Artur P. Schmidt: Der grosse Rating-Wahnsinn
Von Artur P. Schmidt
[email protected]
Rating-Oligopol
Man ratet alle diejenigen, von denen man bezahlt wird. Dass hier keine effektive Kontrolle von kriminellem Geschäftsgebaren erfolgen kann, liegt auf der Hand. Die grossen drei Agenturen Moody?s, Fitch und S&P verfügen zu allem Übel auch noch über ein spezielles Mandat der US-Regierung. Nur sie allein können als Oligopol die Kreditwürdigkeit von Schuld-Finanzinstrumenten beurteilen ? ein Umstand, der nicht nur Unternehmen, sondern mittlerweile auch ganze Staaten betrifft und wegen der einzigartigen Stellung sogar eine neue Form des Wirtschaftskrieges erlaubt: Das allgemeine Länderabwerten. Da es dieses Oligopol ist, welches ausgegebenen Schulden eine Attraktivität als Investment einer bestimmten Güte zubilligen kann, dominieren diese den gesamten Schuldenmarkt.
Hochkriminelles Geschäftsgebaren
Wenn Schulden toxisch sind, so ist es einzig und allein die Schuld der Rating-Agenturen, wenn diese falsch bewertet werden. Damit haben diese in verantwortungsloser Weise zu einem riesigen Schulden-Bubble im US-Häusermarkt beigetragen. Die Forderung kann deshalb nur lauten, die bestehenden Rating-Agenturen zu unabhängigen Instituten umzubauen, die nicht mehr von den zu bewertenden Unternehmen bezahlt werden, sondern von Privatunternehmen durch eine Art Steuer oder vom Staat, der letztendlich verhindern sollte, dass riesige Finanzblasen entstehen. Um immer mehr Profite zu machen, wurde von den Rating-Agenturen alles mit «Triple A» bewertet, was ihnen über die Quere lief.
Gesunder Giftmüll
Auch der grösste toxische Giftmüll wurde für die Allgemeinheit als kerngesund eingestuft. Wenn Mitarbeiter der Agenturen aufmuckten und ein faires Rating einforderten, wurden diese aufgefordert den Mund zu halten oder sich einen anderen Job zu suchen. Als Alchemisten der besonderen Art wirkten die Rating-Agenturen über Jahre hinweg und wandelten Schrott aller Art in virtuelles Gold um. Damit haben die Rating-Agenturen ihre ureigenste Aufgabe ? die Bewertung von Risiken ? nicht nur aufgegeben, sondern in ihr Gegenteil verkehrt. Die Devise lautete: Eliminiere das Risiko aus allen Papieren, dann erzielt die Rating-Agentur die höchsten Renditen.
Wirtschaftskrieg mittels Rating-Agenturen
Doch damit machten sie die Kreditkrise nur noch schlimmer, da ein Downgrade in ihrem Geschäftsmodell nicht mehr vorgesehen war. Ab einem bestimmten Punkt wären Downgrades riskant geworden, hätten diese doch eine Rezession eingeläutet, sodass es besser war, nichts zu tun, als etwa Wasser ins Feuer zu giessen. Erst als das Feuer immer weiter um sich griff und löschen gar nicht mehr möglich war, wurden plötzlich Downgrades durchgeführt, die dann zu einer Implosion der Finanzmärkte führten. Das völlig abgebrannte Gebäude der Bewertungen stürzte wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Nicht nur Warren Buffet sollte sich an den Koppf greifen
Wenn selbst Warren Buffet, der bei Moody?s Aktionär ist, diese in Schutz nimmt, dann darf man sich getrost an den Kopf greifen und sich fragen, ob auch dieser Mann mittlerweile nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Doch vielleicht sieht Buffet auch die Notwendigkeit der Rating-Agenturen im Wirtschaftskrieg gegen Europa und nimmt diese deshalb in Schutz. Schliesslich lässt sich der Euro ebenso wie der ganze Euroraum momentan trefflich durch die Rating-Agenturen manipulieren.
Spielball von geostrategischen Machtspielen der USA
Es muss in Bälde auch europäische Rating-Agenturen geben, aber auch in Asien sollten neue Rating-Agenturen entstehen. Diese müssen mit den reformierten amerikanischen Rating-Agenturen in einen Wettbewerb um die fairsten Bewertungen treten, um nicht gezielt einzelne Firmen in den Ruin oder ganze Länder in den Staatsbankrott zu treiben. So wie die Situation sich heute darstellt, stellen die Rating-Agenturen einen idealen Spielball für geostrategische Machtspiele der USA dar. Dieser Umstand muss schnellstmöglich beseitigt werden, damit Krisen frühzeitig erkannt und rechtzeitig vorgebeugt werden kann.
Katalysatoren für die Enteignung der Bürger
Wäre bekannt gewesen, dass viele Staaten über viel schlechtere Ratings verfügten als jene die ausgewiesen wurden, hätte es wohl nie einen Banken-Bailout gegeben, der letztendlich die Verschuldungssituation der Staaten noch weiter verschlechtert und einige davon ruiniert hat. Es wird Zeit, dass die Allgemeinheit erkennt, dass die amerikanischen Rating-Agenturen Katalysatoren für die Enteignung der Bürger sind und deshalb dringend reformiert gehören.
Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.