Avenir Suisse fordert Insolvenzverfahren für «Too Big To Fail»-Banken

Solche Finanzhäuser könnten Risiken eingehen, die sie ohne diesen faktischen Schutz nicht eingehen würden, schreibt Avenir Suisse in einer neuen Studie zur Lösung des so genannten «Too big to fail»-Problems, die am Mittwoch vor den Medien in Zürich präsentiert wurde. Der staatliche Schutz vor dem Untergang führe zu einer Anhäufung der Risiken im Finanzsystem, sagte Studienautor Boris Zürcher von Avenir Suisse. Dies mache das Finanzsystem unsicherer.


Selbstregulierung hat versagt
So sei bei UBS und Credit Suisse vor allem seit Mitte der 1990er Jahre trotz riskanterem Geschäftsmodell wie beispielsweise durch Einstieg ins Investmentbanking der Puffer in Form höherer Eigenmittel stets gesunken, sagte Zürcher: Die in der Schweiz hochgehaltene Selbstregulierung habe versagt.


SNB- und Finma-Regeln nicht ausreichend
Nun könne man das Problem indirekt angehen, indem man den Grossbanken höhere Eigenmittel, eine Verschuldungsobergrenze und schärfere Liquiditätsregeln vorschreibe – wie es die Schweizerische Nationalbank (SNB) oder die Finanzmarktaufsicht (Finma) wollten. Eigenmittelvorschriften könnte aber ähnliche Folgen haben wie Höchstgeschwindigkeiten im Strassenverkehr. «Wenn diese 120 Kilometer pro Stunde beträgt, werden sich die Banken an diese Geschwindigkeit halten.» Weniger schnell zu fahren, könne sich aber im Wettbewerb ungünstig auswirken.


Deutlich höhere Eigenmittel
Dabei gehe aber vergessen, dass die Geschwindigkeit den Strassenverhältnissen angepasst werden müsse, sagte Zürcher. In Krisenzeiten müssten also die Banken deutlich höhere Eigenmittel halten als das gesetzliche Minimum. Mindestvorschriften könnten auf den Finanzmärkten zu einem gefährlichen Herdenverhalten führen.


Auch Regulierung von Geschäftsmodellen mit Nachteilen
Auch die Regulierung von Geschäftsmodellen wie etwa ein Verbot des Eigenhandels habe Nachteile. Bei einer immer ausführlicheren Regulierung würden einerseits die Regulierungsbehörden immer stärker in die operationelle Verantwortung bei der Führung von Grossbanken geraten. Andererseits könnten Grossbanken dadurch eigene Fehlleistungen auf die Regulierung abschieben.


Insolvenzverfahren mit disziplinierender Wirkung?
Avenir Suisse plädiert deshalb für ein Insolvenzverfahren für systemrelevante Finanzmarktteilnehmer. Davon verspricht sich die Denkfabrik eine disziplinierende Wirkung für das Risikoverhalten der grossen Finanzinstitute. Zwar besitze die Schweiz ein modernes Insolvenzverfahren für Finanzintermediäre, das nur noch punktuell ergänzt werden müsste. «Ein Hauptproblem ist jedoch, dass dieses Insolvenzverfahren nicht angewendet wird», heisst es weiter.


Durch Zwangssanierung wieder solvent
Die Politik schwanke zwischen der Notwendigkeit, ein sicheres und zukunftsfähiges Finanzsystem zu schaffen, und dem Wunsch, einen global agierenden und wettbewerbsfähigen Finanzsektor zu erhalten, schreibt Avenir Suisse. Bei einem modernen Insolvenzverfahren würde der Staat beim Unterschreiten gewisser Schwellenwerte eingreifen und ein Sanierungsverfahren für die betroffene Grossbank einleiten. Die Aktionäre würden enteignet und die Gläubiger durch Umwandlung ihrer Forderungen in Eigenkapital an der Sanierung der Bank beteiligt. Das Management würde ersetzt oder entlassen. Durch eine Zwangssanierung könnte die Bank wieder solvent werden, ohne ihre Geschäftstätigkeit einstellen zu müssen. Zudem würden die Risiken und die Kosten für die Steuerzahler geringer ausfallen als bisher. (a wp/mc/pg/20)

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