Griechenland hofft auf Milliardenhilfen Anfang Mai
Nach Aussagen aus der Bundesregierung wird die aber nicht schon in den nächsten Tagen fallen. Begleitet werden die Verhandlungen von einer innerdeutschen Debatte über das Eiltempo, mit dem Finanzminister Wolfgang Schäuble die gesetzliche Grundlage für die Griechenland-Hilfe schaffen will. Zugleich kursieren immer neue Angaben über das Ausmass des griechischen Haushaltsdesasters.
Papakonstantinou: Deutschland komplett mit an Bord
Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou sagte am Sonntag in Washington, Deutschland sei komplett mit an Bord. Er sei überzeugt, dass die Gespräch rechtzeitig abgeschlossen werden. Die bereits seit rund einer Woche laufenden Gespräche mit den Ländern der Euro-Zone und dem Internationalen Währungsfonds gingen «sehr gut voran». Er gehe davon aus, dass am Ende alle Euro-Partner zustimmen werden, wenn die Verhandlungen über die Auflagen abgeschlossen sind, sagte Papakonstantinou mit Blick auf zurückhaltende Äusserungen Schäubles.
Griechenland ist vom finanziellen Zusammenbruch bedroht. Deswegen hatte Athen die EU und den IWF am Freitag offiziell um Hilfe gebeten. Die Euro-Länder wollen Athen allein 2010 mit bis zu 30 Milliarden Euro unter die Arme greifen – Deutschland würde davon bis zu 8,4 Milliarden Euro übernehmen. Auf den IWF könnten zusätzlich bis zu 15 Milliarden Euro zukommen.
IWF drückt aufs Tempo
Athen muss zum 19. Mai eine Milliarden-Anleihe zurückzahlen und die Summe neu finanzieren. Wegen der dramatischen Haushaltskrise werden die Bedingungen zur Refinanzierung über den Kapitalmarkt immer schlechter. Die Renditen für griechische Anleihen waren in der vorigen Woche zeitweise auf über neun Prozent geklettert, rund dreimal so viel wie bei deutschen Bundesanleihen.
Der IWF drückt aufs Tempo. «Wir haben unsere Gespräche beschleunigt, seit wir das Gesuch um Finanzhilfen am vergangenen Freitag erhalten haben.»Strauss-Kahn sagte: Der Fonds und die europäischen Partner «wissen, dass Tempo nötig ist». Er sei zuversichtlich, dass die Beratungen mit Griechenland «rechtzeitig» abgeschlossen werden. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte am Samstag aber, eine Entscheidung werde frühestens in zehn Tagen fallen. Auch Schäuble schloss eine Entscheidung in den nächsten Tagen aus.
Europäische Hilfszusagen gelten für drei Jahre
Die europäischen Hilfszusagen gelten für drei Jahre; offizielle Zahlen, wie hoch der Bedarf 2011 und 2012 ausfällt, gibt es bislang nicht. Wie die «Welt am Sonntag» unter Berufung auf die griechische Schuldenagentur berichtet, muss das Land bis Ende 2015 gut 140 Milliarden Euro für 33 fällig werdende Staatsanleihen auftreiben. Dazu kämen kämen nach Berechnungen des US-Ökonomen Carl Weinberg fast 90 Milliarden Euro an Zinsen. Günstigere Zinsen würden diese Last nur geringfügig verringern. Die frühere Vize-Direktorin des IWF, Anne Krueger, sagte Athen laut «WamS» eine Umschuldung voraus – Gläubiger müssten dann damit rechnen, dass ein Grossteil ihres Geldes weg ist. Urteilen Fachleute, dass ein Land seine Schulden nicht bedienen kann, dürfe der IWF kein Geld geben, solange es nicht parallel eine Umschuldung gebe, so Krueger.
In Berlin wächst angesichts solcher Zahlen das Unbehagen, dass Griechenland zum Fass ohne Boden werden könnte. «Die Tatsache, dass weder die EU noch die Bundesregierung bisher eine Entscheidung getroffen haben, bedeutet: Sie kann positiv wie negativ ausfallen», sagte Schäuble (CDU) der «Bild am Sonntag». «Abhängig ist sie allein davon, ob Griechenland den jetzt eingeschlagenen strikten Sparkurs in den kommenden Jahren fortsetzt.»
Renditen für Staatsanleihen bleiben auf hohem Niveau
Das Hilfsgesuch Griechenlands hat am Rentenmarkt des Landes nicht für eine grundlegende Entspannung gesorgt. Die Renditen blieben auch am Montag auf einem hohen Niveau. Am Morgen lag die Rendite für zehnjährige Anleihen bei 8,73 Prozent. Am Freitag waren die Renditen im Zuge des Hilfsantrags zeitweise deutlich gesunken. Bis zum Abend lag die Wirkung allerdings nur noch bei etwa 0,2 Prozentpunkten. Mit der Zuspitzung der Lage war die Rendite am Donnerstag erstmals seit Einführung des Euro über neun Prozent geklettert. Der Risikoaufschlag zu deutschen Bundesanleihen lag am Montagmorgen bei 5,95 Prozentpunkten.
Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen sorgt für Unruhe
«Top-Thema bleibt das Land an der Ägäis», schreibt die HSH Nordbank in einer Studie. Eigentlich sei man bisher immer davon ausgegangen, dass die Politik in Athen den grossen Unsicherheitsfaktor darstelle. Nun müsse man aber feststellen, dass es eher der Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen sei, der für Unruhe sorge. Denn vor dem Hintergrund der in zwei Wochen stattfindenden Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands möchte offenbar kein Politiker der Bevölkerung reinen Wein einschenken. Man könne wohl aber davon ausgehen, dass die Politiker nach der Wahl wieder zu Raison kommen. Allerdings wird aus Sicht der HSH Nordbank hier mit dem Feuer gespielt. Die Angelegenheit entwickele eine gefährliche und irgendwann nur noch schwer zu kontrollierende Eigendynamik. (awp/mc/ps/01)