Wer die Komplementärmedizin stärken will, muss Nein stimmen

Von Helmuth Fuchs*

Die meisten Schweizerinnen und Schweizer befürworten den Einsatz der Komplementärmedizin, meist als zusätzliche Unterstützung bei Heilungsprozessen, oder bei leichten Krankheiten, deren Verlauf gemildert werden soll. Das ist sinnvoll und in vielen Fällen auch nachweislich wirkungsvoll. Patienten, die solche Leistungen über die Versicherung abgedeckt haben wollten, konnten dies im Rahmen einer günstigen Zusatzversicherung problemlos tun.


Komplementärmedizin als Tätigkeitsfeld der Nicht-Schulmediziner
Die meisten Anbieter solcher komplementären Leistungen stammen aus dem nicht-ärtzlichen Segment. Exemplarisch kann die Geschichte der Homöopathie dienen. Viele Krankenschwestern, Hebammen oder Pflegefachleute, aber auch ausgebildete Homöopathen mit einer Zweitausbildung setzen homöopathische Mittel erfolgreich ein. Daran vermag auch die seit Beginn der Entwicklung der Homöopathie durch Samuel Hahnemann vor rund 200 Jahren andauernde Befehdung durch die Schulmediziner wenig zu ändern. Hier treffen zwei Welten mit völlig unterschiedlichen Philosophien und Werten aufeinander. Im Bereich der Komplementärmedizin kommen Mittel und Verfahren zum Einsatz, die über hunderte von Jahren ausserhalb der Schulmedizin entwickelt und weitergegeben wurden und diese in vielen Bereichen sinnvoll ergänzen können.


Der unmögliche Spagat zwischen zwei Welten
Für den Behandelnden stellt sich eine Grundsatzfrage, in welchem System er seine Leistungen erbringen will: Als Schulmediziner, oder als Komplementärmediziner (zum Beispiel Homöopath). Beides mit gleicher Glaubwürdigkeit geht nicht. Das ist, wie wenn ein Fussballfan sowohl den FC Basel als auch den FC Zürich bedingungslos unterstützen möchte. Genau das wird aber geschehen, wenn die Komplementärmedizin von Ärzten, und eben nur von diesen, innerhalb der Grundversicherung angeboten werden kann. Neben ihren an sich schon komplexen Tätigkeitsfeldern werden die Ärzte dann dankbar auch noch Homöopathie, traditionelle chinesische Medizin und alle anderen Behandlungsmethoden anbieten, welche von der Krankenversicherung bezahlt und von den Patienten gewünscht werden.


Anstieg der Kosten im Gesundheitswesen ist vorprogrammiert
Das Absurde an dieser Vorlage ist, dass gerade die Personen, die über Jahrhunderte die Komplementärmedizin gepflegt und entwickelt haben, von der Leistungserbringung ausgeschlossen sind und ihr Angebot nun von den Ärzten übernommen wird, die in der Vergangenheit nicht müde wurden, die Komplementärmedizin zu diskreditieren. Bei einer Annahme der Vorlage werden Ärzte die Möglichkeit zum Zusatzverdienst dankbar annehmen, die Kosten im Gesundheitssystem werden weiterhin ansteigen und die unabhängige Weiterentwicklung der Komplementärmedizin dürfte Geschichte sein. Den Patienten wird vorgegaukelt, dass die Komplementärmedizin bei den Schulmedizinern in den besten Händen ist. Sie müssen sich im Sinne eines «one stop shoppings» noch weniger Überlegungen zum Wert der eigenen Gesundheit und auf welche Weise sie diese erhalten möchten machen und haben so noch weniger Anreiz, sich auch finanziell möglichst effizient zu verhalten. Ein kurfristiger Sieg für die Ärzte-Lobby, ein nachhaltiger Schaden für die Komplementärmedizin und die Patienten.


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*Der Autor, CEO von Moneycab, ist ausgebildeter Homöopath, verheiratet mit einer seit 14 Jahren erfolgreich praktizierenden Homöopathin. Die Wirkung der Homöopathie konnte er bei vielen, teilweise schwierigen Krankheiten unter anderem bei den der drei eigenen Kindern beobachten (das Argument: «Nur wenn man daran glaubt, hilft es» fällt bei Kindern im Säuglingsalter weg). Zudem ist er dankbar für die fantastischen Leistungen der Schulmedizin und dedizierter Gegner eines ärztlichen «Bauchladen-Angebotes» in der Grundversicherung.

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