Frank R. Ruepp, Vertreter der IGEB und CEO Perlen Papier AG
von Annalies Ohnsorg
Die Interessengemeinschaft Energieintensiver Branchen (IGEB) setzt sich für optimale Rahmenbedingungen im Strommarkt ein. Auch wenn das Thema in den Medien zurzeit nicht oberste Priorität geniesst, misst Frank R. Ruepp, Vertreter der IGEB und CEO Perlen Papier AG, dem Thema einiges an Gewicht bei.
Sie haben vergangenen Oktober am runden Tisch von economiesuisse bezüglich Massnahmen gegen die angekündigten Strompreiserhöhungen teilgenommen. Sind Sie mit dem Resultat zufrieden?
Die Resultate hatten natürlich sämtliche Züge eines innerwirtschaftlichen Kompromisses: Die Stromproduzenten und ?konsumenten haben sich zusammen gerauft und in einer schwierigen Situation eine pragmatische Lösung gefunden. Der innerwirtschaftliche Kompromiss war letztlich auch für die getroffene staatliche Lösung ? die Revision der Stromversorgungsverordnung per 1. Januar 2009 ? welche leider weniger weit ging wie der Vorschlag von economiesuisse, wegleitend und deshalb nützlich.
Sind die energieintensiven Firmen ein Sonderfall im Strommarkt?
Ja das sind Sie. Sie sind nicht nur Grossverbraucher, sondern von staatlichen Rahmenbedingungen, welche den Strompreis beeinflussen, in besonderem, manchmal sogar in existentiellem Masse betroffen. Die energieintensiven Betriebe verdienen auf dem Strommarkt sowie bei der staatlichen Regulierung eine Sonderbehandlung. Bei der Überwälzung der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) wurde beispielsweise der Sonderstellung Rechnung getragen. Europaweit wird auf die energieintensive Industrie speziell Rücksicht genommen, oftmals unter dem Titel der Industrieförderung.
Wie rechtfertigen Sie diese Sonderstellung gegenüber den übrigen Unternehmen?
Bei den IGEB-Betrieben geht es bei der Strompreisfrage im Gegensatz zu den übrigen Unternehmen jeweils sehr schnell um die Existenzfrage. Der Energiekostenanteil unserer Mitglieder liegt bei mehr als 10% der Bruttowertschöpfung.
Wie soll die Schweiz die drohende Stromlücke schliessen?
Durch den Bau neuer AKW-Kapazitäten, den Ausbau der Wasserkraft und durch weitere Anstrengungen bei der Energieeffizienz.
Wird sich die IGEB im absehbaren politischen Prozess aktiv engagieren?
Selbstverständlich. Das gehört zu ihrem Kernauftrag.
Im übrigen Europa sind die Strompreise erheblich höher als in der Schweiz. Erwartet wird längerfristig eine Angleichung. Was bedeutet das für Ihre Mitglieder?
Diese Feststellung ist zu pauschalierend: Wir sind schon heute in verschiedenen Bereichen wieder bei den Spitzenreitern. Wenn «Angleichung» letztlich «gleich lange Spiesse» bedeutet, dann sehen wir dieser Entwicklung mit einer gewissen Gelassenheit entgegen. Anzustreben ist aber, dass die Strompreissituation in der Schweiz ein Standortvorteil darstellt. Die Ausgangslage für die Schweiz ist gut, nämlich tiefe Gestehungskosten bei Atomstrom und Strom aus Wasserkraft.
Welche Anstrengungen unternehmen ihre Mitglieder, um energieeffizienter zu werden?
Da für alle IGEB-Mitgliedunternehmen die Energiekosten einen wesentlichen Anteil der Gesamtkosten darstellen, kommt bezüglich Energieeffizienz ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess zur Anwendung. Wesentlich in diesem Zusammenhang ist, dass ein Unternehmen Gewinne erzielt und Reinvestieren kann. Mit jeder Investition in neue Techniken und Technologien, welche in der Regel ein energieeffizienteres Arbeiten ermöglichen, kann Energie eingespart werden. Die energiepolitischen Rahmenbedingungen sind also so zu setzen, dass die Unternehmen Gewinne erzielen können!
Wie wirken sich die gegenwärtigen Anzeichen der Rezession auf den Energieverbrauch Ihrer Mitglieder aus?
Da haben wir noch keinen aktuellen Überblick. Da und dort kam es in den letzten Wochen und Monaten zu Kurzarbeit und aus-lastungsbedingten Stillständen. Dies wird zu einem verminderten Energieverbrauch führen.
Die Interessengemeinschaft Energieintensiver Branchen (IGEB)
Die Interessengemeinschaft Energieintensive Branchen (IGEB) vertritt die Interessen von Unternehmen, deren Energiekostenanteil mehr als 10% der Bruttowertschöpfung beträgt. Sie umfasst rund 70 Betriebe der Papier-, Glas-, Zement-, Ziegel-, Stahl-, Chemiefaser-, Span- und Faserplattenindustrie sowie Teile der Textilindustrie, welche rund 6,5 Prozent des gesamtschweizerischen Stromendverbrauchs repräsentieren. Kernanliegen der IGEB ist es, ihren Mitgliedern im internationalen Standortwettbewerb durch Beeinflussung der energiepolitischen Rahmenbedingungen zu konkurrenzfähigen Energiepreisen zu verhelfen. Die Geschäftsstelle ist beim Verband der Schweizerischen Zellstoff-, Papier- und Kartonindustrie (ZPK) angesiedelt, dessen Präsident Frank R. Ruepp ist.
16. Internationales Europa Forum Luzern
An der öffentlichen Abendveranstaltung vom 27. April 2009 referieren Bundesrat Moritz Leuenberger, EU-Kommissionsmitglied Andris Piebalgs (angefragt) und der ehemalige IEA-Direktor Claude Mandil zusammen mit dem ehemaligen deutschen Bundesminister für Wirt-schaft und Arbeit Wolfgang Clement, über das Konfliktfeld Energie. An der Tagung vom 28. April 2009 präsentieren und diskutieren zusammen mit den Teilnehmern Experten wie Fatih Birol von der Internationalen Energieagentur (IEA) aus Paris, Jiang Kejun vom Chinesischen Energy Research Institute Beijing, der deutsche Energie-Experte Werner Zittel, , Walter Steinmann, Direktor des Bundesamtes für Energie, Jasmin Staiblin, CEO der ABB Schweiz und Frank R. Ruepp, CEO Perlen Papier als Industrie-Vertreter, Stromwirtschaftsvertreter Heinz Karrer, CEO Axpo, Alternativ-Energie-Spezialist Alexander Wokaun, Paul Scherrer Institut PSI, Prof. Andreas Fischlin, Mitempfänger des Friedensnobelpreises 2007, und viele weitere über Energie-Szenarios, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Zu erwarten sind kontroverse Diskussionen über den künftigen Energie-Kurs der Schweiz angesichts der Entwicklungen in Europa und der übrigen Welt. In den Pausen stehen der Austausch und die Vernetzung zwischen Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft im Fokus.
Europa Forum Luzern im KKL Luzern: Montag, 27. April 2009 , 17.30 bis 20.00 Uhr öffentlicher Abend (Eintritt frei), Dienstag, 28. April 2009 Tagung (Beitrag CHF 280.00/? 150.00), Buffet-Dinner (Mo) ab 20 Uhr (CHF 100/? 70.00).