EU-Schluss: Mit Wall Street ins Minus gedreht – Finanzwerte schwach
Beim Londoner FTSE 100 standen Abschläge von 0,22 Prozent auf 4.425,54 Punkte zu Buche, in Paris büsste der CAC 40 0,54 Prozent auf 3.231,10 Punkte ein.
«Die Märkte sehen derzeit etwas überkauft aus» kommentierte Mike Lenhoff, Stratege bei Brewin Dolphin. «Nach dem zuletzt steilen Anstieg innerhalb kurzer Zeit ist eine Konsolidierung nötig.» Allerdings erscheine die Marktstimmung weiter sehr freundlich.
Im Finanzsektor waren ING Groep mit Verlusten von 7,14 Prozent auf 7,800 Euro Schlusslicht im EuroSTOXX 50. Societe Generale verbilligten sich um 3,89 Prozent auf 36,810 Euro, und Credit Agricole gaben 3,13 Prozent auf 11,150 Euro ab. An der Londoner Börse verloren Lloyds Banking Group satte 10,27 Prozent auf 89,125 Britische Pence. Barclays sanken um 6,45 Prozent auf 268,50 Pence.
Die Aktie von Enel sprang nach der Zahlenvorlage nur kurz an, schloss dann aber mit plus 2,67 Prozent auf 4,3200 Euro ungefähr auf dem vorherigen Kursniveau. Der italienische Versorger hatte im ersten Quartal den operativen Gewinn stärker gesteigert als von Experten erwartet und unter dem Strich fast doppelt so viel verdient wie vor einem Jahr. Dabei profitierte Enel allerdings auch von einem Einmaleffekt aus einer Finanztransaktion in Höhe von knapp einer Milliarde Euro. Ohne diesen Effekt wäre der Überschuss leicht gesunken.
Dagegen liess der Quartalsbericht EADS-Titel um 3,26 Prozent auf 10,975 Euro fallen. Die Flaute bei der Flugzeugtochter Airbus und die quälende Hängepartie beim Militärtransporter A400M hatten dem Luft- und Raumfahrtkonzern den Start ins Jahr verdorben. Der Gewinn brach im ersten Quartal unerwartet stark ein. Experten zeigten sich von den Zahlen enttäuscht. Iberia-Aktien legten trotz roter Zahlen zum Jahresauftakt um 0,69 Prozent auf 1,4500 Euro zu. Die spanische Fluggesellschaft will im laufenden Jahr den Verlust mit einem Krisenplan im Rahmen halten, der eine Kürzung des Flugangebots sowie die Senkung von Personalkosten, Ausgaben und Investitionen beinhaltet. Erst für das kommende Jahr rechnet Iberia wieder mit einem Gewinn. Letzteres komme nicht überraschend, sagten Analysten – es seien vor allem die vorsichtig optimistischen Aussagen des Unternehmens zur weiteren Entwicklung des Flugverkehrs, die die Aktie antrieben.
Papiere von Imperial Tobacco verbilligten sich indes um 3,98 Prozent auf 1.582,00 Pence. Der weltweit viertgrösste Zigarettenhersteller hatte für das erste Geschäftshalbjahr einen leicht höheren bereinigten Gewinnanstieg je Aktie ausgewiesen als erwartet und zudem eine im Vergleich zum Vorjahr etwas höhere Dividende versprochen. Analysten interpretierten allerdings Aussagen des Unternehmens, weiter 50 Prozent der Gewinne als Dividende ausschütten zu wollen, als Signal, dass die Zahlungen an die Aktionäre zeitweise gesenkt werden könnten. Als Grund führte Eileen Khoo von Morgan Stanley Restrukturierungsaufwendungen für die übernommene Altadis an. Imperial-Tobacco-Chef Gareth Davis widersprach dieser Deutung allerdings entschieden.
Die Aktien von Renault konnten ihre Gewinne nicht halten und schlossen 1,15 Prozent tiefer bei 24,600 Euro. Der Chef des französischen Autobauers, Carlos Ghosn, hatte gesagt, die Allianz von Renault und Nissan sei stark genug, um ohne weitere Partner bestehen zu können. Nissan hatte am Morgen einen Milliardenverlust gemeldet. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte der japanische Konzern wegen der Absatzkrise erstmals seit neun Jahren einen Nettoverlust eingefahren. Das Ergebnis fiel aber dennoch besser aus als zuvor erwartet.
Derweil profitierten in Mailand Fiat-Aktien von einer Hochstufung und gewannen 2,71 Prozent auf 7,5750 Euro. Morgan Stanley hob die Titel des Autobauers von «Underweight» auf «Overweight» und erhöhte das Kursziel von 2,60 auf 6,00 Euro. VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech sieht indes einem möglichen Bündnis von Fiat, Opel und Chrysler gelassen entgegen. Schon bei Volkswagen und Audi habe es etwa 15 Jahre gebraucht, aus den beiden Unternehmen einen integrierten Konzern zu schmieden, sagte Piech am Montagabend bei der Präsentation des neuen VW Polo auf Sardinien. Daher mache er sich keine Sorgen über die sich anbahnende Allianz. «Zwei Kranke in einem Doppelbett oder gar drei geben noch keinen Gesunden. Ich bin sicher, dass die, die im Moment über Zusammenschlüsse nachdenken, keine 15 Jahre Zeit haben.» (awp/mc/pg/34)