EGL baut mit Co-Unternehmen Türkei-Geschäft aus
EGL-CEO Hans Schulz.
Dietikon – Das Energiehandelsunternehmen EGL kooperiert mit dem riesigen Demirören-Konglomerat, um am Wachstum des türkischen Energiemarktes teilzuhaben. Zudem ist die EGL auch ein Schrittchen weiter im Bestreben, Gas durch die Transadria-Pipeline nach Europa zu importieren. Die Aktie steht nach dieser Neuigkeiten deutlich im Plus.
Am Ostermontag gab das zum Stromkonzern Axpo gehörende Unternehmen bekannt, mit der Demirören Sirketler Grubu (Demirören Gruppe) zwei Gemeinschaftsunternehmen zu gründen. Ziel der Joint Ventures sei eine stärkere Präsenz auf dem türkischen Strom- und Erdgasmarkt, hiess es im Communiqué der EGL. Die EGL profitiert dabei davon, dass die Demirören-Tochter Milangaz LNG Wholesale in der Türkei eine Gashandelslizenz besitzt. Im Gegenzug bringt die türkische Ländergesellschaft der EGL eine Stromhandelslizenz ein. Die beiden Gemeinschaftsunternehmen wurden über einen Aktientausch gebildet und werden den Namen Demirören EGL Enerji respektive Demirören EGL Gaz tragen.
«Flexibler Nischenplayer»
Die ehemalige Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg ist seit November 2008 in der Türkei präsent und auch schon operativ tätig. Zahlen zum Türkei-Geschäft der EGL werden keine veröffentlicht, gemäss Mediensprecher Richard Rogers beschäftigt EGL Turkey bisher drei Mitarbeiter. Auf ihrer Internetseite hat sich die EGL-Tochter bis zur Bekanntgabe des Demirören-Joint-Ventures denn auch als flexiblen Nischenplayer bezeichnet. Für die Schweizer Strom- und Gashändlerin ist der Demirören-Konzern ein attraktiver Partner. Demirören ist ein riesiger Familienkonzern, der einerseits im Flüssiggas- und Erdölhandel tätig ist, anderseits aber auch im Baugewerbe, in der Metallindustrie, als Zulieferer der Automobilindustrie und als Immobilienentwickler. «Als Schweizer Unternehmen in der Türkei kann die EGL natürlich von der guten Vernetzung des Demirören-Konzern profitieren», sagte EGL-Sprecher Rogers. Gleichzeitig ist die Türkei auch ein attraktives Ziel für eine Expansion. So hat die Energienachfrage in der Türkei die letzten zehn Jahre um jeweils 5% zugenommen. Bis 2020 soll sie sich im Vergleich zum vergangenen Jahr nochmals verdoppeln.
Anschluss an südosteuropäisches Hochspannungsnetz
In der Türkei werden deshalb Kraftwerke mit einer Leistung von rund 30 Gigawatt erstellt. Ausserdem soll das Land ans südosteuropäische Hochspannungsnetz angeschlossen werden. Dies, so die EGL, biete interessante Möglichkeiten im grenzüberschreitenden Stromhandel. Die EGL ist heute unter anderem bereits in Griechenland, Rumänien und Bulgarien tätig. Die Türkei ist für die EGL aber auch wegen der geographischen Lage ein interessantes Land. Es soll unter anderem Transitland für Erdgas sein, welches die EGL aus Aserbeidschan und allenfalls aus dem Mittleren Osten nach Europa bringen will. Wie ebenfalls am Ostermontag bekannt wurde, ist die EGL auch bei diesem Projekt ein Schrittchen weiter. Mit dem Staatsunternehmen Botas hat das Stromhandelsunternehmen nämlich eine Grundsatzvereinbarung über den Gastransport durch die Türkei unterzeichnet. Es handle sich dabei um einen Beitrag zur Konkretisierung einer Absichtserklärung, welche die Schweiz und die Türkei im Herbst 2009 unterzeichnet hätten, teilte die EGL mit.
Liefervertrag mit Iran sistiert
Ob jemals Gas durch die Türkei nach Griechenland und von dort durch die geplante Trans Adriatic Pipeline nach Italien fliessen wird, ist aber noch offen. Derzeit laufe noch der Bewerbungsprozess für das Gas vom aserbeidschanischen Gasfeld Shah Deniz 2, sagte Rogers. Dieses Gas will die EGL einerseits in ihren Gaskraftwerken in Italien nutzen, anderseits soll es in Italien und Südosteuropa auch verkauft werden. Das Projekt, auch iranisches Erdgas nach Europa zu führen, hat die EGL angesichts der geopolitischen Lage auf Eis gelegt. Der Liefervertrag, der in Anwesenheit von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey 2008 in Teheran unterzeichnet wurde, ist jedenfalls sistiert.
Aktie legt deutlich zu
Aus Sicht der Experten der ZKB kommt die EGL einen Schritt weiter in den bisher eher zähen Verhandlungen mit der Türkei bezüglich des Transports von Erdgas. Die Grundsatzvereinbarung sollte es nun erlauben, konkrete Transitverträge auszuhandeln, schreiben die Experten. Die jetzige Grundsatzvereinbarung komme nicht überraschend, da seit 2009 bereits eine Erklärung auf Ministerebene zwischen der Schweiz und der Türkei vorliegt. Die Aktie steigt am Mittag bei hohem Volumen um 3,4% auf 739 CHF. Der Gesamtmarkt (SPI) legt derweil um 0,45% zu. (awp/mc/ps)