Milliardenschwere Eisenerz-Fusion in Australien geplatzt
Wettbewerbshüter in der ganzen Welt waren in den Fall eingeschaltet worden. Das deutsche Bundeskartellamt hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die geplante Fusion zu untersagen. Die Bonner Kontrolleure hatten geprüft, weil auch deutsche Stahlkonzerne und deren Kunden – besonders Autohersteller – von dem Zusammengehen betroffen gewesen wären. Eisenerz wird zur Stahlherstellung benutzt und vor allem in der Autoindustrie und am Bau verwendet.
Erwartetes Aus
Aus Sicht der europäischen Stahlbranche hätte das Zusammengehen den ohnehin schon geringen Wettbewerb auf dem Eisenerzmarkt weiter beschränkt. Ablehnende Entscheidungen hatte es auch von den Kartellbehörden in Südkorea und Japan gegeben. Am Markt war das Aus für die Fusion bereits erwartet worden, die Aktien beider Unternehmen verloren in Australien nur leicht. Rio Tinto und BHP Billiton bedauerten die Entscheidung gegen das Joint-Venture. Die Konzerne hatten geplant, durch eine gemeinsame Nutzung von Eisenbahnen und Hafenanlagen Kosten zu sparen. In Pilbara befinden sich einige der grössten Eisenerzminen der Welt. Geplant waren Einsparungen von 10 Milliarden Dollar pro Jahr. Das Joint-Venture wäre mit einem gemeinsamen Wert von fast 120 Milliarden Dollar (knapp 86 Milliarden Euro) die grösste Fusion der australischen Wirtschaftsgeschichte gewesen.
Kassenlage von Rio Tinto wieder verbessert
Der Verzicht darauf zeigt auch, dass die Kassenlage von Rio Tinto inzwischen deutlich besser ist als zum Zeitpunkt der Vereinbarung im vergangenen Jahr, als die Australier gerade die Übernahme des hoch verschuldeten kanadischen Konkurrenten Alcan stemmten und mit Hochdruck versuchten, ihre Kosten unter Kontrolle zu bekommen. Ausserdem hatte sich bei Rio Tinto die Ansicht durchgesetzt, dass BHP Billiton wohl stärker von dem Deal profitiert hätte. Die Stahlabnehmer waren gegen die Pläne Sturm gelaufen, da sie einen weiteren Anstieg der Rohstoffpreise fürchteten. Bereits heute beherrschen BHP und Rio Tinto zusammen mit der brasilianischen Vale etwa zwei Drittel des Marktes. Zusammen entfielen auf die drei im vergangenen Jahr 35 Prozent der gesamten Eisenerzförderung und 61 Prozent des Überseehandels mit dem Rohstoff, wie die Welthandelskonferenz UNCTAD ermittelte.
BHP Billiton weltweit gewichtigster Minenkonzern
Rio Tinto ist die Nummer zwei unter den Eisenerz-Lieferanten, BHP Billiton ist der weltweit gewichtigste Minenkonzern. Mit knapp 53 Milliarden Dollar verbuchte BHP Billiton im Geschäftsjahr 2009/2010 den grössten Umsatz unter den drei Eisenerzgiganten und strebt derzeit eine Übernahme des kanadischen Düngemittelriesen Potash an. Ende 2008 war wegen der Wirtschaftskrise die geplante feindliche Übernahme von Rio Tinto durch BHP geplatzt. Nach Ende der Wirtschaftskrise, die die Rohstoffkonzerne hart traf und arge finanzielle Probleme brachte, laufen die Geschäfte inzwischen wieder gut. Rio Tinto etwa meldete für das dritte Quartal in der vergangenen Woche eine Rekordproduktion. (awp/mc/ps/04)