Martin Zenhäusern: Verhaltensdummheit

Dabei meinte er wohl weniger die fehlende Intelligenz, als vielmehr die Verhaltensdummheit. Wie wir wissen, können sich auch sehr intelligente Menschen sehr dumm verhalten. Wer sich am Aussen orientiert, also an der Anerkennung durch andere, an Statussymbolen, an Börsenkursen und öffentlichen Auftritten, ist fremdbestimmt. Er bezieht seinen eigenen Wert gleichsam von aussen. Die eigene Persönlichkeit, sein Innen, ist zu wenig stark ausgestaltet, um ihn zu tragen. Fremdbestimmte Menschen neigen dazu, externen Interessengruppen gefallen zu wollen, auch zum Preis, dass sie dabei Dinge tun, die ihnen schaden.


Zu viel gelesen, zu viel geredet, zu wenig nachgedacht
Ein weiterer Grund des Scheiterns liegt in der Denkfaulheit und in der intellektuellen Oberflächlichkeit. Viele Manager haben verlernt, selbst zu denken. Sie verlassen sich lieber auf Experten und Einflüsterer, anstatt sich bei wichtigen Weichenstellungen des sorgfältigen Denkens in Szenarien und Optionen zu befleissigen. Ein ehemaliger Manager eines grossen Unternehmens hat dies so auf den Punkt gebracht. «Oft sage ich mir abends: Zu viel gelesen, zu viel geredet, zu wenig nachgedacht.» Wer anderen das Denken überlässt, wird in einer schwierigen Situation eher zu Fehlentscheiden neigen und dem Druck weniger standhalten können, da er mit der Materie zu wenig vertraut ist und zudem fremde statt eigene Gedanken nachvollziehen muss. Derjenige, der sich mit dem Thema intensiv befasst hat, behält leichter den Überblick und im Krisenfall auch die Nerven, da er weiss, worum es geht und wie er zu seinen Entscheidungen gelangt ist.


Verhalten und Leistung
Ein dritter Grund liegt in unserer Selbstüberschätzung. Wenn wir einige kritische Situationen ungeschoren überstanden haben, gibt uns dies ein Gefühl der Unverwundbarkeit. Damit einher geht die Lernverweigerung, denn was uns bisher Erfolg gebracht hat, so unsere Annahme, wird sich auch in Zukunft bewähren. Ein verhängnisvoller Irrtum.


Die Mentalität kurzfristiger Gewinnmaximierung hat in vielen Unternehmen ein Klima grenzenloser Gier und unkontrollierter Risikobereitschaft geschaffen, häufig gepaart mit Inkompetenz in fachlicher und Arroganz in menschlicher Hinsicht. Jack Welch, der als langjähriger CEO und Chairman eines Weltkonzerns viele Höhen und Tiefen erlebte, qualifizierte seine Manager nach zwei Kriterien: Dem Verhalten und der Leistung. Er sagte es so: «Wenn Verhalten und Leistung bei einem Manager stimmen: Wunderbar! Wenn weder Verhalten und Leistung stimmen, auch gut ? dann muss ich ihn feuern. Wenn das Verhalten stimmt, die Leistung aber nicht, dann ist er vielleicht am falschen Platz oder hat die falsche Aufgabe. Er erhält eine neue Chance in anderem Umfeld. Die schlimmsten sind diejenigen mit guter Leistung und schlechtem Verhalten. Sie versuchen, alles auszureizen, hangeln sich weiter von Quartal zu Quartal. Solche Manager müssen Sie sofort feuern! Wenn Sie es nicht tun, dann fangen andere an, ihnen nachzueifern und bringen das ganze Unternehmen durcheinander.» Gerade bei letzteren tun wir uns schwer: Wer will schon charakterschwache Leistungsträger entlassen, die dann von den Mitbewerbern mit offenen Armen empfangen werden? Diese Kurzsichtigkeit führt häufig zu nachhaltigem Schaden an Unternehmen und Reputation. Oder wie es der Philosoph Arthur Schopenhauer gesagt hat: «Der eigene Vorteil verfälscht das Urteil vollständig.» Und dann wird?s gefährlich.

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Martin Zenhäusern
Martin Zenhäusern ist Gründer und Inhaber der Zenhäusern & Partner AG, welche Unternehmen in allen Fragen der Kommunikation berät sowie Inhaber der Zenhäusern Akademie AG, welche Führungskräfte in Führung und Krisen-Management ausbildet. Persönlicher Ratgeber mehrerer CEOs, u.a. persönlicher Berater des VR-Präsidenten beim grössten Schweizer Börsengang. Autor der Publikationen «Der erfolgreiche Unternehmer» und «Chef aus Passion», beide 2008 im Orell Füssli-Verlag erschienen.

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