Fluglärmstreit: EU-Gericht entscheidet gegen die Schweiz

Gegen den entsprechenden Beschluss der EU-Kommission aus dem Jahre 2003 hatte die Schweiz Klage eingereicht. Das erstinstanzliche Gericht des EU-Gerichtshofes (EuGH) kam nun zum Schluss, dass die deutschen Massnahmen «keinerlei Verbot des Durchflugs des deutschen Luftraums für Flüge von und nach dem Flughafen Zürich» darstellen. Die Verordnung beschränke sich auf eine «blosse Änderung der betreffenden Flugwege nach dem Start oder vor der Landung».


Schweiz sieht Swiss diskriminiert
In der Klage sprach die Schweiz auch von einer Diskriminierung der Fluggesellschaft Swiss und von der Unverhältnismässigkeit der Massnahmen. Zum Grundsatz der Gleichbehandlung halten die Richter fest, dass die Nähe des Flughafens zu einem (deutschen) Fremdenverkehrsgebiet einen objektiven Umstand darstelle, der den Erlass dieser Massnahmen nur für den Flughafen Zürich rechtfertige. Die Massnahmen stünden in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Ziel, der Verringerung der Lärmbelastung in einem Teil des deutschen Gebiets in den Nachtstunden und am Wochenende. Deutschland habe keine andere Möglichkeit der Lärmverminderung.


Deutsche Verordnung: Überflugverbot morgens und abends
Seit 2003 dürfen Flugzeuge auf dem Weg zum Zürcher Flughafen in den frühen Morgenstunden und am Abend süddeutsches Gebiet nicht überfliegen. Die bis dahin üblichen Nordanflüge sind zu den Sperrzeiten nicht mehr möglich. Nach dem Scheitern der Staatsvertragsverhandlungen zwischen der Schweiz und Deutschland hat das deutsche Luftfahrt-Bundesamt 2003 eine einseitige Rechtsverordnung über die Benützung des süddeutschen Luftraums erlassen. Der Zürcher Flughafen musste Südanflüge über dichtbesiedeltes Gebiet im Nordosten der Stadt Zürich einführen.


Ausnahme für wetterbedingte Ost- oder Südanflüge
Die deutsche Verordnung legte ein Flugverbot über deutsches Gebiet fest, das an Werktagen von 21 bis 7 Uhr und an Wochenenden und süddeutschen Feiertagen von 20 bis 9 Uhr dauert. Ausnahmen von den Beschränkungen werden nur gemacht, wenn das Wetter Ost- oder Südanflüge auf die Pisten 28 und 34 verunmöglicht. Normalerweise wird der Flughafen morgens von 6 bis 7 Uhr (bzw. 9 Uhr am Wochenende) von Süden her angeflogen, abends von 21 (bzw. 20 Uhr) bis 23.30 Uhr von Osten.


Leuenberger nicht überrascht über Urteil
Bundesrat Moritz Leuenberger hat sich nicht überrascht über das negative Urteil zum Fluglärmstreit mit Deutschland gezeigt. «Leider sei ein Urteil gefällt worden, mit dem ich immer gerechnet habe», sagte Leuenberger am Donnerstag vor den Medien in Bern. Juristen würden das Urteil nun im Detail anschauen und im Zweifelsfall einen Weiterzug empfehlen. Dabei schliesst Leuenberger einen Erfolg nicht ganz aus. In juristischen Verfahren könne es immer Überraschungen geben – auch positive, sagte der Vorsteher des Eidg. Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation.


Diskussionen werden weitergeführt
Leuenberger machte aber keinen Hehl daraus, dass er die juristische Konfrontation nie gesucht habe. Der Weg über die Gerichte sei als Argument gegen den Staatsvertrag mit Deutschland aufgeführt worden. Im Jahr 2003 hatte das Parlament den von Leuenberger ausgehandelten Vertrag abgelehnt. Das juristische Verfahren habe bei den bisherigen Verhandlungen mit Deutschland «nie eine Rolle gespielt», sagte Leuenberger weiter. Die Diskussionen würden nun weitergeführt. Es müsse ein Lösung gefunden werden, denn die beiden Staaten könnten sich «nicht ewig» in einem solchen Streit befinden.


Relativ rasche Lösung möglich
Argumente in den politischen Verhandlung seien unter anderem die Lärmbelastung, der unnötige Umwegverkehr und der daraus resultierende zusätzliche CO2-Austoss. Aus seiner Sicht sei eine relativ rasche Lösung möglich, wenn sich alle «auf der Ebene der Vernunft» bewegen würden. Doch innerhalb von Deutschland wie auch innerhalb der Schweiz gebe es verschiedene Positionen. Erschwerend komme hinzu, dass immer auf irgendwo Wahlen anstünden, sagte Leuenberger. (awp/mc/ps/12) 

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