PwC-Studie: Hohe Kriminalität im Baugewerbe
Die Studie «Global Economic Crime Survey – Engineering and Construction Sector Summary» ist Teil der branchenübergreifenden PricewaterhouseCoopers-Umfrage «Global Economic Crime Survey 2009». Aus der Schweizer Baubranche wurden keine Fälle von Wirtschaftskriminalität gemeldet. Auch insgesamt meldeten nur 17 Prozent der befragten Schweizer Unternehmen einen Deliktsfall – auf den ersten Blick ein gutes Resultat. Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher liegen und auf die in der Wirtschaftskrise gesenkten Budgets für Compliance und interne Kontrollen zurückzuführen sein.
Krise begünstigt Kriminalität
Die Wirtschaftskrise erhöht die Wahrscheinlichkeit für Wirtschaftskriminalität innerhalb der Baubranche. Dieser Ansicht sind über 72 Prozent der weltweit befragten Unternehmen der PwC-Studie «Global Economic Crime Survey 2010 – Engineering and Construction Sector Summary». 24 Prozent der Studienteilnehmer deckten im Jahr 2009 Fälle von Wirtschaftskriminalität im eigenen Betrieb auf. Rund 64 Prozent von ihnen meldeten Veruntreuungen oder Unterschlagungen, 47 Prozent wurden Opfer von Bestechung und Korruption – ein fast doppelt so hoher Wert wie im Einzelhandel oder im Versicherungswesen.
Konkurrenz der Bestechung bezichtigt
Ein bedeutender Anteil – 29 Prozent gegenüber 13 Prozent in anderen Branchen – glaubt, dass ihre Mitbewerber Bestechungsgelder zahlen, um Aufträge zu gewinnen. «Die Baubranche ist speziell anfällig für Wirtschaftskriminalität», kommentiert Gianfranco Mautone, Partner und Leiter Forensic Services, PricewaterhouseCoopers Schweiz. «Zu den begünstigenden Faktoren gehören insbesondere komplexe vertragliche Abmachungen – häufig über geografische Grenzen hinweg. Hinzu kommen der einfache unbeaufsichtigte Zugang zu wertvollen Gütern und die Schwierigkeit, das benötigte Material genau zu quantifizieren. Dies kann dazu verleiten, dass unbemerkt überhöhte Mengen bestellt werden, welche auf dem Schwarzmarkt verkauft werden könnten.»
Interne Kontrollen greifen besser
Ein Viertel der gemeldeten Delikte konnte durch interne Kontrollen aufgedeckt werden (2007: 16 Prozent). Ein Drittel der befragten Unternehmen gab an, die Verstösse per Zufall entdeckt zu haben (2007: 47 Prozent). Noch immer gibt aber ein Drittel der Bauunternehmen an, sie hätten in den letzten zwölf Monaten keine Risikoanalyse für Wirtschaftsdelikte vorgenommen. Ein weiteres Drittel hat die Häufigkeit solcher Kontrollen nicht erhöht.
Schweiz: Hohe Dunkelziffer vermutet
Aus der Schweizer Baubranche wurden keine Delikte für die Studie gemeldet. Branchenübergreifend meldeten 17 Prozent der befragten Schweizer Unternehmen Fälle von Wirtschaftskriminalität und belegte zusammen Finnland Rang 6. An der Spitze steht Japan mit 10 Prozent. Die Schlusslichter bilden Russland (71 Prozent) und Südafrika (62 Prozent). Das auf den ersten Blick erfreuliche Resultat der Schweiz könnte trügen. «Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus», erklärt Gianfranco Mautone. «In der Schweiz wurde im letzten Jahr aufgrund der Wirtschaftskrise weniger in interne Risikobeurteilungen und Compliance-Tools investiert.»
Mangelnde Risikoanalysen
Nur 5 Prozent der Befragten gaben an, dass der Vorfall durch internes Risikomanagement aufgedeckt wurde. 46 Prozent der befragten Unternehmen hatten erst einmal eine interne Kontrolle durchgeführt und 26 Prozent sagten sogar, sie hätten sich noch nie einer Risikoanalyse unterzogen. Unternehmen mit quartalsweise durchgeführten Analysen haben dagegen einen Anstieg von Delikten festgestellt. Mit 41 Prozent gaben Finanzunternehmen am häufigsten an, intern Wirtschaftsdelikte aufgedeckt zu haben. Dies ist kein Zufall. Speziell in der Finanzbranche ist das Bewusstsein für Wirtschaftskriminalität ausgeprägt, weshalb in den letzten Jahren vielerorts starke Kontrollsysteme etabliert wurden.
Konsequentes Handeln gefragt
«Schweizer Unternehmen gehen noch zu wenig konsequent gegen Wirtschaftskriminalität vor», sagt Gianfranco Mautone. «Sie sind sich des möglichen Schadens – vor allem auch immaterieller Natur – zu wenig bewusst.» Erst 18 Prozent der Befragten haben einen negativen Effekt auf den Ruf des Unternehmens erkennen können, 14 Prozent stellten Beeinträchtigungen der Geschäftsbeziehungen und der Motivation der Mitarbeitenden fest. (pwc/mc/ps)