Samih Sawiris, CEO Orascom Development AG

Von Radovan Milanovic


Moneycab: Im ersten Halbjahr stiegen sowohl der Brutto- als auch der Nettoertrag der Gruppe um 17%, verglichen mit der Vorjahresperiode. Bei einem Umsatz von CHF 278,1 Mio. CHF erwirtschafteten Sie einen Nettogewinn von CHF 86 Mio., nach Steuern von CHF 59,7 Mio. Beeindruckend ist Steigerung des Immobilien- und Bauertrages um 57% auf CHF 127.0 Mio. in Anbetracht des rezessiven Umfeldes. Wie erklären Sie sich dieses gute Resultat?


Samih Sawiris: Unsere Gesellschaft entwickelt und realisiert regelmässig neue Projekte. Diese kommen gestaffelt zur Reife. Durch diese Staffelung entstehen neue Umsatzquellen und somit neue Erträge. Immobilien, deren Erträge in der Rechnung aufscheinen, wurden schon vor der Krise verkauft, während deren Fertigstellung und Übergabe während der Krise stattfanden.


Leider hatten bis vor kurzem einzelne Analysten unser Geschäftsmodell noch nicht richtig verstanden und falsche Schlüsse aufgrund der Finanzkrise gezogen. Weil wir im Immobilienbereich tätig sind, wurden unsere Investments als riskant eingestuft. Unsere Geschäfte aber sind abgesichert ? wir bauen grundsätzlich nur Wohnungen und Häuser, die ab Plan verkauft sind. Zudem verfügen wir über sehr hohe Cashreserven, damit wir auch in Krisenzeiten solide und stark weiter wachsen können. 


Per Ende 2008 hatte Ihre Holding Landreserven von 127 Mio. m2. Inzwischen sind diese auf über 134 Mio. m2 angewachsen. Sie halten Ihre Immobilien nach dem Niedrigstwertprinzip und nicht nach dem Verkehrswert in Ihrer Bilanz. Können Sie uns die Vorgehensweise der Bilanzierung dieser Posten erklären?


Wir kaufen Land, um es zu entwickeln. Erst wenn die Objekte verkauft und erstellt sind, also wir den eigentlichen Mehrwert erschaffen haben, erscheint er in den Büchern. So werden wir demnächst Verkehrswert-Bewertungen für El Gouna und Taba vornehmen. In ein bis zwei Jahren wird das mit unseren Projekten in Oman stattfinden. Bis heute haben wir keine Bewertungen unserer Landreserven vorgenommen. Sie figurieren nicht in unserer Bilanz. Ich halte fest: Eine Neu-Bewertung eines Grundstückes, ohne es entwickelt zu haben, ist unseriös und spekulativ. Dies ist nicht in unserem Sinne. Erst eine echte Wertschöpfung durch den Verkauf von Immobilien repräsentiert einen Mehrwert. 


Auch aufgrund von Sondersituationen bei Jebel Sifah in Muscat und Salalah Beach in Oman brach der Verkauf von Tourismusanlangen ein. Sehen Sie weiterhin intakte Chancen für Ihre Tourismusprojekte in den Golfstaaten? Dürften die Auswirkungen des Immobilienkollapses und dem Einbruch des Tourismus in Dubai nicht auch auf die benachbarten Golfstaaten übergreifen?


Wir haben die Möglichkeit, die Entwicklung der beiden von Ihnen genannten Destinationen weiterzutreiben, finanziert durch laufende Verkäufe aus anderen Destinationen. In den nächsten zwei Jahren dürften wir sie finanziert haben. Dann werden diese neuen Objekte fertiggestellt sein und deren Verkauf wird zu laufen beginnen.


Wir erwarten keinen Dominoeffekt von Dubai aus auf unsere Projekte. Wir sind bewusst nie in Dubai aktiv gewesen und unsere Projekte sind anders finanziert. Dass dort eines Tages eine Immobilienkrise eintritt, war vorauszusehen. Einzig der Zeitpunkt des Eintretens war die grosse Unbekannte. Krisen finden ja etwa alle sechs bis sieben Jahre statt. Dies kalkulieren wir grundsätzlich mit ein. Anders gesagt, wir rechnen immer damit, dass während der Entwicklung eines Projektes eine Krise ausbrechen kann. Unsere Projekte sind sehr langfristig angelegt. Als Beispiel El Gouna: Es wäre verwegen anzunehmen, dass in 20 Jahren der Projektlaufzeit keine Krise stattfindet. 



«Krisen finden ja etwa alle sechs bis sieben Jahre statt. Dies kalkulieren wir grundsätzlich mit ein. Anders gesagt, wir rechnen immer damit, dass während der Entwicklung eines Projektes eine Krise ausbrechen kann.»
Samih Sawiris, CEO Orascom Development Holding AG



Erstaunlich ist, dass Orascom Holding von einem nahezu unveränderten Hotelumsatz von CHF 81,1 Mio., verglichen mit der Vorjahresperiode von CHF 82,1 Mio. berichtet. Nicht erfreulich war die Belegungsrate von 64%, verglichen mit 84% bei 31 Hotels in Ägypten und den Vereinigten Emiraten. Wie erklären Sie nahezu gleichbleibende Erträge bei massiv tieferer Auslastung?


