Vernetzung als Schlüssel für Energieeffizienz

Nur integrative Lösungen können langfristig effizient sein und die heute erkennbaren Probleme beherrschbar machen. Unter der Leitung von WED-Chairman Klaus Töpfer beleuchteten Wissenschaftler, Politiker und Vertreter der Wirtschaft vor rund 500 Teilnehmern die Kernfragen für die Energieversorgung der Zukunft: Wie können nachhaltige Energieversorgungssysteme realisiert werden, die eine massive Ausweitung der regenerativen Erzeugung und das Ziel einer hohen Effizienzsteigerung vereinen? Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, Schirmherr des WED, stellte als eines der wichtigen Ziele der Bundesregierung die Schaffung eines durchgängigen energiepolitischen Konzepts mit dem Zeithorizont 2050 heraus. Dieses ziele auf die Schaffung eines intelligenten Energieversorgungssystems mit Integrationswirkung durch die Nutzung von technischen Innovationen ab.


Vorhandene Techniken schnell einführen
Dr. Werner Schnappauf, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI), betonte, dass der konsequente Einsatz der heute verfügbaren energieeffizienten Produkte den CO2-Ausstoss bereits um etwa 40 Prozent reduzieren könnte. Allerdings gelinge der «Sprung in die neue technische Welt» nur durch eine schnelle Unterstützung der Implementierung. Er forderte die Politik auf, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, jedoch technologieoffen zu bleiben.


Optimierung des Energieeinsatzes ist eine Systemfrage
Energieoptimierung darf jedoch nicht allein auf einzelne Objekte bezogen werden, wie das Thema Städteplanung verdeutlicht. Bereits heute lebt rund die Hälfte der Menschen in Städten, und 2020 werden es laut Experten bereits 60 Prozent sein. Die Planung effizienterer Strukturen im urbanen Raum hat also eine hohe Bedeutung, und das betrifft nicht nur die Energieversorgung. Auch der Verkehr spielt eine wesentliche Rolle. Daher könne ein energetisch optimiertes Gebäude einen hohen Energieverbrauch verursachen, wenn es falsch steht, stellte Prof. Dr. Hermann Knoflacher von der Technischen Universität Wien fest.


Klimaschutz hört nicht an Landesgrenzen auf
Wie wichtig auch überregionale oder interkontinentale Kooperationen sind, um Energie klimaschonend zu erzeugen und bestmöglich einzusetzen, wurde am Beispiel Desertec deutlich. Die Idee, in Nähe des Äquators zum Beispiel Sonnenenergie zur Stromproduktion zu nutzen und den Strom auch zu den Verbrauchsstandorten in Europa zu transportieren, lässt sich nur durch ein Miteinander europäischer und (nord-)afrikanischer Politiker und den Einsatz hocheffizienter Technik umsetzen.


Projekt Desertec
Paul van Son, Chef der Desertec-Initiative, stellte als eine Voraussetzung für die Akzeptanz des Projekts in Afrika die ausreichende Berücksichtigung der lokalen Komponente heraus: Es könnte zunächst dazu dienen, den Bedarf an Strom in Nordafrika oder dem Mittleren Osten mit erneuerbarer Energie zu decken, und später einen Stromüberschuss nach Europa zu exportieren. Dieser wäre laut Planung ausreichend, etwa 15 Prozent des europäischen Bedarfs zu decken. Wichtig seien aber auch der Wissenstransfer und die Schaffung von technologischen Kompetenzzentren in Zusammenarbeit mit Universitäten in nordafrikanischen Staaten. Für die Überführung der Desertec-Initiative aus der Projekt- in die Umsetzungsphase ab dem Jahr 2012 ist die Lösung der Transportfrage für die Edelenergie Strom von höchster Bedeutung, denn die großen Distanzen nach Mitteleuropa verlangen verlustarme Leitungen wie die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ).


Unabdingbar: Verfügbarkeit von Speichern
Stefan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), betrachtete aus europäischer Sicht die Frage des effizienten Transports von Strom sowie die Verfügbarkeit von Speichern. In seinem Vortrag zum Thema «Herausforderungen und Anforderungen an zukunftsfähige Verbundsysteme» untermauerte er, dass der prognostizierte Ausbau von fluktuierender Erzeugung in den Bereichen Windstrom und Photovoltaik bereits im Jahr 2020 zu einer installierten Leistung von rund 80’000 MW führen wird. Diese teilweise dezentral, aber auch zentral im Stromnetz angesiedelten Erzeugungsleistungen könnten letztlich nur dann effizient in die Stromnetze integriert werden, wenn dies auf internationaler Ebene geschehe. Darüber hinaus müsste über Pumpspeicherwerke hinaus an der Bereitstellung grosser Speicherkapazitäten gearbeitet werden.


Italien auf dem Weg zur Energieplattform des Mittelmeers
Die Relevanz der Transportnetze und ihre länderübergreifende Bedeutung hatte am Vortag bereits Italiens Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Claudio Scajola, unterstrichen. Er stellte Pläne seines Landes vor, Italien zu einer Plattform für den Energieaustausch im gesamten Mittelmeerraum auszubauen, und zwar für Strom und Erdgas unter Einbeziehung Afrikas und des Nahen Ostens. Das Desertec-Projekt habe für solche Umstrukturierungen eine «Katalysatorwirkung» für Investitionen. (Hannover Messe/mc/ps)

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