Leasing-Veträge: Die Preisoptik macht das Rennen
Dies haben Wissenschaftler der Forschungsstelle Customer Insight an der Universität St.Gallen (FCI-HSG) und des Instituts für Strategie und Unternehmensökonomik an der Universität Zürich (ISU) herausgefunden, wie die Universität St. Gallen (HSG) am Mittwoch in einer Mitteilung schreibt. In vielen Lebensbereichen schliessen Kunden immer wieder Verträge mit Unternehmen über Produkte und Dienstleistungen ab. Neben Abonnements für Pay-TV oder Sprachkurse besitzen Kunden zahlreiche Versicherungsverträge über Haftpflicht, Unfall oder Krankheit. Alle weisen bestimmte Laufzeiten auf. Auch beim Kauf von Produkten schliessen immer mehr Kunden Ratenverträge ab, um den Preis über mehrere Perioden (Monate, Jahre) zu verteilen.
Geschäft mit Ratenzahlung gewinnt an Bedeutung
«Ein Blick auf diese Märkte zeigt, dass dieses Geschäft mit der Ratenzahlung für viele Unternehmen in den letzten Jahren bedeutsam geworden ist», sagt Prof. Dr. Andreas Herrmann, Leiter der Forschungsstelle für Customer Insight an der Universität St.Gallen. Fast jedes Automobilunternehmen besitzt mittlerweile eine eigene Bank, um das Leasinggeschäft zu entwickeln, professionell zu gestalten und daraus Gewinne zu erwirtschaften. Im Kampf um den Kunden sind Unternehmen bestrebt, ihre Abos, Leasing-, Spar- oder Versicherungsverträge möglichst attraktiv erscheinen zu lassen.
Verträge attraktiver gestalten
Dazu bieten sich zwei Möglichkeiten: Anbieter gewähren Kunden einen Rabatt auf die monatlichen Zahlungen eines Abonnements, sofern sie sich für eine längere Laufzeit entschliessen. Ein Fitness-Studio könnte so anstelle eines Abo über zwölf Monate bei einem monatlichen Betrag von 100 CHF auch einen 15-monatigen Vertrag mit einer monatlichen Rate von 80 CHF anbieten. Eine Alternative bestünde darin, den Kunden eine Verlängerung der Vertragslaufzeit um eine bestimmte Anzahl an Monaten, für die sie keine Zahlungen leisten müssen, zu offerieren. Im obigen Beispiel würde der Fitness-Club den Kunden einen Vertrag über 15 Monate mit einer monatlichen Zahlung von 100 CHF vorlegen, wobei lediglich für 12 Monate zu bezahlen ist. Beide Optionen führen aus Sicht des Fitness-Studios zum gleichen Umsatz. FCI-HSG und ISU Universität Zürich untersuchten, ob beide Angebote für den Kunden identisch sind und als gleichwertig wahrgenommen werden.
Fitness-Studio und Pay-TV-Verträge im Test
Die Teilnehmenden der Studie schlossen Verträge mit einem Fitness-Studio und mit einem Pay-TV-Anbieter ab. Entsprechend den obigen Beispielen wurde den Teilnehmenden ein Rabatt auf die monatlichen Zahlungen erteilt, sofern sie sich für eine längere Laufzeit des Vertrags entschliessen. Alternativ konnten sie auch die Vertragslaufzeit um eine bestimmte Anzahl an Monaten verlängern, für die sie keine Zahlungen leisten müssen. Unter dem Strich waren die Angebote im Hinblick auf die finanzielle Belastung für den Kunden gleich.
«Überraschendes Ergebnis»
«Das Ergebnis überrascht: Es zeigte sich, dass die Teilnehmenden bei Verträgen mit kurzen Laufzeiten (bis zu zwölf Monate) Rabatte auf den monatlichen Preis bevorzugen», sagt Prof. Dr. Florian Stahl, Assistenzprofessor für Marketing am Institut für Strategie und Unternehmensökonomik der Uni Zürich. «Offenbar wünschen sie niedrigere monatliche Raten bei unveränderter Laufzeit.» Bei Verträgen mit längeren Laufzeiten (über zwölf Monate) ist hingegen eine Vertragsverlängerung um zusätzliche Gratismonate attraktiver. Hier bevorzugen die Studienteilnehmer eine Gratis-Nutzung, nachdem die ursprünglich vereinbarte Laufzeit abgelaufen ist. Diese Befunde gelten sowohl für Verträge mit einem Fitness-Studio als auch für Pay-TV-Abos.
Vertragslaufzeit und Preisoptik machen das Rennen
Kunden nehmen Preisinformationen unterschiedlich wahr und verarbeiten sie auf unterschiedliche Weise. Die Märkte reagieren darauf mit vielfältigen Angeboten, die sich lediglich in ihrer Preisoptik, aber nicht im Hinblick auf den Preis unterscheiden. Die Studie des FCI-HSG und der Universität Zürich zeigt, dass die vom Kunden als attraktiv empfundene Preisgestaltung für einen Abo- oder Leasingvertrag von der Vertragslaufzeit abhängt. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die preisliche Gestaltung solcher Offerten. (hsg/mc/ps)
Forschungsstelle für Customer Insight (FCI-HSG)
Die Forschungsstelle für Customer Insight ist eine der führenden europäischen akademischen Institutionen im Feld der Kauf- und Konsumverhaltensforschung. Sie ist darauf ausgerichtet, das Verhalten von Individuen im betriebswirtschaftlichen Kontext empirisch zu untersuchen. Ziel der Arbeit ist es, neue Erkenntnisse in den Themenbereichen der Kommunikation, der Markenführung, des Produktdesigns und der Mitarbeiterführung zu gewinnen. Im Zentrum steht die Entwicklung innovativer Lösungsansätze zu aktuellen marktwirtschaftlichen Fragestellungen aus der Perspektive des Kunden und des Unternehmers.
Universität St.Gallen (HSG)
Internationalität, Praxisnähe und eine integrative Sicht zeichnen die Ausbildung an der Universität St.Gallen (HSG) seit ihrer Gründung im Jahr 1898 aus. Heute bildet die HSG 6800 Studierende aus 80 Nationen in Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Rechts- und Sozialwissenschaften aus. Mit Erfolg: Die HSG gehört zu den führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas. Im Ranking der «Financial Times» 2010 wurde das Master-Programm in Strategy and International Management der HSG weltweit auf Platz 4 eingestuft. Für ihre ganzheitliche Ausbildung auf höchstem akademischem Niveau erhielt sie mit der EQUIS- und AACSB-Akkreditierung internationale Gütesiegel. Studienabschlüsse sind auf Bachelor-, Master- und Doktorats- bzw. Ph.D.-Stufe möglich. Zudem bietet die HSG erstklassige und umfassende Angebote zur Weiterbildung an. Kristallisationspunkte der Forschung an der HSG sind ihre 40 Institute, Forschungsstellen und Centers, welche einen integralen Teil der Universität bilden. Die weitgehend autonom organisierten Institute finanzieren sich zu einem grossen Teil selbst, sind aber dennoch eng mit dem Universitätsbetrieb verbunden.nbsp;