EZB sichert sich ab: Grundkapital wird verdoppelt
Die Nachricht aus Frankfurt kam kurz vor Beginn des EU-Gipfels – in Brüssel beraten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs über den richtigen Weg aus der Euro-Krise. Dabei geht es um die Weichenstellung für einen dauerhaften Auffangschirm für klamme Eurostaaten. Die EZB hat seit Mai ein Paket von 72 Milliarden Euro an Staatspapieren angehäuft. Fallen die Anleihen aus, drohen herbe Verluste. Kritiker warfen der auf Unabhängigkeit bedachten Notenbank wegen des Kaufs von Staatsanleihen einen Tabubruch vor, weil sie damit praktisch die Verschuldung von Staaten mitfinanziert.
Nationale Notenbanken angepumpt
Insgesamt soll das Grundkapital der EZB von derzeit 5,8 auf 10,8 Milliarden Euro steigen. Dafür pumpt die EZB die nationalen Notenbanken an. Den grössten Brocken muss die Deutsche Bundesbank mit rund einer Milliarde Euro beisteuern. Die Kapitalerhöhung wird den Gewinn der Bundesbank nach Angaben aus Frankfurter Finanzkreisen allerdings nicht verringern. Die Zahlung werde in der Bundesbank-Bilanz ertragsneutral umgesetzt, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur dpa. Demnach muss Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht mit einer geringeren Ertragsausschüttung rechnen, der Steuerzahler wird somit nicht belastet.
Schwankungen an Finanzmärkten und erhöhtes Kreditausfallrisiko
Die EZB begründete die Entscheidung am Donnerstag mit den gestiegenen Schwankungen an den Finanzmärkten und dem erhöhten Kreditausfallrisiko. Bei den Schwankungen wurden explizit Wechselkurse, Zinssätze und der Goldpreis genannt. Zudem betonten die Währungshüter, dass die Kapitalerhöhung langfristig auch sinnvoll sei, weil das Finanzsystem in den vergangenen Jahren deutlich grösser geworden sei. Die letzte allgemeine Kapitalerhöhung erfolgte vor zwölf Jahren. Die Einzahlung erfolgt in drei Schritten bis 2012. Nach Überzeugung von Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert ist die Kapitalerhöhung ein klares Signal der EZB an die Politik, dass das Bond-Aufkaufprogramm riskant ist und die Papiere nur so lange gehalten werden wie unbedingt nötig. Erst vor wenigen Tagen habe EZB-Ratsmitglied Mario Draghi erklärt, dass die EZB nur im engen Rahmen Staatspapiere kaufen dürfe – andernfalls drohe der Verlust ihrer politischen Unabhängigkeit. Hauptverantwortliche bei der Krisenbewältigung sind aus Draghis Sicht die Regierungen: Die müssten nun glaubhafte Sparanstrengungen und Strukturreformen durchführen, damit ihre Volkswirtschaften wieder wachsen können.
Märkte mit billigem Geld geflutet
Die EZB hatte in der Finanzkrise ihre Leitzinsen massiv gesenkt und die Märkte mit billigem Geld geflutet. Dadurch erleichterte sie die Kreditaufnahme von Banken oder auch Unternehmen und Staaten. Über diesen Mechanismus kann die Notenbank selbst für eine höhere Geldmenge sorgen, umgangssprachlich «druckt» sie dann Geld. Die nationalen Notenbanken der Eurozone stellen das Grundkapital der EZB zu 70 Prozent. Die restliche Summe verteilt sich auf EU- Länder, die nicht dem Währungsraum angehören. Diese müssen das Kapital aber grösstenteils erst bei einem Eintritt in die Eurozone auch tatsächlich überweisen. Die Höhe der Einlagen der nationalen Notenbanken ist abhängig vom Anteil der jeweiligen Länder an der Gesamtbevölkerung und am Bruttoinlandsprodukt der EU. Die Deutsche Bundesbank stellt knapp 19 Prozent des Grundkapitals, die Notenbanken aus Frankreich 14,4 und aus Italien 12,5 Prozent. (awp/mc/ss/23)