Schweizer Finanzplatz: Der Versuch, sich mit einem Mühlstein am Hals vor dem Ertrinken zu retten.

Von Helmuth Fuchs

Der Bundesrat und die FINMA, die Schweizer Finanzmarkt-Aufsichtsbehörde, sind den Drohungen gegen die UBS erlegen und haben die Daten von rund 300 UBS-Kunden an die USA geliefert. Zu Unrecht, wie das Bundesverwaltungsgericht im Nachhinein feststellte. Bundesrat Hans-Rudolf Merz, der bis in den Herbst des letzten Jahres noch keine Krise ausmachen konnte, sieht auch hier die Bedeutung der Entwicklung nicht. Das Bankkundengeheimnis sei damit nicht gefährdet, der Schritt sei nötig gewesen, um die UBS zu retten.

Stures Festhalten am einzig angedachten Szenarium
Dabei müsste schon längst die Frage beantwortet werden, welchen Preis die Schweiz zur Rettung der UBS zu bezahlen bereit ist. In der gesamten Diskussion wurde bis anhin kein alternatives Szenario zu den 6 Milliarden Beteiligung des Bundes und den knapp 40 Milliarden, welche die Schweizerische Nationalbank SNB für den Stabilisierungsfonds SNBStabFund aufbringt, vorgelegt, durchgerechnet und begründet. Die hier früher schon skizzierte Variante, die Postfinance mit einer Bankenlizenz auszustatten und für die Schweizer Wirtschaft wichtige Assets (Kredite, Sparvermögen) an diese und andere Institute zu übertragen, das Investment Banking aufzugeben und andere, vor allem im Ausland angesiedelte Bereiche zu veräussern, wird zumindest von Kommentatoren vermehrt diskutiert. Wer nicht in Szenarien denken kann, ist dazu verdammt, mit dem einzig verfügbaren Plan zu siegen oder unterzugehen. Nach Sieg sieht im Moment nicht aus, was Bundesrat, UBS und FINMA zustande bringen.

Lernen von Liechtenstein?
Nebst den für die Schweizer Wirtschaft enormen Beträgen wurde mit dem Fall der UBS auch das Bankkundengeheimnis und was viel schwerer wiegt, die Rechtssicherheit des Schweizer Finanzplatzes aufgegeben. Die USA haben gezeigt, dass wer nur genug Muskeln spielen lässt, sich nicht an bestehende Verträge oder lokale Gesetze zu halten braucht. Die EU und die G20 haben dieses Zeichen verstanden und gleich mit dem Aus für die in ihren Augen ungesetzliche Steueroase Schweiz gedroht. Jede weitere Beteuerung von Bundesrat Merz zum Festhalten am Bankkundengeheimnis, die Erklärungen zur Schweizer Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, schaden dem Finanzplatz Schweiz zusätzlich. Dass es auch anders geht, zeigt zurzeit Liechtenstein. Hier hat die Regierung den Steuerstreit mit Deutschland (Affäre Zumwinkel) dazu genutzt, neue Steuerkooperationen mit den USA, der EU und in Bälde auch der OECD auszuhandeln, um das Image des unkooperativen Steuerparadieses loszuwerden. Mit dem designierten Regierungschef Klaus Tschütscher ist zudem ein ausgewiesener Steuerexperte für die Verhandlungen zuständig.

Neudefinition des Finanzplatzes Schweiz
In der Krise kommen zuerst einmal die eigenen Interessen. Dies gilt auch, oder sogar vermehrt in der Globalisierung, da es dank dem fast ungehemmten Informationsfluss leichter ist, die Geldflüsse nachzuvollziehen. Erste Pflicht ist zurzeit, alle Steuerlöcher zu stopfen, um dem Staat die Mittel zur Konjunkturankurbelung zu geben. Da sind sich die USA und die EU einig. Im Zuge dieser Übung werden selbstverständlich auch nationale Interessen, wie zum Beispiel diejenigen des Finanzplatzes London gestärkt. Das bisherige Erfolgsmodell Schweiz steht diesen Bemühungen im Wege. Da helfen auch keine früher gemachten Zusagen, bilateralen Verträge oder Steuerabkommen. Helfen würde ein proaktiver Überraschungscoup mit einer Neudefinition des Finanzplatzes Schweiz, den härtesten Richtlinien, der professionellsten Überwachungsbehörde, dem höchsten ethischen Anspruch, dem grössten Anteil an «grünen» Finanzprodukten. Helfen würde ein Plan B, statt schon verlorene Scheingefechte weiter zu kämpfen.

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