Neue Aschewolke: Über tausend Flüge gestrichen
Die Swiss kündigte an, dass sie ihre Flugzeuge vorerst bis mindestens 10 Uhr am Dienstagmorgen nicht in die Luft schicken werde. Swiss musste allein am Montag rund 400 Flüge mit rund 42’000 Buchungen stornieren. Seit den ersten Flugraumsperrungen in Europa am Donnerstag waren bei der Schweizer Fluggesellschaft rund 170’000 Buchungen betroffen. Auf den drei grossen Schweizer Flughäfen Zürich, Genf und Basel-Mulhouse fielen am Montag weit über 1000 Flüge aus.
Zweite Aschewolke im Anzug
Den Fluggesellschaften droht weiteres Ungemach. Zur ersten Aschewolke, die sich über Zentraleuropa festgesetzt hat, gesellt sich nun eine zweite. Hinzu kam, dass sich die erste Aschewolke über der Schweiz abgesenkt hat. Sie hatte sich verdünnt und vermischte sich mit der Dunstschicht in etwa 2000 bis 3000 Metern Höhe, wie Messungen zeigten. Die Schicht sei im Verlauf des Samstags zudem auch immer dünner geworden, sagte Betrant Calpini, Leiter der aerologischen Station von MeteoSchweiz in Payerne.
Modellrechnungen bestätigt
Dies bestätigen auch Messungen mit einem Forschungsflugzeug, die Bruno Neininger, Atmosphärenphysiker und Dozent für Aviatik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, vorgenommen hat. Neininger absolvierte am Montag im Auftrag des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL) zwei weitere Messflüge mit einem Kleinflugzeug. Ziel war es zu überprüfen, ob die Modelle stimmen, welche den Anzug einer neuen Aschewolke ankündigten. Seine Messungen am Samstag und Sonntag hätten die Voraussagen jeweils bestätigt, sagte Neininger. Am Montagnachmittag liessen dann auch Swiss einen Airbus A319 und die Schweizer Luftwaffe einen Tiger, einen Super-Puma-Heli und einen Pilatus-Porter zu Testzwecken in den Himmel steigen. Erste Resultate wurden noch am Montagabend erwartet.
Keine Gefährdung und keine Versorgungsengpässe
Für den Menschen sind die Teilchen laut Forscher nicht gefährlich. Ihre Konzentration sei verhältnismässig gering und die Atemluft werde auf dem Weg in die Lungebläschen gefiltert, sagte Thomas Peter, Professor für Atmosphärenchemie. «Der tägliche Feinstaub durch den Verkehr ist viel gefährlicher», sagte der Forscher. Auch zu Versorgungsengpässen für die Bevölkerung kommt es vorderhand nicht. Einzig frischer Fisch aus Island und Vietnam sowie grüne Spargeln könnten knapp werden. Viele Früchte und Gemüse kommen per See- und Landweg in die Schweiz, hiess es bei den beiden Grossverteilern Coop und Migros. Betroffen vom Flugverbot sind internationale Postsendungen.
Rega einsatzfähig
Für die Rega machte sich die Verlegung zweier Flugzeuge nach Brindisi in Italien am Montag erstmals bezahlt. Dadurch konnte ein Ambulanzjet zwei schwer verletzte Kinder vom norwegischen Bergen in eine Spezialklinik nach Boston an die US-Ostküste fliegen. Die Rega verfügt derzeit über das einzige Flugzeug in Europa, das einen solchen Transport durchführen kann. Die Situation im internationalen Verkehr hat sich nach Angaben der SBB am Montag etwas beruhigt. Für Reisen ins Ausland empfiehlt die SBB weiterhin Reservationen. Um den Andrang zu bewältigen, verstärkte die SBB ihre internationalen Züge in Richtung Frankreich und Deutschland mit zusätzlichen Kompositionen oder Wagen.
Schweizer Cars schwärmten aus
Das Flugverbot bescherte auch den Schweizer Carunternehmen zusätzliche Kunden. Alsa+Eggmann schickte seit Freitag 20 zusätzliche Busse für Hin- und Rückfahrten auf die Strasse. Marti Reisen nahm rund 700 zusätzliche Reservationen für Rückreisen aus Spanien entgegen und mobilisierte 10 Zusatzbusse. Der TCS schickte für Inhaber des ETI-Schutzbriefes zwölf Reisebusse in verschiedene europäische Städte. Bis am Montagnachmittag wurden 400 Personen aus europäischen Städten in die Schweiz zurückgebracht. Auch grosse Schweizer Reiseveranstalter starteten Rückholaktionen. (awp/mc/ps/30)