Urs Kaufmann, CEO Huber+Suhner
Urs Kaufmann, CEO Huber+Suhner.
Von Aleaxander Saheb
Moneycab: Das Jahr 2010 ist zu Ende, wie werden Sie es in Erinnerung behalten?
Urs Kaufmann: Ich werde es in guter Erinnerung behalten. Das hohe Wachstum unseres Unternehmens ist breit abgestützt und 2010 wird voraussichtlich das bisher erfolgreichste Jahr in der Geschichte von HUBER+SUHNER werden. Unsere Mitarbeitenden auf der ganzen Welt haben Hervorragendes geleistet.
«Überrascht hat mich nicht die positive Entwicklung an und für sich, aber das hohe Tempo des Wachstums in einzelnen Anwendungen. Negativ überrascht haben uns die Verwerfungen an den Devisenmärkten.»
Urs Kaufmann, CEO Huber+Suhner
Welche geschäftlichen Weichenstellungen waren für Huber+Suhner die wichtigsten?
Der Erfolg im 2010 basiert auf Weichenstellungen, die wir vor mehreren Jahren entschieden und in der Zwischenzeit konsequent umgesetzt haben. Ich meine damit die gezielte Diversifizierung in neue, attraktive Wachstumsgebiete wie zum Beispiel Solar, Bahnen oder Fiber-to-the-Home. Dazu kommt die Vorwärtsintegration in Richtung Systeme, die einen wichtigen Beitrag zur positiven Entwicklung leistet, sowie der erfolgreiche Aufbau des chinesischen Marktes. Zudem haben wir es geschafft, die konjunkturelle Delle im 2009 gut zu meistern und sind deshalb aus einer starken Position heraus in das zu Ende gehende Jahr gestartet.
Welche Entwicklung hatten Sie so nicht erwartet?
Überrascht hat mich nicht die positive Entwicklung an und für sich, aber das hohe Tempo des Wachstums in einzelnen Anwendungen. Negativ überrascht haben uns die Verwerfungen an den Devisenmärkten. Durch rechtzeitiges finanzielles Hedging konnten wir die Effekte bisher einigermassen begrenzen. Die Herausforderungen werden für Unternehmen mit starken Wurzeln und entsprechender Wertschöpfung in der Schweiz jedoch nun nochmals markant zunehmen.
Wie gut gelingt es Ihnen, das starke Wachstum der Bestellungen in der Produktion darzustellen?
In den Geschäftsbereichen Hochfrequenz und Fiberoptik ist uns das gut gelungen. In der Niederfrequenz, wo wir in den letzten fünf Jahren das Geschäftsvolumen verdreifacht haben, stiessen unsere Maschinenkapazitäten an ihre Grenzen und es kam im 2010 zu Lieferengpässen. Grosse Investitionen wurden in der Schweiz in Angriff genommen. Zudem haben wir uns aufgrund des starken Wachstums in Asien entschieden, in China ein neues Kabelwerk zu erstellen, das in der zweiten Jahreshälfte 2012 operativ sein wird.
«In der Schweiz haben wir nach wie vor gewisse Standortvorteile – der entscheidendste sind die Mitarbeitenden mit ihrer hohen Leistungsbereitschaft, dem guten Ausbildungsniveau und einer ausgeprägten Loyalität. Der grösste Nachteil sind die hohen Kosten.»
Im ersten Halbjahr stieg der Personalbestand um rund 500 auf über 4000 Mitarbeitende an. Finden Sie reibungslos die richtigen Leute?
Wir meinen, dass unser Unternehmen in den letzten Jahren auf dem Personalmarkt an Profil gewonnen hat. Dies hat meines Erachtens vor allem damit zu tun, dass wir auf einem gesunden finanziellen Fundament stehen und in Märkten tätig sind, die junge Leute ansprechen. Ich denke zum Beispiel an Erneuerbare Energien, Breitbandkommunikation oder Elektromobilität. Zudem bilden wir selber etwa 100 Lehrlinge aus. Viele dieser gut ausgebildeten Berufsleute bleiben vorübergehend oder langfristig in unserem Unternehmen. Selbstverständlich gehen auch bei uns die Rekrutierungsprozesse zu lange, insbesondere wenn es um Spezialisten geht. Mit Freude nehmen wir zur Kenntnis, dass beispielsweise an der ETH die Studentenzahlen in den Ingenieurwissenschaften wieder steigen.
