Magna will bei Opel in Deutschland 4’000 Stellen streichen

Seit längerem ist bekannt, dass Magna neben etwa 3.000 Jobs in der Produktion auch Arbeitsplätze in der Verwaltung streichen will. Die Zahl für den Verwaltungsbereich war bisher aber offen. Ein Magna- Sprecher sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» (FAS), in Europa würden 10.500 Stellen abgebaut, davon 4.000 in Deutschland. Der Europa-Chef des bisherigen Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM), Carl-Peter Forster, sagte zum angepeilten Stellenabbau, dies seien die Zahlen, die im Magna-Konzept genannt würden. «Wir fragen uns derzeit eher, ob wir die Grösse der Werke reduzieren oder mehr Fabriken schliessen», sagte er der «Welt am Sonntag». Das Werk in Bochum sei aber «absolut sicher». Dies sei ein sehr wichtiges Werk.


Magna hat selbst Probleme
Der kanadisch-österreichische Zulieferer Magna, der zusammen mit russischen Partnern bei Opel einsteigen will, hat selbst erhebliche Probleme. Opel beschäftigt an den vier deutschen Standorten mehr als 25.000 Mitarbeiter. Magna wurde auch wegen der Arbeitsplatz-Pläne von Bund und Ländern favorisiert. Der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber forderte in der «Bild am Sonntag» die Einhaltung der Jobzusagen: «Magna muss jetzt seine Seriosität unter Beweis stellen.»


Koch: Abbau ohne betriebsbedingte Kündigungen
Laut Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war allen Beteiligten – auch Arbeitnehmervertretern – seit dem Frühjahr bekannt, dass sich der von Magna genannte Stellenabbau nur auf die Produktion beziehe. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte der «FAS», der Abbau werde an der Zentrale in Rüsselsheim nicht spurlos vorübergehen – aber in überschaubarem Rahmen und ganz sicher ohne betriebsbedingte Kündigungen.


EU-Kommission könnte Segen verwehren
In anderen EU-Staaten mit Opel-Standorten wurde bereits Unmut über das Vorgehen der Bundesregierung laut. Nach Angaben des «Spiegel» ist zu befürchten, dass Länder wie Grossbritannien, Belgien oder Polen Beschwerde gegen die deutschen Beihilfen einlegen. Die EU-Kommission habe zudem bei der Prüfung von Unterlagen ein Detail entdeckt, das die Genehmigung gefährden könnte. Danach arbeite das bedrohte Werk in Antwerpen wirtschaftlicher als das in Bochum, das erhalten bleiben soll. Eine solche betriebswirtschaftlich unsinnige Entscheidung sei nach EU-Recht untersagt, wenn der Staat mit Bürgschaften hilft.


Merkel verteidigt Hilfe
Merkel sagte der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag), es sei richtig, dass die Garantien, die von Bund und Ländern gegeben werden sollen und an denen sich weitere europäische Staaten beteiligen werden, von Brüssel genehmigt werden müssten. «Eine beihilferechtliche Genehmigung des «Kredit- und Bürgschaftsprogramms», in dessen Rahmen sich die Massnahmen bewegen sollen, ist von der Kommission allerdings schon gegeben worden.» SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte der Zeitschrift «Super Illu», über die 4,5 Milliarden Euro hinaus werde es keine zusätzlichen staatlichen Finanzspritzen geben.


Noch eltiche Hürden ausstehend
Der US-Konzern General Motors will 55 Prozent der Opel-Anteile an Magna/Sberbank verkaufen und 35 Prozent behalten. 10 Prozent können die Mitarbeiter erwerben. Es sind aber noch etliche Hürden zu nehmen. IG-Metall-Chef Huber verlangt von GM, dass die Sperre für wichtige Absatzmärkte für Opel möglichst bald aufgehoben wird. Die Grünen- Spitzenkandidatin Renate Künast hält ein Scheitern des Geschäfts weiterhin für möglich. Sie sagte der «Leipziger Volkszeitung»: «Noch ist der Deal nicht in trockenen Tüchern.»


«Opel ist wettbewerbsfähig»
Die Arbeitnehmer wollen bei Einschnitten nur mitziehen, wenn sie mehr Einfluss erhalten. Verlangt werde ein Vetorecht bei Stellenabbau, Produktionsverlagerungen oder Schliessungen, sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel der «Welt am Sonntag». Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz kündigte im Deutschlandradio Widerstand gegen eine mögliche Schliessung des Werkes Antwerpen an. Nach Auffassung des Auto-Experten Ferdinand Dudenhöffer ist Opel wettbewerbsfähig. Er widersprach damit dem Opel-Treuhand-Vertreter und Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer. Mit dem Insignia zeige Opel die Fähigkeit, sehr wettbewerbsfähige Fahrzeuge zu bauen, sagte Dudenhöffer. Das untermauerten zudem die Verkaufszahlen der Mittelklasse-Fahrzeuge im wichtigsten und härtesten Markt für Mittelklasse-Fahrzeuge in Europa, nämlich Deutschland.


Irritation über Verwendung des Opel-Kredits
Magna will nach Darstellung des FDP-Politikers Dirk Pfeil einen erheblichen Anteil des deutschen Staatskredits für Opel in Russland ausgeben. «Von den 4,5 Milliarden Euro sollen nach dem Magna-Konzept über 600 Millionen Euro zur Modernisierung der russischen Automobilindustrie eingesetzt werden», sagte Pfeil der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag). Er sorgte damit für Widerspruch der Landesregierung. Der Insolvenzverwalter und hessische FDP-Politiker Pfeil vertritt die Bundesländer im Opel-Treuhandbeirat.


Bundesregierung weist Vorwürfe als nicht korrekt zurück
Der Staatssekretär im hessischen Finanzministerium und Mitglied der Opel Taskforce der Bundesregierung, Thomas Schäfer, bezeichnete die Äusserungen Pfeils als nicht korrekt. «Die Vorwürfe irritieren mich ziemlich. Von den 4,5 Milliarden Euro Garantien werden keineswegs 600 Millionen nach Russland gehen. Den dortigen Investitionen von etwa 570 Millionen Euro stehen in Russland generierte Einnahmen von 400 Millionen Euro gegenüber», erklärte Schäfer. Über die Absicherung der restlichen 170 Millionen Euro gebe es noch Gespräche.


«Kein Technologietransfer nach Russland ohne GM-Einverständnis»
Falsch seien auch Pfeils Aussagen zum Technologietransfer nach Russland, sagte Schäfer. «In den Verträgen ist ausführlich und detailliert geregelt, dass eine Weitergabe von Opel-Technik nur nach ausdrücklicher Zustimmung von GM möglich ist.» Zu Opels geplantem Russland-Engagement hatte Pfeil erklärt: «Das bedeutet auf Sicht die Übertragung deutschen Fachwissens nach Russland und den späteren Abbau von Arbeitsplätzen bei uns.» Der Insolvenzverwalter hatte in der vergangenen Woche seine Stimme für den Verkauf an Magna verweigert. (awp/mc/ps/03)

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