Bankgeheimnis: Merz nach Treffen mit Brown zuversichtlich

Dieses hatte ohne die Schweiz stattgefunden. Merz konnte jedoch – während die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer im südenglischen Horsham tagten – mit Gordon Brown an dessen Amtssitz in London sprechen. Er sei auf sehr grosses Verständnis gestossen, berichtete Merz am Samstagabend im Schweizer Fernsehen. Der britische Regierungschef werde seinen Einfluss geltend machen und habe zugesichert, dass er in den weiteren Verhandlungen die Schweiz unterstützen werde.


«Geheime» OECD-Aufträge inakzeptabel 
Der Schweizer Finanzminister protestierte bei Brown, weil die Schweiz ohne Absprache auf der provisorischen Schwarzen Liste der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) figurierte. Diese sei am 5. März erstellt worden, ohne dass die Schweiz als OECD-Mitglied davon Kenntnis erhalten hätte. Der Bundesrat habe erst am vergangenen Donnerstag davon erfahren. Das sei weder politisch noch völkerrechtlich akzeptabel. Dieser Kritik schlossen sich am Wochenende auch die Bundesrätinnen Doris Leuthard und Micheline Calmy-Rey in Interviews an. Calmy-Rey protestierte dagegen, dass das OECD-Sekretariat «im Geheimen» Aufträge einzelner Mitgliedstaaten ausführe.


Maurer: «Gefährliche Entwicklung»
Im Gegensatz zu SVP-Bundesrat Ueli Maurer, der im «SonntagsBlick» von einer «gefährlichen Entwicklung» sprach, verteidigten die Bundesrätinnen die Lockerung des Bankgeheimnisses als «Befreiungsschlag» (Leuthard) und als «Entscheid, der unsere Chancen am besten wahrt» (Calmy-Rey). Jetzt sei die Schweiz auch im Steuerbereich nicht mehr in der Defensive und «braucht sich nicht länger zu verstecken», erklärte Calmy-Rey in der «NZZ am Sonntag». Nun könne die Schweiz getrost von anderen Finanzplätzen fordern, die internationalen Standards auch einzuhalten.


Calmy-Rey mit Informationsoffensive
Im Zusammenhang mit den Neuverhandlungen zu den Doppelbesteuerungsabkommen kündigte die Aussenministerin eine Informationsoffensive in Paris, Rom und Berlin an. Bei den Verhandlungen gehe es um faire Übergangslösungen und die Begrenzung der Amtshilfe auf den konkreten Einzelfall.


US-Finanzminister lobt die Schweiz
Gelobt wurde der Schweizer Schritt anlässlich des G20-Finanzminister-Treffen von US-Finanzminister Timothy Geithner. Merz hatte im Vorfeld des Treffens vergeblich versucht, auch mit Geithner einen Termin zu bekommen. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück erklärte, jetzt gelte es die konkrete Ausgestaltung des Informationsaustausches durch die Schweiz abzuwarten. Der Druck habe gewirkt.


Bankgeheimnis für Steuerdelikte gelockert
Der Bundesrat hatte am Freitag – gleichzeitig mit Luxemburg und Österreich – das Bankgeheimnis für Steuerdelikte gelockert. Die Schweiz übernimmt die entsprechenden OECD-Standards. Einen automatischen Informationsaustausch lehnt die Regierung jedoch ab. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur SDA wehrte sich Regierungssprecher Oswald Sigg gegen den Vorwurf, der Bundesrat habe sich lange zu passiv verhalten. Gerade in Krisenzeiten sollte die Landesregierung gewisse institutionelle Regeln beibehalten, betonte er. (awp/mc/ps/03)

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