Deutsche Institute heben BIP-Prognose an
Auch die Inlandsnachfrage dürfte nur «sehr langsam anziehen». Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im kommenden Jahr um 1,2 Prozent wachsen. Im Frühjahrsgutachten waren die Institute noch von einem Rückgang von 0,5 Prozent ausgegangen.
2009: BIP-Rückgang von 5,0 Prozent erwartet
Für das laufende Jahr erwarten die Institute nun einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 5,0 Prozent. Im Frühjahrsgutachten hatten sie noch minus 6,0 Prozent erwartet. Die Konjunktur in Deutschland habe sich im Sommer stabilisiert, wenn auch auf deutlich reduziertem Niveau. Die Stabilisierung sei wesentlich auf die massiven wirtschaftspolitischen Interventionen seit Herbst 2008 zurückzuführen. Zudem mehrten sich die Anzeichen, dass sich die von der weltweiten Rezession besonders getroffene deutsche Exportwirtschaft erhole. Da die Aussichten für die Industrieländer aber gedämpft blieben, sei auch kein starkes exportgetriebenes Wachstum zu erwarten.
Verschlechterung am Arbeitsmarkt
Gestützt habe die Konjunktur der relativ robuste Arbeitsmarkt, der durch die Kurzarbeiterregelung stabilisiert worden sei. Im kommenden Jahr erwarten die Institute jedoch eine Verschlechterung der Lage am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote dürfte von 8,0 Prozent im laufenden Jahr auf 9,4 Prozent im Jahr 2010 steigen. Der Preisdruck bleibt unterdessen gering. Auch im kommenden Jahr erwarten die Institute nur eine verhaltene Inflationsrate in Deutschland. Diese dürfte von 0,3 Prozent 2009 auf lediglich 0,6 Prozent im kommenden Jahr ansteigen. Die EZB strebt für die Eurozone insgesamt eine Inflationsrate von nahe bei, aber unter zwei Prozent an.
Einfache Rückkehr für die EZB zur Normalität?
Die Wirtschaftspolitik sollte nach Einschätzung der Institute bereits jetzt einen Ausstieg aus der extrem expansiven Politik vorbereiten. Damit sollten negative Effekte für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vorgebeugt werden, heisst es in dem Gutachten. Dabei sei es für die Geldpolitik einfacher als für die Finanzpolitik. «Im Prinzip ist es für die Europäische Zentralbank (EZB) relativ leicht, zur Normalität zurückzukehren, den sie muss lediglich die expansiven Massnahmen auslaufen lassen und die geschaffene Liquidität wieder abschöpfen», schreiben die Institute. Die Korrektur könne gegebenenfalls auch zügig geschehen.
Unveränderte Leitzinsen erwartet
Bis Ende 2010 dürfte die EZB jedoch ihren Leitzins nach Einschätzung der Institute auf seinem aktuell niedrigen Niveau von 1,0 Prozent belassen. Eine weitere Zinssenkung sei vor dem Hintergrund der Äusserungen von EZB-Ratsmitgliedern unwahrscheinlich. Angesichts der sehr verhaltenen Inflationsentwicklung sei aber auch kein Anstieg zu erwarten. Ab Mitte des kommenden Jahres dürfte sie jedoch ihre Liquiditätsversorgung etwas zurückführen, wodurch die Geldmarktzinsen wohl leicht anziehen dürften.
Ausstieg aus expansiver Finanzpolitik
Der Ausstieg aus der expansiven Finanzpolitik sei ungleich langwieriger, heisst es in den Gutachten. Das hohe strukturelle Budgetdefizit müsse jedoch deutlich vermindert werden, um die Schuldenquote zu verringern und die öffentlichen Finanzen auf eine tragfähige Basis zu stellen. Der Abbau des strukturellen Defizits solle bereits im Jahr 2011 beginnen. Die Institute empfehlen der Bundesregierung eine Verminderung der Ausgaben und eine Rücknahme von Steuervergünstigungen. Nur so würden Wachstum und Beschäftigung nicht gefährdet. «Eine grössere Belastung mit Steuern und Sozialabgaben würde die Arbeitskosten erhöhen und die Arbeitsnachfrage dämpfen.» Dies wäre mittelfristig kontraproduktiv.
Absage an Steuersenkungen
Die Institute warnen jedoch vor Steuersenken wie sie derzeit in den Regierungsverhandlungen diskutiert werden. Diese würden sich als sehr teuer erweisen, wenn sie durch Kredite finanziert würden. Das Finanzierungsdefizit des Staates dürfte im laufenden Jahr von 3,2 Prozent auf 5,2 Prozent steigen. (awp/mc/ps/14)