) Frankenstärke storniert wurden.
Auch wenn sich der Euro zuletzt etwas erholt hat – wie begegnen die Mitgliedshäuser von SDH dem Problem? Werden Angebote zu festen Wechselkursen diskutiert oder geht etwas über Preisreduktionen?
Am besten man hält die Preise stabil und erhöht die darin enthaltenen Leistungen, wie z.B. ein Zimmerupgrade. Feste Wechselkurse, d.h. das Hotel übernimmt neu das Wechselkursrisiko des Kunden, sind mir nur in Einzelfällen bekannt. Preisreduktionen kann es ebenfalls vereinzelt und aus taktischen Überlegungen (Vor-, Nachsaison; Wochenende in der Stadt) geben. Dann machen diese auch Sinn. In grossem Stil – Dumping – wäre dies für uns jedoch fatal. In diesem Zusammenhang pflege ich immer zu sagen: wir verkaufen in der Branche eine Leistung, die ihren Preis hat. Sollte diese Leistung morgen plötzlich einen anderen Preis haben, wäre dies unglaubwürdig.
«Wir verkaufen in der Branche eine Leistung, die ihren Preis hat. Sollte diese Leistung morgen plötzlich einen anderen Preis haben, wäre dies unglaubwürdig.»
Welche Erwartungen hat SDH hinsichtlich der Sommer- und Herbstsaison 2011?
Schönes Wetter und wenig Niederschläge sind im Sommer und Herbst sicher praktischer als im Winter…. Nun, die Rahmenbedingungen bleiben sicherlich gleich, wobei nun noch Japan aufgrund der verschiedenen Katastrophen als Quellmarkt sehr stark unter Druck geraten ist. Dafür könnte sich eine günstige Entwicklung aus dem arabischen Raum einstellen, trotz sehr spätem Ramadan im August. Wir erwarten insgesamt gehaltene Ergebnisse gegenüber dem Vorjahr, tendenziell aber eher Umsatz- als Übernachtungs-Steigerungen.
In den Häusern von SDH sorgen sich rund 4500 Mitarbeitende um das Wohl der Gäste. Wie investieren die Hotels in die Ausbildung des Personals, um den hohen Ansprüchen gerecht werden zu können?
Jedes Hotel orientiert sich intern an unseren Qualitäts-Standards und trainiert diese, z.T. in kleinen Einheiten und mit Unterstützung von Videomaterial oder mittels Rollenspielen intern und extern. Als Swiss Deluxe Hotels messen wir unserem Kaderclub sowie den verschiedenen ERFA-Gruppen grosse Bedeutung bei. In Zukunft werden wir den Austausch von Mitarbeitern in unseren 37 Betrieben noch vermehrt systematisieren.
SDH hat „Writers in Residence“ neu lanciert. Können Sie uns die literarische Tradition von „Writers in Residence“ näher erläutern?
Viele ganz grosse Namen der Weltliteratur haben sich nicht nur kurzfristig in unseren Häusern aufgehalten, sondern liessen sich (als Stammgäste) regelrecht nieder. Allen voran der amerikanisch-russische Autor Vladimir Nabokov, der von 1961 bis 1977 im heutigen Fairmont Le Montreux Palace residierte. Thomas Mann war während seiner Hochzeitsreise im Baur au Lac. Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Zudem werden unsere Häuser in zahlreichen Romanen zitiert, weshalb man sie mit Fug als „Bühne der Literatur“ bezeichnen kann.
Wie geht „Writers in Residence“ in diesem Jahr über die Bühne?
Die angemeldeten Autoren besuchen zwischen Februar und September „ihr“ Hotel während 3 Tagen. Bis 20. November 2011 muss die Kurzgeschichte bei uns an der Geschäftsstelle eingereicht werden. Publiziert werden diese Geschichten dann ab 23. April 2012 anlässlich des Welttags des Buches.
Wer sind die Autoren, die sich von den Swiss Deluxe Hotels inspirieren lassen?
Die Liste mit 37 Autorinnen und Autoren ist zwar noch nicht vollends bestätigt, aber gemäss heutigem Stand gehören zu ihnen Milena Moser, Peter Stamm, Sibylle Berg, Lukas Hartmann, Michael Theurillat, Charles Lewinsky, Zoë Jenny, Ulrich Knellwolf oder auch Federica de Cesco.
Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?
Im Bereich Hotellerie steht der Schweizer Nachwuchs sicherlich mitunter an der Spitze. Als Problem orten wir zunehmend, dass viele Kader die Hotellerie verlassen und in andere Industrien abwandern. Dies ist ein Beleg für die Güte des Nachwuchses.
Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?
Ein Thema, welches schon von vielen internationalen Ketten auf strategischer Ebene in Angriff genommen wurde. Viele unserer Mitgliedsbetriebe operieren bereits nach Grundsätzen der Diversity. Auf Ebene der Vereinigung Swiss Deluxe Hotels ist bis jetzt noch keine Initiative geplant. Im Rahmen der vorhin erwähnten Fokussierung auf die Mitarbeiter wird dieses Thema jedoch zur Sprache kommen.
Herr Brucker, besten Dank für das Interview.
Zur Person
Seit November 2001 führt Jan E. Brucker (*1954) als Direktor das Fünfsternehaus Widder Hotel in Zürich. Der EHL-Absolvent leitete zuvor mehrere renommierte Häuser wie das Swissôtel Berlin, das Grand Hotel Park Gstaad, das Seiler Hotel Schweizerhof Zermatt sowie das Hotel Beatus Merligen/Thunersee. Jan Brucker ist mehrsprachig, wobei seine 2. Muttersprache schwedisch ist. Er ist verheiratet mit der Hôtelière Regula Brucker und ist Vater von drei Kindern.
Zu Swiss Deluxe Hotels
Die Vereinigung der Swiss Deluxe Hotels (SDH) wurde 1934 gegründet und umfasst 37 der namhaftesten Fünf-Sterne-Häuser der ganzen Schweiz – wie „The Dolder Grand“ oder das „Baur au Lac“ in Zürich, das „Gstaad Palace“, das „Four Seasons Hotel des Bergues“ und das Le Richemond in Genf oder das „Badrutt’s Palace Hotel“ und das „Carlton Hotel“ in St. Moritz. Sie alle stehen für das Renommee der Schweizer Luxus-Hotellerie, das sie seit gut einem Jahrhundert massgeblich mitprägen. Mit insgesamt 4500 Zimmern und Suiten sowie rund 9200 Betten stellt die Gruppe rund 40 Prozent der Fünf-Stern-Kapazität der Schweiz dar. Insgesamt verzeichnet die Gruppe jährlich rund 800 000 Übernachtungen. Der Jahresumsatz betrug 2010 über 1,5 Milliarden Schweizer Franken.