Alois Vinzens, CEO Graubündner Kantonalbank
Alois Vinzens, CEO der Graubündner Kantonalbank.
Von Alexander Saheb
Moneycab: Welche Trends werden aus heutiger Sicht das Jahr 2011 im Bankgeschäft prägen?
Alois Vinzens: Auch im 2011 wird die Konsolidierung in der Branche weitergehen. Die zunehmende Regulierung und die Neupositionierung des Cross Border Geschäftes werden hohe Kosten verursachen und dazu führen, dass die einzelnen Banken ihre Zielmärkte neu definieren. Dies auch mit dem Ziel, die Komplexität, die Risiken und die Kosten zu senken. Aufgrund des Wettbewerbs werden die Kundenmargen in allen Geschäftsbereichen weiter unter Druck bleiben.
Was unternehmen Sie, um die Marge im Zinsgeschäft wieder zu verbessern, welches ja den Hauptertragspfeiler der GKB darstellt?
Strategisch zielen wir auf eine stärkere Ertragsdiversifikation ab. Mit knapp 30% Ertragsanteil aus dem Kommissionsgeschäft sind wir im Vergleich mit ähnlich positionierten Banken breit abgestützt. Steigende Zinsen werden uns über die Anlage des Eigenkapitals und wegen unserer Zinsabsicherung wieder höhere Zinserträge bringen. Die Konditionsbeiträge werden aufgrund des Wettbewerbs und der guten Risikoergebnisse der Banken weiter unter Druck bleiben.
Glauben Sie dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) angesichts der Schwäche des Euro sich eine Zinserhöhung im laufenden Jahr überhaupt leisten kann, ohne die Exportunternehmen zu belasten?
Inflation könnte durchaus wieder in Konkurrenz zu den Interessen der Exportwirtschaft stehen, was gleichzeitig auch Konkurrenz zur Beschäftigung heisst. Bislang hat die SNB immer wieder klar gemacht, dass sie sich an der Preisstabilität orientieren will.
Sie berichten von einem starken Zuwachs der verwalteten Kundenvermögen. In welcher Form werden diese verwaltet, beziehungsweise welche Varianten gibt es und wie viele Kunden wählen welche Variante?
Bei den verwalteten Vermögen unterscheiden wir primär zwischen Kundenvermögen mit Verwaltungsmandat sowie ohne Mandat. Im Konzern werden zirka 20% der verwalteten Kundenvermögen unter einem Mandatsvertrag verwaltet.
„Die angestrebten Wachstumsziele und die hohe Produktivität sollten uns auch in den nächsten Jahren trotz komfortabler Kapitalisierung eine Rendite von mindestens 10% ermöglichen.“ Alois Vinzens, CEO der GKB
Erhalten Sie im Vermögensverwaltungsgeschäft auch Retrozessionen von Produktanbietern und wie gehen Sie mit diesen um?
Die GKB bietet ihren Kunden Anlagefonds und strukturierte Produkte an. Für diese Vertriebstätigkeit und die damit verbundenen Leistungen erhält die GKB von den Produktanbietern Vertriebsentschädigungen. Die Vertriebsentschädigungen werden mit den Produktanbietern in speziellen Verträgen, unabhängig von der jeweiligen Geschäftsbeziehung mit dem Bankkunden, geregelt und stehen als Entschädigung des Vertriebsaufwands der GKB zu.
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich auch einige Kantonalbanken dem Publikum geöffnet, teils durch die Ausgabe von Partizipationsscheinen wie die GKB, teils durch Aktien wie LUKB oder SGKB. Glauben Sie dass dieser Trend nun ein Ende hat, insbesondere da die Kantonalbanken für die Kantone meist ein einträgliches Geschäft sind?
Der weitere Trend ist schwierig abzuschätzen. Ich meine aber, dass sich auch in Zukunft wieder Kantonalbanken dem Publikum öffnen werden. Ein Going Public mit einer Teilprivatisierung könnte für den Eigentümer-Kanton durchaus interessant sein.
Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?
Diversity interpretieren wir in einem breiteren Verständnis. Eine gesunde Durchmischung der Belegschaft ist wichtig für die Kultur, die Meinungsvielfalt und den Erfolg der Graubündner Kantonalbank. Beispiele für bereits umgesetzte Massnahmen sind unser nachweislich absolut diskriminierungsfreies Lohnsystem oder das Angebot an Teilzeitstellen für Wiedereinsteigerinnen. Hier beteiligt sich die GKB mit 50 Prozent an den Kosten für die externe Kinderbetreuung. Ausserdem werden Mitarbeitende in allen Altersklassen und Hierarchieebenen gezielt gefördert und profitieren von individuellen Entwicklungsprogrammen. Zudem werden handicapierte Menschen nicht einfach entlassen, sondern im Rahmen ihrer Möglichkeiten gezielt eingesetzt und weiter beschäftigt.
«Grundsätzlich ist personelle Stabilität ein Vorteil für die Entwicklung eines Unternehmens.»
Die GKB berichtet in Sachen Nachhaltigkeit nach den Richtlinien der GRI Global Reporting Initiative, allerdings auf dem Basis-Niveau von Level C. Für wann streben Sie den Fortschritt zum nächsthöheren Level B an, der Details zu wesentlich mehr Performance-Indikatoren aus Bereichen wie Ökologie, Soziale Verantwortung und Produktverantwortung fordert?
