Dürrenmatt als Karikaturist
Dank zahlreicher Neuerwerbungen erfährt unter anderen Dürrenmatts Lieblingsthema, die Kritiker, eine amüsante Bereicherung und wird mittels Fotographien sowie Schriftdokumenten kontextualisiert. Häufig anlässlich der Premierefeiern in der legendären Zürcher Kronenhalle spontan dahingezeichnet, offenbaren die Karikaturen den gekonnten Strich und den spitzen Humor des Zeichners.
Als «eine Laune, Fingerübungen», zu denen ihn sein «Humor verführte», bezeichnet Friedrich Dürrenmatt seine Karikaturen. Bereits während der Gymnasialzeit bot der Deutschunterricht genügend Nahrung; es entstanden die ersten Zeichnungen zu Goethes Faust sowie 1940 ein siebenteiliger Zyklus, in welchem Dürrenmatt das Thema vertieft und pointiert abhandelte. Die Zeichnungen wurden häufig in Lokalen spontan dahingekritzelt. So schwirrt auf einer Weinkarte des Berner Klötzlikellers Dürrenmatts Geist bildlich über seine Kollegen hinweg (Tuschzeichnung «Wir in 50 Jahren»). In den 50er und 60er Jahren wurde die berühmte Zürcher Kronenhalle Dürrenmatts bevorzugter Aufenthaltsort. Wo sich Künstler, Literaten und Musiker trafen, wo die Premierefeiern des Zürcher Schauspielhauses begangen wurden, kehrte Dürrenmatt, wie er sagte, heim und nicht ein.
Während einer solchen Premierefeier entstanden die Karikaturen zum Meteor (Uraufführung am 20.01.1966). In der Komödie um den Nobelpreisträger Wolfgang Schwitter, der sterben will und nicht sterben kann, spielte Leonard Steckel die Hauptrolle, dessen darstellerische Intensität Dürrenmatt zeichnerisch festhält. Den Misserfolg der Komödie »Herkules und der Stall des Augias« verarbeitet der Autor in einer Serie von Karikaturen, die das Centre Dürrenmatt neu erworben hat und in dieser Ausstellung erstmals zeigt. Indem es nun die Kritiker sind, die sich auf Herkules stürzen, variiert Dürrenmatt die literarische Vorlage.
Das Thema der Literaturkritik bleibt über längere Zeit sein humoristisches Lieblingsmotiv. Zwischen 1963 und 1965 arbeitete er an der Serie »Künstler und Kritiker«, zu der er schreibt: »In dieser Serie habe ich unter anderem zwei Kriege zwischen Kritikern und Schriftstellern gezeichnet, den zweiten mit der Anspielung auf die Schlacht von Sempach, die in der Schweizer Geschichte eine grosse Rolle spielt. Mehr darin zu sehen als ein Vergnügen, hin und wieder mit der Feder zeichnerisch zu flunkern als immer schriftstellerisch, und gar eine Philosophie daraus zu machen, wäre falsch.«
Dass Dürrenmatt dieses geistreiches «Flunkern» meisterhaft zu Papier bringen konnte, lässt sich anhand der im Centre Dürrenmatt ausgestellten Werke auf amüsante und informative Weise nachverfolgen. (cd/mc/th)