Andreas Waespi, CEO Bank Coop

Andreas Waespi, CEO Bank Coop

Andreas Waespi, CEO Bank Coop.

Von Patrick Gunti.

Moneycab: Herr Waespi, die Bank Coop konnte 2010 einen um 1,7 % höheren Jahresgewinn von 72.6 Mio. Franken erzielen. Wie schätzen Sie das Resultat generell ein?

Andreas Waespi: Angesichts des anspruchsvollen Wirtschaftsumfeldes sowie des Umstandes, dass wir auf eine neue Informatikplattform migrierten, sind wir mit dem Resultat zufrieden.

Die Nachfrage nach Hypotheken war im vergangenen Jahr ungebrochen. Das Volumen stieg bei der Bank Coop um 6 % auf nun insgesamt 11,7 Mrd. Franken. Warum mussten Sie im Zinsengeschäft trotzdem einen Rückgang hinnehmen?

Wir mussten in einem stark von Margendruck und hohen Absicherungskosten geprägten Markt lediglich eine geringe Abnahme von 0,3% hinnehmen.

Wie sieht die Risikopolitik der Bank Coop bei der Hypothekenvergabe aus?

Die Bank Coop hält seit vielen Jahren an ihren strengen Richtlinien mit konservativen Belehnungsstandards fest und verfolgt eine solide Risikopolitik bei der Kreditvergabe. Unser Hypothekarportfolio weist ein dementsprechend hohes Qualitätsniveau auf. Die Tragbarkeit einer Hypothek steht im Mittelpunkt. Bei der Berechnung der Zinsbelastung rechnen wir zusammen mit den Kunden Szenarien mit höheren Konditionen durch, um zu sehen, ob die Tragbarkeit auch bei höheren Zinsen gegeben ist. Hohe Risiken bei Hypotheken nutzen langfristig weder der Bank noch dem Kunden etwas.

«2010 konnten mehr Kunden hinzu gewonnen werden als 2009. Dies kann unter anderem auch auf das – hinsichtlich Verzinsung – attraktive Produkt «Sparkonto-Plus» zurückgeführt werden.»
Andreas Waespi, CEO Bank Coop

Wann rechnen Sie wieder mit steigenden Zinsen?

Die Entwicklungen an den Finanzmärkten sind nach wie vor von Unsicherheiten geprägt. Wir rechnen ab Mitte Jahr mit einem leichten Zinsanstieg.

Nationalbankpräsident Hildebrand hat verschiedentlich auf Warnsignale im Schweizer Immobilienmarkt hingewiesen, die sich in Form sehr hoher Preissteigerungen für Wohneigentum in gewissen Regionen äussere, und vor einer Immobilienblase gewarnt. Teilen Sie diese Einschätzung?

Schweizweit sehen wir derzeit keine Immobilienblase. In einzelnen Zentren wie z.B. Genf kann man jedoch Übertreibungen bei einigen Immobilienpreisen feststellen. Es wäre aber verfrüht hier bereits von einer Immobilienblase zu sprechen.

Die Kundengelder der Bank Coop verzeichneten einen Anstieg von 748,5 Mio. Franken resp. 8,4 %. Gehen Sie von einer ähnlichen Entwicklung im laufenden Jahr aus?

Wir würden uns freuen, wenn das Wachstum der Kundengelder auch im laufenden Jahr unverändert anhält. Eine Prognose ist jedoch schwierig, da die Entwicklung der Kundengelder auch mit der Attraktivität der gewährten Zinsen zusammenhängt.

Wie viele Neukunden konnte die Bank Coop im vergangenen Jahr gewinnen?

2010 konnten mehr Kunden hinzu gewonnen werden als 2009. Dies kann unter anderem auch auf das – hinsichtlich Verzinsung – attraktive Produkt «Sparkonto-Plus» zurückgeführt werden. Das Netto-Neugeld umfasste 2010 402 Mio. CHF (Vorjahr: 353 Mio. CHF). Die Anzahl Kunden konnte gegenüber dem Vorjahr netto um 1’566 gesteigert werden.

Das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft war 2010 sehr erfolgreich. Welches sind die Gründe für das Plus von 3,9 % gegenüber dem Vorjahr?

Diese Zunahme stammt grösstenteils aus dem Wertschriften- und Anlagegeschäft (CHF 56,4 Mio.), wo im Vergleich zum Vorjahr zusätzliche Courtageerträge (+ CHF 1,0 Mio.) und höhere Fondskommissionen (+ CHF 1,8 Mio.) eingenommen wurden.

Anfang 2011 erfolgte der Wechsel auf die neue IT-Plattform Avaloq, der Abschluss der Migration soll voraussichtlich im April erfolgen. Wie sind die ersten Erfahrungen?

Die ersten Erfahrungen mit Avaloq sind sehr gut. Auch die Kundenreaktionen waren positiv. Ein grosser Vorteil für uns war, dass wir auf die Erfahrungen unseres Mutterhauses Basler Kantonalbank aufbauen konnte, die im Herbst 2009 auf Avaloq migriert ist.

Wie bemerken die Kunden den Wechsel von der Eigenlösung zu Avaloq?

Grundsätzlich merken die Kunden sehr wenig vom Wechsel auf die neue IT-Plattform. Eine Optimierung ist beispielsweise bei den Bankbelegen ersichtlich. Die Belege sind neu übersichtlicher gestaltet und beinhalten zusätzliche Informationen.

