Marc Bürki, CEO Swissquote
von Alexander Saheb
Die vergangene Finanzkrise verliert langsam ihre Omnipräsenz. Macht den Menschen der Aktienhandel wieder Spass?
Ja, eigentlich schon, obwohl der Spass nie richtig aufgehört hat. Ein Kunde sagte mir kürzlich «so eine Finanzkrise ist wie gute Wind-Konditionen für einen Segler ? macht mächtig Spass».
Welche Lehre haben Sie für sich persönlich gezogen?
«Too Big to fail» bedeutet nichts mehr. Auch die grössten Firmen können von einem Tag auf den anderen verschwinden.
Konnten Sie auf den bei Swissquote geführten Accounts von Privatpersonen Änderungen im Handelsverhalten verzeichnen?
Im Wesentlichen hat man sich vom Derivate-Handel ein wenig verabschiedet, aber nur kurzfristig, und nur weil die Volatilität die Produkte sehr teuer gestaltet hat. Grundsätzlich haben unsere Kunden dazu gelernt und sind breiter diversifiziert bei Märkten und Anlageklassen.
Sind jetzt bestimmte Produkte beliebter als vorher?
Obligationen, aber sehr wahrscheinlich auch nur kurzfristig, bis die Risikoprämie wieder kleiner geworden ist und sich die Zinssituation an den Märkten erholt.
Swissquote konnte im ersten Halbjahr Bilanzsumme und verwaltete Kundenvermögen deutlich ausbauen. Welche Ziele haben Sie für das laufende Jahr?
Wir haben klare Ziele: 25’000 zusätzliche Kunden und mindestens 1 Mrd. Franken Neugeld.
Sie bieten nun auch ein Sparkonto an. Warum haben Sie sich dazu entschlossen? Schliesslich müssen Sie die dort angelegten Gelder selber verwalten. Im derzeitigen Umfeld ist es wohl nicht einfach, die den Kunden zugesagten 1,8 Prozent Zinsen zu erzielen?
Unser Ziel ist, mit dem Spargeld eine Marge von 0,5% zu erwirtschaften. Wir können dies tun, indem wir die Gelder längerfristig anlegen, etwa in Bundesobligationen mit langer Laufzeit. Natürlich sind die Kunden an diese Laufzeiten nicht gebunden und können ihr Geld ohne Limiten ein- und auszahlen. Aber das Wachstum ist so gross, das wir diese Schwankungen ausgleichen können. Wir haben den Vorteil, gegenüber grösseren Instituten flexibler zu sein, und dies kommt dann schlussendlich dem Kunden zu gute.
» «Too Big to fail» bedeutet nichts mehr. Auch die grössten Firmen können von einem Tag auf den anderen verschwinden.»
Glauben Sie, dass die Schlankheit und Transparenz des Leistungsangebotes eines Onlinebrokers nun besonders anziehend für Anleger ist, die bisher noch an Beratungsleistungen von Vollbanken glaubten? Etwa ähnlich wie man nun ETFs den gemanagten Fonds vorzieht?
Das ist ein starker USP. Heute gilt das Motto «Klein aber Fein». Kunden wollen das Business Model verstehen und schätzen die Transparenz. Dennoch will man eine so komplette Dienstleistungspalette als möglich. Deshalb bauen wir diese auch ständig aus, wie etwa mit dem Gold- und Silberhandel.
Die Aktien von Swissquote selbst sind laut «Finanz und Wirtschaft» mit einem KGV für 2009 von 22 recht teuer. Wie wirkt das KGV auf Sie?
Die «Finanz und Wirtschaft» sagte aber auch «Die Investoren trauen dem Unternehmen noch einiges zu und das wohl zu Recht». Wir haben in der Tat Wachstumspläne, die wir konsequent umsetzen. Das KGV ist hoch, aber nur im Vergleich zu 2009, wo die Finanzkrise unseren Gewinn gedrosselt hat. Sobald sich die Situation normalisiert, werden wir wieder wachsen – nicht nur bei Kunden und Neugeld wie heute, sondern logischerweise auch bei Ertrag und Gewinn. Dies preisen die Investoren im Aktienpreis mit ein.
Der Gesprächspartner:
Marc Bürki, CEO der Swissquote Bank, wurde 1961 geboren. Er schloss sein Studium als Elektroingenieur 1987 an der ETH Lausanne (EPFL) ab. Bis 1990 war er als Telekommunikationsspezialist bei der European Space Agency (ESA) in Nordweijk (Holland) tätig. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern von Swissquote. Dort betreute er verschiedene Funktionen im Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung. 2002 wurde Marc Bürki zum CEO der Swissquote Bank ernannt.
Das Unternehmen:
Die Swissquote Gruppe ist führende Anbieterin von Online Trading Services in der Schweiz. Im ersten Halbjahr 2009 erreichte der Reingewinn 15,9 Mio. CHF. Die betreuten Kundenvermögen wuchsen auf 5,5 Mrd. Franken. Swissquote ist seit dem 29. Mai 2000 an der SIX Swiss Exchange (Symbol SQN) kotiert. Der Hauptsitz befindet sich in Gland (VD) und eine Niederlassung besteht in Zürich. Die Swissquote Group beschäftigt derzeit 227 Mitarbeiter.