Citigroup ruft nach Teilverstaatlichung von 40 Prozent

Die erhemals grösste US-Bank zählt mit ihren enormen Milliardenverlusten zu den weltweit grössten Verlierern der Finanzkrise. Der amerikanische Staat hält durch Kapitalspritzen von insgesamt 45 Milliarden Dollar bereits knapp acht Prozent an der Citigroup über Vorzugsaktien. Diese stimmrechtslosen Papiere könnten nach den Plänen in stimmberechtigte Stammaktien umgewandelt werden, berichteten etwa das «Wall Street Journal» und die «Financial Times» am Montag unter Berufung auf Insider. Dies solle das Vertrauen der Märkte in die Bank und ihre Kapitalbasis stärken.


US-Regierung weist Spekulationen zurück
Die US-Regierung hatte gerade Spekulationen zur Verstaatlichung in Not geratener Grossbanken klar zurückgewiesen. Die Citigroup habe den Plan zunächst unter anderem der für die Aufsicht zuständigen US-Notenbank Fed vorgeschlagen. Der Regierung solle er später vorgelegt werden, hiess es. Von der Regierung werden diese Woche auch Details zu den geplanten «Belastungs-Checks» für US-Banken erwartet. Diese sollen Basis für Entscheidungen über weitere Hilfen sein.


Aktie legt im frühen Handel zu
In einer ersten Börsenreaktion schoss die Citigroup-Aktie am Montag deutlich nach oben, im Frankfurter Handel etwa um rund 30 Prozent. Der Grund sei, dass die Bank entgegen jüngsten Gerüchten doch nicht vollständig verstaatlicht werde, so Analysten. Der gesamte Finanzsektor lag bis zum Mittag an den europäischen Börsen im Plus.


Erstmals seit 60 Jahren Bank in Deutschland verstaatlicht
Weltweit kommt es in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise zunehmend zu Verstaatlichungen im Bankensektor, die in der Branche bis vor kurzem noch als undenkbar galten. Die deutsche Bundesregierung billigte mit Blick auf die Rettung der ums Überleben kämpfenden Hypo Real Estate (HRE) gerade ein Gesetz, mit dem erstmals in Deutschlands Nachkriegsgeschichte Banken verstaatlicht und ihre Eigentümer enteignet werden können. In Grossbritannien hat die Regierung bereits Grossbanken weitgehend verstaatlicht. In den USA war in der aktuellen Krise die faktische Übernahme des einst weltgrössten Versicherers (AIG im vergangenen Jahr der spektakulärste Fall.


Anteile bestehender Aktionäre verwässert
Die bei der Citgroup nun geplante Umwandlung in Stammaktien koste keine neuen Steuergelder, hiess es. Die Anteile bestehender Aktionäre würde dies aber stark nach unten drücken, der Einfluss des Staates würde umgekehrt massiv steigen. Der Schritt des Finanzriesen könnte zudem weitere US-Banken um solche Hilfen bitten lassen. Allerdings erklärte die an der Börse auch schwer unter Druck geratene Bank of America, keine grössere Staatsbeteiligung zu diskutieren. Auch sie erhielt bereits staatliche Milliardenhilfen.


Rettungsschrim über 300 Milliarden Dollar
Über die Kapitalspritzen hinaus hatte der Staat über der Citigroup Ende vergangenen Jahres einen enormen Rettungsschirm mit Garantien von mehr als 300 Milliarden Dollar aufgespannt. Wegen der massiven Probleme der Bank wird bereits über eine Ablösung des erst seit gut einem Jahr amtierenden Konzernchefs Vikram Pandit spekuliert. Die Gerüchte zur Verstaatlichung der Citigroup hatten die Aktie am Freitag auf unter zwei Dollar fallen lassen – so tief wie seit 18 Jahren nicht. Binnen zwölf Monaten büsste die Bank mehr als 90 Prozent ihres Börsenwerts ein.


Lehman lässt grüssen
Der dramatische Kursverfall weckt Erinnerungen an den Absturz von US-Banken im vergangenen Herbst, der etwa der Investmentbank Lehman Brothers am Ende das Genick gebrochen hatte. Der Zusammenbruch von Lehman sorgte für einen Höhepunkt der Finanzkrise mit weltweiten Schockwellen, die wiederum zur aktuellen Wirtschaftskrise führten.


US-Regierung: Grossbanken derzeit mit genug Kapital 
Angesichts massiver Spekulationen über eine Verstaatlichung amerikanischer Banken hat die US-Regierung die Kapitalbasis der führenden Institute des Landes ausdrücklich als derzeit ausreichend bezeichnet. Die USA würden zudem für die Überlebensfähigkeit der für das amerikanische Wirtschaftssystem wichtigen Finanzhäuser sorgen, betonte das Finanzministerium am Montag in Washington in einer gemeinsamen Erklärung unter anderem mit der US-Notenbank.


Stress-Test
Der geplante Stress-Test für die grössten US-Banken werde an diesem Mittwoch starten. Er soll die Belastbarkeit der Finanzhäuser für den Fall einer weiteren Verschärfung der Krise prüfen. Sollte der Test einen weiteren Kapitalbedarf von Banken ergeben, stehe der Staat dazu bereit, bekräftigte die Regierung in der Erklärung.


Ausweitung staatlicher Notbeteiligungen möglich
Das Finanzministerium erklärte zugleich, dass eine Ausweitung bestehender staatlicher Notbeteiligungen bei Banken möglich sei. Ein Weg zur Kapitalstärkung sei die Umwandlung der vom Staat bereits gehaltenen Vorzugsaktien in stimmberechtigte Stammaktien wie nun von der Citigroup geplant.  (awp/mc/ps/15)

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