AKW Leibstadt: Bericht zeigt Fehler vor Zwischenfall auf
Der Zwischenfall ereignete sich im Transferbecken des Atomkraftwerks.
Leibstadt – Dem Zwischenfall im Atomkraftwerk (AKW) Leibstadt im vergangenen August, bei dem ein Taucher an der Hand verstrahlt wurde, gingen Fehler voraus. Zu diesem Schluss kommt der Bericht des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorates (ENSI).
Ein Taucher hatte bei Arbeiten für die Jahreshauptrevision am 31. August 2010 ein Rohrstück vom Boden aufgehoben und in einen Transportkorb gelegt. Während des Hochziehens des Korbes wurde – noch unter der Wasseroberfläche – Alarm ausgelöst. Der Behälter wurde darauf wieder ins Wasser hinuntergelassen. Die Ärzte fanden beim Taucher keine akuten Schäden. Das ENSI stufte den Zwischenfall in Übereinstimmung mit dem AKW Leibstadt auf der Stufe zwei der internationalen Ereignisskala (INES) ein. Da das AKW ausser Betrieb war, bestand keine Gefahr für die Umwelt.
Jahresgrenzwerte für Körper und Hand überschritten
Eine Dosisrekonstruktion durch einen externen Experten ergab eine Ganzkörperdosis von 28 Millisievert, wie aus dem der Nachrichtenagentur SDA vorliegenden Bericht des ENSI hervorgeht. Der Bericht wurde dank der Zeitschrift «Beobachter» öffentlich. Die Jahresgrenzwerte für die Ganzkörperdosis von 20 Millisievert wurde damit überschritten. Für einzelne Stellen der Haut an der Hand kann gar ein Wert von 7,5 Sievert nicht ausgeschlossen werden. Der Grenzwert für Haut, Hände und Füsse beträgt 500 Millisievert.
Teil lag eventuell seit 2006 im Becken
Der rohrähnliche Gegenstand lag aufgrund der heutigen Kenntnislage seit Instandhaltungsarbeiten im August 2006 im Transferbecken für Trennelemente, wie es im ENSI-Bericht heisst. Das ENSI geht davon aus, dass ein zu langes Teil eingeklemmt wurde und anschliessend unbemerkt ein Stück abbrach. Dieses ihm unbekannte Stück hatte der Taucher nach Absprache per Funk mit seinem Supervisor aufgesammelt. Die beiden Fachkräfte für Strahlenschutz, welche die Tauchequipe betreuten, wurden nicht konsultiert. Das ENSI fordert, dass künftig Strahlenschutzmitarbeiter die Arbeiten an einem Monitor dauerhaft überwachen. Der Taucher hatte dafür eine Helmkamera montiert.
Warnsignale der Dosimeter nicht gehört
Das ENSI bemängelt zudem, dass nur der engere Arbeitsbereich nach Strahlung ausgemessen wurde. Es sei zu wenig beachtet worden, dass die Ortsdosisleistung unter Wasser örtlich stark variieren könne. Der Taucher habe zudem keine zusätzlichen Messgeräte wie ein Handmessgerät auf sich getragen. Die Dosimeter des Tauchers waren zwar mit Warnsignalen ausgerüstet. Wegen der Schalldämmung waren die akustischen Signale jedoch nicht wahrnehmbar. Das ENSI fordert, dass diese Alarme und Warnungen auch vom Träger künftig unmittelbar wahrgenommen werden können. (awp/mc/ps)