Die Zahl der Zimmer ist weiter gestiegen. Das grosse Plus brachte uns die Immobiliensparte, die dazu führt, dass wir 2009 mehr verdienen als 2008. Die Krise hat sich einerseits negativ auf die Hotelsparte ausgewirkt, während sich anderseits die Immobiliensparte sehr erfreulich entwickelt. In Wirtschafts-Zyklen weisen die beiden Geschäftsparten ein unterschiedliches Timing auf. Die Diversifikation unserer Aktivitäten macht uns resistenter gegen die Krise. 


Orascom Development Holding AG plant, das Projekt in Andermatt im Winter 2013/14 zu eröffnen. Jetzt, nach der Grundsteinlegung am 26. September 2009, können Sie konkreter disponieren. Was sind die nächsten Schritte der Realisierung des Projektes? Haben sich die Kosten seit der ursprünglichen Planung verändert?


Ja, im positiven. Wir profitieren von günstigeren Preisen und optimaleren Kapazitäten im Baugewerbe. In dieser Hinsicht kommt uns die Krise entgegen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Für Oman haben wir in der Vorkalkulation eine mittelhohe Kostenentwicklung für 2009 angenommen. Effektiv ist sie nun viel tiefer. Entsprechend kommt uns die Ausführung des Projektes einiges günstiger ? dies dank der Krise.


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Hat die Rezession dazu geführt, dass Sie Abstriche beim Projekt Andermatt zu den ursprünglichen Plänen machen? Oder verschieben Sie Teile in die Zukunft?


Weder noch. Wir hatten ja nie vor, das ganze Projekt in einem Zug zu vollenden. Wir bauen grundsätzlich Ferienwohnungen erst wenn sie verkauft sind. Und der Verkauf hat noch nicht begonnen. Erst wenn wir mit den Projekten an den Markt gehen, wird sich weisen, wie schnell wir realisieren werden. Dank unserer starken Eigenkapitalbasis wird es aus heutiger Sicht kaum zu Abstrichen kommen. 


Die anvisierten kaufkraftstarken Gäste für das Tourismusresort in Andermatt aus Norditalien, Deutschland, den skandinavischen Ländern, den Benelux-Staaten, England und den USA fehlen zur Zeit in der Schweiz als Feriengäste. Wie begegnen sie diesem Umstand? 


Im Immobilien-Sektor sieht es anders aus: Seit der Krise hat die Schweiz als Standort für Immobilien stark an Attraktivität gewonnen. Waren bis vor kurzem noch Dubai, Spanien oder andere Länder attraktiv, ist es heute die Schweiz. Denn heute ist nicht mehr die Rendite das wichtigste Kriterium sondern Sicherheit. Deshalb sind ja auch die Immobilienpreise in der Schweiz mehrheitlich stabil geblieben.



«Seit der Krise hat die Schweiz als Standort für Immobilien stark an Attraktivität gewonnen. Waren bis vor kurzem noch Dubai, Spanien oder andere Länder attraktiv, ist es heute die Schweiz.»
Samih Sawiris, CEO Orascom Development Holding AG


Mitte September gaben Sie ein Joint Venture mit Imerys bekannt, um eine integrierte Ökostadt auf einer Fläche von 6,82 Millionen m2 in Cornwall, England, zu entwickeln. Das Projekt soll preiswerten Wohnraum, aber auch hochklassige Wohneinheiten sowie Freizeit- und Erholungsanlagen mit Hotel und Hafen umfassen. Von welchem Investitionsumfang sprechen wir bei diesem Projekt? Wie finanzieren Sie diesen Investitionsbedarf?


Wir sind dabei, ein detailliertes Budget zu erstellen. Allerdings braucht es nicht sehr grosse Vorleistungen unserseits, da die die öffentliche Hand für einen grossen Teil der Kosten aufkommt.


Während andere Unternehmen unter Finanzierungsproblemen oder gar dem Credit Crunch leiden, nehmen Sie ein Projekt nach dem andern in Angriff. Wie finanzieren Sie Ihre Projekte bis zum mutmasslichen Zeitpunkt des Verkaufs der Anlagen?


Das für die Entwicklung neuer Projekten notwendige Kapital beschaffen wir in der Regel durch AK-Erhöhungen oder durch den Cash-Flow ? also durch Eigenfinanzierung. Ferienwohnung und Ferienhäuser bauen wir grundsätzlich erst, wenn sie  – ab Plan ?verkauft sind.


Nach der Emission der ODH Aktie bei CHF 152,00 stieg diese auf CHF 173,41 um dann bis auf CHF 24,48 am 20.02.2008 einzubrechen. In der Zwischenzeit notiert die Aktie um CHF 98,00. Innert sieben Monaten hat der Aktienkurs also um rund 300% zugelegt. Haben Sie als Investor von der günstigen Kaufgelegenheit profitiert und oder sind potente Investoren oder Investorengruppen auf der Jagd nach Substanzwerten gewesen?


