Urban Art in Zürich
In der Kunsthausnacht dreht sich im Kunsthaus Zürich alles um urbane Kunst – von der legalen Aktion bis zum illegalen Vandalismus.
Unter den Überbegriff der Urban Art fallen Kunstformen des 21. Jahrhunderts, die sich mit urban-kulturellen und sozial-medialen Lebens- und Ausdrucksformen beschäftigen und im städtischen Umfeld angesiedelt sind.
Es gibt Urban Art in den grossen Metropolen dieser Welt, aber auch in Zürich.
Live-Painting von TIKA, Graffiti-Dokumentation der Fotografinnen Gabriela Domeisen und Panja Jürgens, Banksy-Film «Exit through the giftshop», Podiumsdiskussion der Arbeitsgruppe KiöR sowie Führungen zu Werken von Ingo Giezendanner, Harald Naegeli, Christian Ratti, Pipilotti Rist, Andy Warhol, George Segal u.v.a.m.
Einblick in die Szene
Die Fotografinnen Panja Jürgens und Gabriela Domeisen haben die Resultate der Sprayer in New York, Paris, Berlin und Zürich von den 1990er Jahren bis heute fotografisch festgehalten. Im Gespräch mit Kulturwissenschaftler Björn Quellenberg stellen sie eine aktuelle Auswahl ihrer Fotos vor und plaudern über ihre Rolle als neutrale Dokumentaristinnen einer Szene, die zumeist aus öffentlichkeitsscheuen Individuen oder Gangs besteht, die sich gegenseitig mit ihrer Arbeit herausfordern.
Urban Art ist die Demokratiebewegung in der Kunst.
Subverive Kunst
Von der Street Art, die frei, spontan und ursprünglich im Konflikt mit dem Gesetz entsteht und die in ihrer Szene strikte Codes entwickelt hat, über die Urban Art, deren Vertreter weniger subversiv sind, sich an Spielregeln der Werbung orientieren und dem Kunstbetrieb offen gegenüberstehen, bis zur Kunst im öffentlichen Raum, welche als Auftragsarbeit die persönliche Initiative des Künstlers gar nicht mehr braucht und deren Ort und Zweck klar definiert ist, handelt die Podiumsdiskussion, verantwortet von der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Zürich. Unter dem Titel «Urban Art: Kunst oder Ärgernis? Ein Gesprächsversuch, um Ansätze für neue Grundlagen und Vermittlungsstrategien zu entwickeln» moderiert Christoph Doswald, (Leiter der Gesprächsreihe «Tatort KiöR») zwischen den Gästen: Mirjam Varadinis, Kuratorin Kunsthaus Zürich, Philipp Meier, Co-Direktor Cabaret Voltaire, Rémi Jaccard, Kunsthistoriker, Mickry 3, Künstlerinnengruppe/Ex-Sprayer, sowie Ginger Zalaba, Studentin an der ZHdK.
Etabliert ohne Establishment
Seit mehr als 100 Jahren sind Künstler von den Ausdrucksformen des urbanen Lebens fasziniert. Und ihr Ziel war die Aufnahme ihrer Schöpfungen in museale Sammlungen. Jetzt verzeichnet das Kunsthaus vermehrt einen gegenläufigen Trend: eine junge Künstlergeneration wendet sich von den musealen Weihen, die manchen als Sackgasse gelten, ab. Sie wählt Interventionen im öffentlichen Raum, wo sie die Kräfte der Kunst demokratisch und frei an wechselnden Orten spielen lässt und den Alltag der Gesellschaft aufmischt. Steht Museumskunst bald auf der Strasse und Graffiti im Museum? Welcher Spielraum bleibt den Akteuren? Die Stadt Zürich begleitet Street Art. Sie bekämpft einerseits illegale Aktionen und vergibt andererseits Aufträge für Kunst an öffentlichen Orten oder schafft Flächen, die von Graffiti-Künstlern genutzt werden können. Die Kuratoren der Museen müssen ihren Einflussbereich entweder über die Mauern der Institution ausdehnen, mit neuen Partnern kooperieren und Bewilligungen einholen oder zu Komplizen von Guerilla-Kunst-Aktionen werden.
Banksy-Film
Ganz legal wird Street-Artist TIKA sich beim Live-Graffiti über die Schulter schauen lassen. Und Banksys Film «Exit through the giftshop» wird als Beispiel einer Szene an der Schnittstelle zwischen Illegalität und Kunstmarkt gezeigt. Aus dem Bilderlager des Kunsthauses kommen einige selten gezeigte Arbeiten ans Kunstlicht. Sie sind Gegenstand von Führungen durch die Sammlung, an denen Fragen nach der Verwandtschaft von Street und Pop Art oder nach der Auswahl von Aktionen für den öffentlichen Raum beantwortet werden. Die Kunsthistorikerinnen Sabina Gmür und Kerstin Bitar analysieren zeitgenössische Werke, erklären, warum Strassenszenen am Beginn des 20. Jahrhunderts noch einen schweren Stand hatten, wie Museen heute zwischen Street Art und urbaner Kunst unterscheiden oder Aktionen ausserhalb des Museums unterstützen.
Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1, 8001 Zürich. Offen Samstag, 12. März 2011 durchgehend von 10-24 Uhr. Kunsthausnacht 19-24 Uhr. Eintritt CHF 18.-/12.- reduziert und Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft. Bis 16 Jahre gratis. Programm unter www.kunsthaus.ch.
(kh/mc/th)