Wir gehören zu den wenigen vergleichbaren Banken, die bereits nach GRI berichten. Schon Level C ist anspruchsvoll, wenn man ihn ernst nimmt. Einen nächsten Level fassen wir ins Auge, sobald wir innerhalb des Level C auf Grund der verfügbaren Zahlen lückenlos rapportieren können. Generell legen wir mehr Wert auf Inhalt statt „Etikette“.
Mit der Performance des Partizipations-Schein-Kurses können die Besitzer durchaus zufrieden sein. Das Wachstumspotenzial der GKB dürfte jedoch insgesamt eher recht begrenzt sein, oder wie sehen Sie das?
Die Graubündner Kantonalbank, im Verbund mit ihren Beteiligungen in Zürich, will ihre Wachstumsdynamik der letzten Jahre fortsetzen. Unsere Marktpositionierung in Graubünden, mit hohen Marktanteilen und einer starken Kundenbasis, bildet hierzu die Grundlage. Weiter setzen wir auch beim Wachstum auf eine überdurchschnittliche Serviceleistung sowie dem stetigen Ausbau der Anlage- und Vorsorgekompetenz. Die angestrebten Wachstumsziele und die hohe Produktivität sollten uns auch in den nächsten Jahren trotz komfortabler Kapitalisierung eine Rendite von mindestens 10% ermöglichen.
Über die vergangenen fünf Jahre ergab sich laut SIX Swiss Exchange-Webseite ein Durchschnitt der Dividendenrendite von 2,9%. Wäre das auch ein gutes Ziel für die kommenden fünf Jahre?
Unsere Ausschüttung orientiert sich an der Pay out Ratio von 50 – 60%. Im Weiteren setzen wir auch bei der Dividendenpolitik auf Kontinuität.
Sie sind seit 2003, also acht Jahren CEO der GKB und dennoch derjenige mit der „kürzesten“ Amtszeit im vierköpfigen Gremium. Ist langfristige personelle Stabilität ein Garant für wirtschaftliche Stabilität, bringt sie einem Unternehmen mehr Sicherheit?
Grundsätzlich ist personelle Stabilität ein Vorteil für die Entwicklung eines Unternehmens. Wichtig ist aber, dass eine gesunde Durchmischung zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden sowie zwischen bestehenden und neuen Mitarbeitenden gefunden wird. Langjähriges Personal ist Garant für Kontinuität, neue Köpfe sorgen für eine Blutauffrischung und bringen neue Ideen und Perspektiven ins Unternehmen.
Was gefällt Ihnen bei der täglichen Arbeit am besten?
Ich entscheide gerne und liebe es, Verantwortung zu tragen. Es motiviert mich jeden Tag, die Entwicklung des Unternehmens mitgestalten zu dürfen. Gleichzeitig schätze ich bei meiner Arbeit die Meinungsbildung auf allen Stufen aber auch den Kontakt zu den Mitarbeitenden und die Nähe zu den Kunden.
Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchs ein?
Ich glaube, dass der Schweizer Führungsnachwuchs aufgrund seiner fachlichen Ausbildung und den breiten Sprachkenntnissen im internationalen Wettbewerb sehr gut dasteht. Auf der anderen Seite drängen immer mehr junge, qualifizierte und ehrgeizige Menschen aus den Schwellenländern in den Arbeitsmarkt. Dieser Herausforderung müssen sich die Schweizer Kandidaten stellen.
Der Gesprächspartner:
Alois Vinzens (1959) ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der Graubündner Kantonalbank (CEO). Er ist in Ilanz geboren, verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften zum lic. oec. HSG absolvierte er an der Universität St. Gallen. Danach folgte das Diplom als eidg. dipl. Wirtschaftsprüfer. Vor der Übernahme der heutigen Funktion verbrachte Alois Vinzens einen eineinhalb-jährigen Aufenthalt in den USA, wo er an der Harvard Business School in Boston das AMP belegte und danach bei Swiss Re Americas in New York tätig war. Alois Vinzens bekleidet diverse Verwaltungsratsmandate im Finanzsektor. In Graubünden engagiert er sich ausserhalb seiner Bankfunktion als Präsident des Wirtschaftsforums Graubünden sowie im Vorstand der HTW Chur und Graubünden Ferien. Alois Vinzens ist leidenschaftlicher Zeitungsleser und liebt das Wandern und Kochen.
Das Unternehmen:
Die Graubündner Kantonalbank ist eine Universalbank und bietet Produkte und Dienstleistungen für Privatpersonen, die Wirtschaft und die öffentliche Hand. Die Bank beschäftigt 1’114 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Stand 31.12.2010). Das Unternehmen ist im grossen, weit verzweigten und mehrsprachigen Kanton mit 72 Standorten vertreten, Hauptsitz ist Chur. Die Graubündner Kantonalbank ist an der Privatbank Bellerive AG und Private Client Bank AG in Zürich beteiligt. Im Jahresergebnis weist sie mit einer Bilanzsumme von CHF 16.983 Milliarden einen konsolidierten Bruttogewinn von CHF 208.7 Millionen aus. Der Partizipationsschein GKB ist seit dem 10. September 1985 börsenkotiert.