EZB-Chef Trichet: Leitzinsen sind angemessen
Den konjunkturellen Ausblick charakterisierte der EZB-Chef nach wie vor als unsicher, wenngleich jüngste Konjunkturdaten besser als erwartet ausgefallen seien. Mittelfristig gehe die Notenbank unverändert von einer moderaten Erholung aus. Die Inflation könne kurzfristig zwar etwas zulegen, mittelfristig sollte die Teuerung aber moderat bleiben. Allerdings seien die Inflationsrisiken leicht aufwärts gerichtet. Im zweiten Quartal war die Euroraum-Wirtschaft recht kräftig um 1,0 Prozent gewachsen. Besonders stark war das Wachstum in der grössten Volkswirtschaft Deutschland ausgefallen. Die Teuerungsrate liegt seit längerem unter der Zielmarke der EZB von knapp zwei Prozent. Zuletzt waren die Verbraucherpreise im August um 1,6 Prozent gestiegen.
Trichet skeptisch zu neuer Finanz-Steuer
Das von Deutschland und Frankreich unterstützte Vorhaben einer Steuer auf Finanztransaktionen stösst auf deutliche Skepsis bei der EZB. Deren Chef Jean-Claude Trichet sagte am Montag auf Fragen im Europaparlament in Brüssel: «Es ist extrem schwierig, dies umzusetzen.» Es sei nötig, die Steuer auf weltweiter Ebene einzuführen, was aber derzeit nicht möglich sei. «Das könnte Finanztransaktionen woanders hin verlagern», warnte der Zentralbankchef.
Grossbritannien und Schweden gegen neue Steuer
Im Kreis der EU-Staaten treten Deutschland, Frankreich und Österreich für die Steuer ein. Grossbritannien und Schweden sind dagegen. Die europäischen Finanzminister wollen vom Donnerstag an bei ihrem informellen Treffen in Brüssel die Debatte weiterführen. Der normale Bankkunde soll von der Steuer nicht betroffen sein. Beim Treffen der G20-Länder im Juni in Kanada war das Vorhaben bereits auf starken internationalen Widerstand gestossen. Trichet zeigte sich im Parlaments-Ausschuss für Wirtschaft und Währung zuversichtlich, dass der Weisenrat für Finanzrisiken, der vom kommenden Januar an bei der EZB angesiedelt wird, pünktlich seine Arbeit aufnehmen kann. «Die Verantwortung ist sehr gross», sagte Trichet, der das neue Gremium führen wird. Der Weisenrat gehört sich einem verbesserten Aufsichtssystem in der EU, das wegen der Finanz- und Bankenkrise geschaffen wurde.
Verständnis von Finanzmärkten hinterfragen
Die Erfahrungen aus der Finanzkrise machen laut EZB-Chef Jean-Claude Trichet eine Neubewertung der Funktionsweise der Finanzmärkte nötig. «Wir müssen unser Verständnis von Risiken, die von Marktverwerfungen ausgehen können, neu bewerten», sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) am Montagmorgen in Frankfurt. Gleiches gelte für die grundsätzliche Bedeutung der Finanzmärkte für Wirtschaft und Gesellschaft. In der Krise hätten sich die Märkte als weniger effizient erwiesen als gemeinhin gedacht.
Tumpel-Gugerell: Bei Marktregulierung bleibt viel zu tun
Trotz erster Erfolge bei der Regulierung der Finanzmärkte bleibt laut EZB-Direktoriumsmitglied Gertrude Tumpel-Gugerell noch viel zu tun. Mit Blick auf die Regulierung der Banken forderte Tumpel-Gugerell am Montag unter anderem nachhaltigere Geschäftsmodelle. Zudem müssten die Vergütungssysteme reformiert und das Risikomanagement verbessert werden. Die Transparenz an den Finanzmärkten müsse erhöht werden, nicht zuletzt wegen ständig neuer Finanzinstrumente. (awp/mc/ps/09)