Mittlerweile erfolgen zwei Drittel der Produktion in Tiefkostenländern. Welche Fertigungen lohnen sich noch in der Schweiz und anderen Hochlohnländern?
Die Mitarbeiterzahlen in der Schweiz blieben über die letzten fünf Jahre betrachtet weitgehend konstant, während wir das Wachstum insbesondere von handarbeitsintensiven Tätigkeiten über unsere Standorte im Ausland bewältigt haben. In der Schweiz haben wir nach wie vor gewisse Standortvorteile – der entscheidendste sind die Mitarbeitenden mit ihrer hohen Leistungsbereitschaft, dem guten Ausbildungsniveau und einer ausgeprägten Loyalität. Der grösste Nachteil sind die hohen Kosten – Löhne, aber auch Standortkosten. Wir versuchen deshalb die richtigen Tätigkeiten am richtigen Ort zu platzieren. In der Schweiz sind dies vor allem know-how-intensive Tätigkeiten wie Forschung und Entwicklung, kapitalintensive Produktionsprozesse, die auch eine entsprechende Kompetenz des Bedienungs- und Unterhaltspersonals verlangen, aber auch hoch flexible Handarbeitsplätze, besetzt mit Mitarbeitenden, die breit einsetzbar sind.
«Wir halten an unserem langfristigen EBIT-Margen-Zielband von 9 bis 12 Prozent fest.»
Das ferne China ist mittlerweile vor dem nahen Deutschland die wichtigste Absatzregion. Wie gut kann diese geographische und kulturelle Distanz überbrückt werden?
China ist für HUBER+SUHNER in der Tat eine Erfolgsstory. Wir beschäftigen vor Ort aktuell über 1’400 Mitarbeitende und bedienen etwa 700 Kunden. Gerade die von Ihnen angesprochene geografische Distanz ist einer der wichtigsten Treiber für Investitionen vor Ort. Es sind also nicht nur die Kosten, sondern vor allem auch logistische Aspekte und die von unseren Kunden erwarteten kurzen Lieferzeiten, die eine entsprechend lokale Wertschöpfung bedingen. Einer unserer wichtigen Vorteile gegenüber einigen Wettbewerbern ist die Möglichkeit, international tätigen Kunden auf der ganzen Welt die gleichen, qualitativ einwandfreien und zuverlässigen Produkte und Dienstleistungen bieten zu können. Die kulturellen Hürden überwinden wir, indem wir vor allem auf lokale Mitarbeiter setzen und in China nur eine Handvoll so genannte Expats beschäftigen. Wir sorgen dafür, dass in unseren Werken das Personal fair behandelt wird und die Arbeitsbedingungen unserer Werthaltung entsprechen. Dieser aus Überzeugung gelebte Ansatz führt zu zufriedenen Mitarbeitenden und entsprechend tieferen Fluktuationsraten. Zudem pflegen wir auf allen Stufen eine sehr intensive Kommunikation mit dem Team in China.
Für 2010 zeichnet sich aller Voraussicht nach ein Rekordjahr beim Betriebsergebnis ab. Wenn es so kommt – wird das dann ihr Benchmark sein oder rückblickend als Ausnahmejahr gelten?
Das überaus hohe Wachstum im 2010 war eine Ausnahmeerscheinung, die unter anderem auch mit dem Auffüllen der zuvor ausgetrockneten logistischen Wertschöpfungsketten unserer Kunden zu tun hat. In solchen Phasen bleiben die Kosten hinter der Umsatzentwicklung zurück und entsprechend hoch sind die Erträge. Um langfristig erfolgreich zu sein, muss man jedoch die teilweise überlasteten Strukturen an die neuen Gegebenheiten anpassen und entsprechend steigt die Kostenbasis an. Wir halten jedoch an unserem langfristigen EBIT-Margen-Zielband von 9 bis 12 Prozent fest.
