Telecom Italia will Ruder bis 2012 herumreissen
Stattdessen will das Unternehmen noch stärker sparen und Investitionen noch sorgfältiger auswählen. Seine Hoffnungen setzt Bernabe auf den Heimatmarkt und den Wachstumsmotor des Konzerns: Brasilien. An der Börse wurden vor allem die geplanten weiteren Einsparungen mit einem Kurssprung belohnt. Am Vormittag stieg die Aktie an der Spitze des EuroSTOXX 50 um mehr als sechs Prozent.
«Grundlegende Veränderung»
«Wir brauchen eine grundlegende Veränderung», kündigte Bernabe am Dienstag vor Investoren in Mailand an. Wie andere europäische Telekomkonzerne leidet Telecom Italia vor allem auf dem Heimatmarkt unter dem Preisverfall im klassischen Sprachgeschäft und will künftig verstärkt auf Wachstumsfelder wie Internetdienste in Festnetz und Mobilfunk setzen. Damit setzt Bernabe auf die gleiche Strategie wie sein deutscher Kollege Rene Obermann. Der Telekom-Chef kündigte jüngst an, den Umsatzanteil von Dienstleistungen rund um das Internet in den nächsten Jahren verdoppeln zu wollen.
Umsatzrückgang im laufenden Jahr erwartet
Die Italiener wollen ihre Umsätze bis 2012 im Schnitt jährlich um etwa ein Prozent steigern. Der Gewinn vor Zinsen, Abschreibungen und Steuern (EBITDA) soll auf etwa 12 Milliarden Euro anwachsen. Für das laufende Jahr ist Bernabe hingegen pessimistischer. 2010 rechnet Telecom Italia immer noch mit einem Umsatzrückgang von zwei bis drei Prozent. Das EBITDA soll 2010 wie im vergangenen Jahr bei 11,3 Milliarden Euro liegen.
Kostenbremse bleibt angezogen
Noch schlanker will Bernabe seinen Konzern in Zukunft aufstellen. Dafür tritt er weiter auf die Kostenbremse: Ganze 2,7 Milliarden Euro sollen bis 2012 gespart werden. Der laufende Stellenabbau soll aber bis Ende 2010 abgeschlossen sein. Weltweit beschäftige Telecom Italia Ende 2009 etwas mehr als 70.000 Mitarbeiter, 60.000 davon Italien. In den vergangenen zwei Jahren wurden allein auf dem Heimatmarkt zehn Prozent der Arbeitsplätze abgebaut. Effizienz wird bei Telecom Italia künftig weiter gross geschrieben. Auch die Umstellung der Netze auf IT-Technik soll Kosten sparen.
Brasilien soll Rolle des Wachstumsmotors übernehmen
Dabei konzentrieren sich die Italiener auf ihre Kernmärkte. Brasilien soll weiter die Rolle des Wachstumsmotors übernehmen. Doch auch den Heimatmarkt, mit einem Umsatzanteil von 80 Prozent das wichtigste Segment, will Bernabe nicht aus den Augen verlieren. Hier will der Telecom-Italia-Chef den Umschwung schaffen und den Umsatzrückgang stoppen. Durch Handys und Tarife angelockte neue Mobilfunkkunden und Zusatzangebote im Festnetz sollen das Geld bringen. Weiteren Übernahmen in anderen Regionen erteilte Bernabe eine Absage, Randgeschäfte sollen verkauft werden. Die Schulden des Konzerns sollen bis Ende 2012 auf 28 Milliarden Euro (2009: 34,7 Mrd Euro) gesenkt werden. Ein höherer Cashflow und weniger Investitionen sollen ihr Übriges tun.
Im letzten Jahr 1,6 Mrd. Euro verdient
Eckdaten für 2009 hatte Telecom Italia bereits Ende Februar vorgelegt. Das Wachstums in Brasilien konnte den Rückgang auf dem Heimatmarkt im vergangenen Jahr nicht ausgleichen. Die Umsätze gingen um rund 6 Prozent auf 27,2 Milliarden Euro zurück. Unterm Strich verdiente der angeschlagene Telekomkonzern im vergangenen Jahr wegen höherer Steuern und Abschreibungen auf die inzwischen verkaufte deutsche Tochter Hansenet nur 1,6 Milliarden Euro. Das waren rund 600 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Wegen Geldwäsche-Untersuchungen bei der Kabeltochter Sparkle hatte Telecom Italia im Februar seine Bilanzvorlage auf April verschoben. 507 Millionen Euro wurden 2009 für einen möglichen Prozess zurückgestellt. Seinen Aktionären will der italienische Konzern trotzdem eine Dividende von 0,05 Euro zahlen. Ab dem kommenden Jahr will Bernabe aber eine «wachsende Dividendenpolitik» starten. (awp/mc/pg/15)