In den letzten Jahren wurden rund zwei Drittel der Geschäftsstellen umgebaut, renoviert oder an neue Standorte verlegt. Wie gehen die Anpassungen weiter und wie hoch waren und sind die Aufwände dafür?

Nachdem 2010 bauliche Anpassungen und Auffrischungen der Geschäftsstellen in Genf und Yverdon sowie des Regionensitzes Zürich realisiert wurden, sind nun Umbauprojekte in den Geschäftsstellen Brugg, Rapperswil-Jona und Oerlikon geplant. Die Aufwände betrugen für 2010: CHF 4 Mio. Für 2011 sind Kosten im gleichen Umfang budgetiert.

«Die politischen Unruhen in Nahost und die Verschuldungsproblematik in vielen Industrieländern bergen hohe Risiken. Welche Auswirkungen dies auf die Schweiz haben wird, ist derzeit schwierig abzuschätzen.»

Die Entwicklung der Finanzmärkte ist unsicher und auch die wirtschaftliche Entwicklung ist schwer einzuschätzen. Die politischen Umwälzungen im arabischen Raum bringen neue Unsicherheiten mit sich. Wie beurteilen Sie die Aussichten für das laufende Jahr?

Die politischen Unruhen in Nahost und die Verschuldungsproblematik in vielen Industrieländern bergen hohe Risiken. Welche Auswirkungen dies auf die Schweiz haben wird, ist derzeit schwierig abzuschätzen. Die Frühindikatoren für die Schweiz bewegen sich weiterhin auf hohem Niveau, haben sich aber geringfügig abgeschwächt. Bezüglich der Entwicklungen im Bankenmarkt wird der auf die Margen drückende Konkurrenzkampf im Kreditgeschäft weiter anhalten. Auch bei den Wertschriften- und Devisenmärkten gehen wir von einer eher volatilen Entwicklung aus. Die Aussichten für 2011 beurteilen wir für die Bank Coop verhalten optimistisch.

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?

Die Schweiz verfügt über einen guten Führungsnachwuchs, der sich stetig weiterbildet und an der Übernahme verantwortungsvoller Führungsaufgaben interessiert ist. Sofern die Landesgrenzen für die Führungskräfte keinen Hinderungsgrund darstellen, besteht unseres Erachtens eine hohe Arbeitsmarktfähigkeit für Schweizer Führungskräfte, eine internationale Karriere zu starten. Wir stellen aber auch eine höhere Nationalitätenmischung des Topkaders insbesondere bei Grossunternehmen in der Schweiz fest. Grossfirmen im In- und Ausland versuchen, ihre offenen Vakanzen im Topmanagement bestmöglichst zu besetzen. Dabei spielt die Nationalität mittlerweile eine zweitrangige Rolle. Dies hat zur Folge, dass sich oft die Unternehmenskulturen ändern, was jedoch gerade im internationalen Umfeld notwendig ist, um die eigene Konkurrenzfähigkeit zu sichern.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Diversity wird durch die Bank Coop und ihr Mutterhaus, der Basler Kantonalbank umgesetzt und ist auch im Leitbild und diversen Weisungen verankert. Es existieren zahlreiche Massnahmen wie z.B. die Dreisprachigkeit bei der Bank Coop, ein Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung, die Gleichstellung eingetragener Partnerschaften, Arbeitsplätze für Mitarbeitende mit einer Behinderung, Dienstleistungen für spezielle Zielgruppen (Frauen, Senioren) – um nur einige zu nennen. Ziel des Konzerns BKB ist es, die Heterogenität der Beschäftigten konstruktiv zu nutzen sowie den Rahmen für ein vorurteilfreies Arbeitsumfeld zu schaffen und dies als Kultur verbindlich zu verankern.

Herr Waespi, herzlichen Dank für das Interview.

Zum Unternehmen
Die Bank Coop AG ist eine gesamtschweizerisch tätige Bank. Sie offeriert alle wesentlichen Bankprodukte und Dienstleistungen für Privatkunden und KMU. Als kundennahe Bank legt die Bank Coop Wert auf faire Konditionen. Sie differenziert sich durch ein umfassendes Angebot an nachhaltigen Bankprodukten und Engagements. Mit der Dienstleistung «eva» bietet die Bank Coop zudem ein spezielles Angebot für Frauen. Seit 2000 hält die Basler Kantonalbank eine Mehrheitsbeteiligung an der Bank Coop. Die Bank Coop hat 33 Geschäftsstellen in der Schweiz und beschäftigt rund 730 Mitarbeitende. Der Hauptsitz befindet sich in Basel. Als Aktiengesellschaft ist die Bank Coop an der SIX Swiss Exchange kotiert.

Zur Person
Andreas Waespi (Jg. 1961) ist seit 2005 CEO der Bank Coop. Zuvor war er Mitglied der Geschäftsleitung der Basler Kantonalbank und leitete dort das Privatkundengeschäft. Zudem übt er zahlreiche Verwaltungsratsmandate im Finanzdienstleistungsbereich aus. Er ist eidg. dipl. Bankfachmann, Absolvent der Swiss Banking School und hat diverse internationale Management Ausbildungen abgeschlossen.

Symbolbild KF für CEO Interviews


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