Der Aktienkurs von Huber+Suhner entwickelte sich seit Jahresbeginn mit einem Gewinn von über 50% sehr gut. Warum wurde der Markt so deutlich distanziert?
Die Entwicklung des Aktienkurses ging einher mit der Entwicklung unseres Unternehmens. Zudem scheinen die Investoren zu erkennen, dass HUBER+SUHNER in attraktiven Marktsegmenten gut positioniert ist und deshalb weiteres Zukunftspotenzial hat.
Was spricht auf dem gegenwärtigen Niveau für eine Investition in die Aktie?
Wer auf HUBER+SUHNER setzt, glaubt an die Zukunft der erneuerbaren Energien (Solar und Wind), an die Lösung der zunehmende Mobilität mittels öffentlichem Verkehr (von Hochgeschwindigkeitszügen bis zu U-Bahnen) und umweltschonenden Antrieben im Individualverkehr (Hybrid- und Elektrofahrzeuge) sowie an den Technologiewandel in der Kommunikation und weiterhin wachsende Bedürfnisse nach höheren Übertragungsraten im Mobil- wie im Festnetz.
Wie gelingt es Ihnen, diese Sicht in der Analystengilde zu vermitteln?
Wir versuchen unsere Strategie möglichst transparent zu erklären und in Bezug auf deren Umsetzung das zu liefern, was wir versprechen.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit für H+S am besten?
HUBER+SUHNER ist ein Unternehmen mit einer sehr glaubwürdigen, auf langfristigen Erfolg ausgerichteten Unternehmenskultur, die das Vertrauen und die respektvolle Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden aller Hierachiestufen sowie über Bereichs- und Kulturgrenzen hinweg betont. Ich kann mich auf ein tolles, leistungsfähiges Führungsteam abstützen, das mit Freude an der Zukunft „unseres“ Unternehmens arbeitet. Und diese Zukunft bietet uns dank unserer 3×3-Strategie verschiedene Optionen, also einen entsprechend grossen Gestaltungsspielraum. Ich hoffe, Sie spüren die Leidenschaft.
Der Gesprächspartner:
Urs Kaufmann (*1962) ist seit 2002 Vorsitzender der Konzernleitung. Er erwarb einen Dipl. Ing. an der ETH Zürich und absolvierte das Senior Executive Program am IMD Lausanne. 1987 bis 1993 war er als Projekt-, Produktions- und Verkaufsleiter für Zellweger Uster in Uster und den USA tätig. Seit 1994 ist er Mitarbeiter bei HUBER+SUHNER. Bis 1997 als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Henry Berchtold AG. 1997 bis 2000 war er Geschäftsbereichsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung der HUBER+ SUHNER AG und wurde 2001 Mitglied der Konzernleitung. Ausserdem ist Kaufmann Mitglied des Verwaltungsrates der Gurit Holding AG.
Das Unternehmen:
Die HUBER+SUHNER Gruppe mit Sitz in Herisau und Pfäffikon (Schweiz) ist ein international führender Hersteller von Komponenten und Systemen der elektrischen und optischen Verbindungstechnik für die Kommunikation, den Transportbereich und die Industrie. Das Unternehmen verfügt über Kernkompetenzen auf den Gebieten Hochfrequenz, Fiberoptik sowie Niederfrequenz. Global präsent, entwickelt und produziert HUBER+SUHNER in enger Zusammenarbeit mit ihren Kunden qualitativ hochwertige Produkte der Spitzenklasse. Die Produktpalette umfasst unter anderem Koaxial-, Fiberoptik- und Kupferkabel, Kabelsysteme, Verbinder, Antennen und Blitzschutzkomponenten. Das Unternehmen ist mit 18 eigenen Tochtergesellschaften und Vertretungen in über 60 Ländern weltweit präsent. Die Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert.