Hacker-Gewerbe macht Milliardenumsatz in China
Mittels dieser Daten klingt sich der Hacker ein und verkauft die mühsam erspielten, virtuellen Güter auf Online-Börsen. Andere Spieler greifen hier tief in die Tasche, um die Nase vorn zu haben. 95 Prozent der Einnahmen von Hackern durch Trojaner-Attacken sollen aus den Online-Spielen stammen, schätzen chinesische Experten. Die Kontroverse um die ausgeklügelten Angriffe auf den amerikanischen Internetkonzern Google hat ein neues Schlaglicht auf die boomende Hacker-Industrie in China geworfen. Die Experten von Google vermuten die Urheber der Attacke in China, was die Regierung in Peking aber als unbewiesen zurückweist. Der Streit ist stark politisiert, weil Google als Konsequenz sein China-Geschäft auf den Prüfstand gestellt hat und sich in Zukunft in China nicht mehr wie bisher selbst zensieren will – selbst wenn das die Schliessung seiner chinesischen Suchmaschine bedeuten sollte.
«Wie breche ich ins Netzwerk der Schule ein?»
Die chinesische Propaganda lässt daher nichts unversucht, um zu demonstrieren, wie hart in China gegen Cyberverbrechen durchgegriffen wird. Dazu zählte auch die Nachricht von der Schliessung der angeblich «grössten Trainingswebseite für Hacker». Die Enthüllung des «Black Hawk Safety Net» entpuppte sich aber als aufgeblasene, alte Nachricht vom Jahreswechsel, die nach dem Google-Streits jetzt noch einmal aufgewärmt wurde. Andere Webseiten bieten ausserdem weiter unbehelligt ähnliche Dienste und Spionageprogramme an. «Wie breche ich ins Netzwerk der Schule ein», wird da unter anderem angeboten.
Grosse «Grauzonen»
Fliessend sind die Grenzen zwischen Schutz vor Hacker-Angriffen und der Nutzung des Wissens, um sich in andere Computer einzuschleichen. Wer einmal die Sicherheitslücken kennt, kann diese Erkenntnisse leicht für eigene Hack-Attacken einsetzen. Es gibt grosse «Grauzonen», wie die amtlichen Medien zugeben. Hacker-Training ist in China fast eine Industrie geworden. Die Verantwortlichen geben sich unschuldig. Das Training wird mit Fahrschulen oder Kungfu-Unterricht verglichen. Fahrlehrer brächten Studenten ja auch nur das Fahren bei. Ob sie später sicher das Auto steuerten oder jemanden durch einen Unfall töteten, könnten sie nicht sicherstellen. Oder eben Kungfu: Diese Künste könnten ja sowohl zur Selbstverteidigung als auch zum Angriff genutzt werden, heisst es.
Weltweit grösste Online-Gemeinde
Doch kein Zweifel, mit Trojanern und speziellen Programmen oder anderen Hilfen lässt sich viel Geld machen. Wie in Teilen Osteuropas und Russlands ist Hacken in China weit verbreitet. Immerhin zählt die Volksrepublik mit 380 Millionen Nutzern die weltweit grösste Online-Gemeinde. «Es gibt einen grossen Untergrund-Markt, und grosse Einnahmen stammen aus dem Verkauf von Konten und virtuellen Gütern von ausspionierten Computern», sagte Zhang Yumu, Vizepräsident der grossen chinesischen Anti-Virus-Firma Rising, der «China Daily». Neben den Hackern, die Online-Spiele abzocken, gibt es aber noch jene, die Bank- und Kreditkarten-Daten ausspionieren oder einfach ihr Können beweisen wollen. Oft bieten sie Unternehmen ihre Kunstfertigkeit an.
Chinesischer Staat in Hackerangriffe verstrickt
Die USA sind überzeugt, dass Hacker auch im Dienste staatlicher Stellen und des chinesischen Militärs stehen. «Eine grosse Menge an Indizien und kriminaltechnischen Beweisen weisen deutlich auf eine staatliche Verwicklung in solche Aktivitäten hin – entweder durch direktes staatliches Handeln oder durch andere Gruppen, die vom Staat unterstützt werden», hiess es in einem Kongressbericht. Spuren der Hacker hätten es US-Ermittlern manchmal ermöglicht, «die chinesische Regierung direkt oder manchmal sogar spezielle Teile der Regierung wie die Volksbefreiungsarmee damit in Verbindung zu bringen». (awp/mc/ps/22)