Johnson & Johnson will Impfstoffspezialisten Crucell kaufen
Dies teilten Johnson & Johnson und das niederländische Biotech-Unternehmen am Freitag mit. Der US-Konzern bietet für alle noch ausstehenden Crucell-Aktien 1,75 Milliarden Euro in bar, was einem Kurs von 24,75 Euro je Aktie entspricht. Im frühen Handel reagierten Crucell-Aktien an der Amsterdamer Börse mit einem stattlichen Kurssprung von 54 Prozent auf 24,20 Euro. Das Gebot sei fair und man rechne nicht mit einem Bieterwettbewerb, erklärte ein Pharmaanalyst.
Begehrte Impfstoffe
Der US-Konzern, aus dessen Haus unter anderem die Marken Penaten und Bebe kommen, war vor einem Jahr mit rund 18 Prozent bei Crucell eingestiegen. Johnson & Johnson erhofft sich von der kompletten Übernahme ein stärkere Position im lukrativen Geschäft mit Impfstoffen. 2009 lieferte Crucell nach eigenen Angaben mehr als 115 Millionen Impfstoffdosen in über 100 Länder. Die Mehrheit davon ging in Entwicklungsländer, in denen viele Pharmakonzerne ihr Geschäft ausbauen möchten, um von den dort höheren Wachstumschancen zu profitieren.
Möglicher Abschluss der Transaktion bis Ende 2010
Der bisherige Firmensitz von Crucell im niederländischen Leiden soll erhalten bleiben. Auch sei derzeit kein Stellenabbau geplant, hiess es in der Mitteilung weiter. Der Verwaltungsrat von Johnson & Johnson sowie der Aufsichtsrat von Crucell haben bereits ihr Einverständnis für weitere Verhandlungen gegeben. Crucell-Chef Ronald Brus rechnet bereits für Ende des Jahres mit einem möglichen Abschluss der Transaktion. Für das vergangene Jahr wies der Konkurrent des Wiener Impfstoffspezialisten Intercell einen Umsatz von 358 Millionen Euro, ein operatives Ergebnis von 39 Millionen aus.
Hungrig auf Biotech
Biotechkonzerne stehen bei den internationalen Pharmaunternehmen schon seit längerem ganz oben auf der Übernahme-Wunschliste. Viele ihrer umsatzstarken Medikamente verlieren in absehbarer Zeit ihren Patentschutz. Wenn Generikahersteller mit ihren Nachahmer-Medikamenten den Originalherstellern Konkurrenz machen, büssen deren Mittel innerhalb weniger Wochen schon mal 80 Prozent an Umsatz ein. Die eigenen Labors liefern nicht genügend Nachschub, um die Ausfälle auszugleichen.
Branche im Übernahmefieber
Zu den Schwierigkeiten der Branche gehört auch, dass Zulassungsanforderungen immer höher werden und wegen ausufernder Gesundheitskosten der Nutzen neuer Arzneimittel stärker hinterfragt wird. Experten schätzen, dass bis 2015 Arzneimittel mit einem Jahresumsatz von 150 Milliarden Dollar durch Generika Konkurrenz bekommen. Weltweit kam die Branche zuletzt auf einen Umsatz von rund 800 Milliarden Dollar. Die Branche ist schon seit einiger Zeit im Übernahmefieber: Der französische Pharmakonzern Sanofi-Aventis will für fast 19 Milliarden Dollar den Biotech-Konzern Genzyme schlucken. Anfang 2009 sorgten Pfizer und die amerikanische Merck & Co mit Milliardenübernahmen von US-Konkurrenten für Schlagzeilen. (awp/mc/ss/10)