Wiederkehrend, Quartal nach Quartal, konnten wir die Investoren aufgrund unserer Ergebnisse überzeugen, dass wir keine Illusionen verkaufen, sondern reale Werte schaffen. Somit sind auch die kritischsten Analysten nicht mehr in der Lage, die Aktie unter dem fairen Kurs zu bewerten. Der Markt hat jetzt erkannt, dass uns die Krise nichts anhaben kann und somit der aktuelle Aktienkurs unverhältnismässig tief ist.


Ich persönlich habe Aktien gekauft, um den Kurszerfall bei ca. CHF 24,00 aufzuhalten, als niemand mehr Aktien erwerben wollte. Denn ich wollte nicht, dass verkaufswillige Aktionäre keine Möglichkeit hatten, ihre Aktien zu verkaufen. Als dann der Kurs wieder auf CHF 30,00 bis 35,00 gestiegen war, beendete ich meine Käufe.


Nach der Grundsteinlegung in Andermatt dürfte Ihr Projekt noch bekannter werden. Mit der Konkretisierung des Projektes dürfte auch das Vertrauen in die Investition wachsen. Zudem sollten Sie ? im Hinblick auf eine kommende Inflation ? von der Flucht in Sachwerte, insbesondere Immobilien profitieren können. Treffen diese Annahmen Ihre Erwartungen?


Ich denke schon. Je visibler das Projekt Andermatt wird, desto eher werden Investoren die Aktien kaufen. Trotzdem: Immer noch kennen viele potenzielle Investoren unser Geschäftsmodell nicht. Was nicht erstaunt, denn unsere Tätigkeit ? Entwicklung von Städten –  ist in der Schweiz weitgehend unbekannt. Ich unternehme aber viel, um unser Geschäftsmodell zu erklären. Wer es versteht und dann erst noch sieht, wieviel Gewinn wir erwirtschaften, erkennt die tiefe Bewertung der Aktie. Wir sind gesund finanziert. Und wenn die Zentralbanken in den kommenden Jahren die Zinsen erhöhen um die Inflation zu bekämpfen, dürfte die Flucht in Sachwerte beginnen. Entsprechend dürften die Immobilienpreise steigen. Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil dürften allerdings dann mit der Zinsenlast zu kämpfen haben ? was bei uns nicht der Fall ist.


Welcher Kurs ist nach Ihren Meinungen der faire Wert der ODH-Aktie?


Ich habe immer gesagt, dass ich den damaligen Ausgabepreis von CHF 152,00 als fair erachte. In der Zwischenzeit haben wir zwei neue Projekte realisiert und in der Schweiz die Baugenehmigung für Teilprojekte erhalten. Ziehen wir diese zusätzlichen wertsteigernden Komponenten in Betracht, sind CHF 152,00 erst recht ein fairer Preis.nbsp;


Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg bei Ihren Projekten.





Der Gesprächspartner:
Samih Sawiris wurde am 28. Januar 1957 als zweites von drei Kindern einer christlichen Unternehmerfamilie in Kairo geboren. Er besuchte dort die Deutsche Schule, 1980 schloss er sein Studium an der Technischen Universität Berlin als Diplom-Wirtschaftsingenieur ab. 1989 legte Samih Sawiris mit der Entwicklung des Ferienresorts El Gouna am Roten Meer den Grundstein für die heutige OHD.
Samih Sawiris ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Er wohnt in Kairo.
Samih Sawiris ist Chairman (Verwaltungsratspräsident) der «Orascom Hotels & Development» (OHD) mit Sitz in Kairo. OHD entwickelt, baut und betreibt Tourismus-Resorts. Das Unternehmen ist an der Kairoer Börse gelistet (ORHD EY).


Das Unternehmen:
Orascom Development Holding AG (ODH) ist ein führender integrierter Städteentwickler in Ägypten und im Mittleren Osten mit mehr als 18 Jahren Erfahrung. Die Gruppe entwickelt gesamte Städte, die Hotels, Privatvillen, Wohnungen, Freizeiteinrichtungen wie etwa Golfplätze und Yachthäfen, aber auch die erforderliche Infrastruktur, umfassen. Das Unternehmen hat sich umfangreiche Landreserven in noch schwach entwickelten, aber gleichzeitig attraktiven Regionen gesichert oder ist dabei sie sich zu sichern. Wir haben eine attraktive Projekt-Pipeline in Ägypten, Jordanien, Marokko, dem Oman, Schweiz und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die ein grosses Geschäftspotential haben. Das qualitativ hochwertige Portfolio, kombiniert mit einem bewährten Geschäftsmodell bietet mittel- bis langfristige, strategische Entwicklungsmöglichkeiten. Momentan betreibt ODH drei erfolgreiche Städte – El Gouna und Taba Heights sowie The Cove – mit 21 Hotels und rund 5?000 Zimmern, kontrolliert Landreserven von rund 127 Mio. m2 und beschäftigt rund 18?000 Mitarbeitende. Die Aktien der OD Holding sind an der SIX kotiert.
Nach der Abwicklung des Angebotes beabsichtigt die OD Holding, eine Primärkotiertung an der SIX durchzuführen.

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