Riesen-Bankenfusion bahnt sich in Frankreich an
Die Sparkassen und Volksbanken haben zusammen rund 36,4 Millionen Kunden, das gemeinsame Geschäftsnetz würde 8.100 Filialen zählen. Grösser ist nur die Credit Agricole. Sie kommt auf 44 Millionen Kunden und 11.000 Filialen.
Zweckehe statt Liebeshochzeit
Ganz freiwillig kommt die Hochzeit der französischen Traditionsinstitute zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht. Sarkozy machte in den vergangenen Tagen Druck, um die lange geplante Fusion endlich unter Dach und Fach zu bringen. Die Finanzkrise hat beiden Finanzhäusern heftig zugesetzt. Sowohl die 1818 gegründete Sparkasse (Caisse d’Epargne) als auch die 1878 gegründete Volksbank (Banque Populaire) sollen im vergangenen Jahr in die roten Zahlen gerutscht sein. Bei den Caisses d’Epargne wird mit einem Verlust von zwei Milliarden Euro gerechnet, bei den Banques Populaires sind es immerhin 300 Millionen Euro. Der Staat stellt beiden Instituten grosszügige Eigenkapitalhilfen zur Verfügung. Zwei Milliarden Euro flossen bereits, weitere zweieinhalb sollen bald folgen.
Harter Schlag für Sparkassen
Vor allem die Entwicklung bei den Sparkassen dürfte Sarkozy bewegt haben, aufs Tempo zu drücken. Die Institute mit dem weissen, mit wenigen Strichen gezeichneten Eichhörnchen im Logo gelten als Nationalsymbol. Ein Grossteil der einfachen Leute hortet dort die Ersparnisse. Eine Vertrauenskrise soll um jeden Preis vermieden werden. Im beinharten Wettbewerb steht das Institut nicht gut da. Als Kreditgeber gilt es als unerfahren, zum 1. Januar verlor es zudem das exklusive Recht, das beliebte steuerbefreite Sparbuch «Livre A» auszugeben. Seit Anfang des Jahres dürfen auch Privatbanken das Produkt vertreiben. Ein harter Schlag für die Sparkassen. Fünf Millionen Konten wurden bereits bei der neuen Konkurrenz eröffnet.
Gemeinsam 95’000 Beschäftigte
Für das Zusammengehen der beiden Institute spricht neben der verbesserten Eigenkapitalsituation, die günstige Kredite garantiert, der unterschiedliche Kundenstamm. Während an die Sparkassen-Schalter vor allem Privatkunden kommen, sind die Volksbanken bei mittelständischen Unternehmen und im Handwerk beliebt. Einsparpotenzial erhofft man sich unter anderem bei der Entwicklung von gemeinsamen Finanzprodukten. Eine Fusion von Filialen und eine neue Marke sollen zunächst nicht geplant sein. Zusammen beschäftigen die Häuser mehr als 95.000 Mitarbeiter.
Schlechte Erfahrungen im Investmentgeschäft
Gemeinsame Erfahrungen – wenn auch zuletzt keine guten – haben die Caisses d’Epargne und die Banques Populaires bereits im Investmentgeschäft gemacht, das sie bereits 2006 in der Tochter Natixis zusammengelegt hatten. Wegen des hohen Engagements von Natixis bei faulen amerikanischen Immobiliendarlehen mussten sie bereits erheblich Kapital nachschiessen.
Wie reagieren BNP und SocGen?
Abzuwarten bleibt, wie die anderen französischen Institute auf den neuen Riesen reagieren. Anfang vergangenen Jahres hatte BNP Paribas offen über den Kauf der bisherigen Nummer zwei Société Générale nachgedacht, dann jedoch abgewunken. Angesichts der Krise werde man sich lieber auf «rigoroses Risikomanagement» und «geschäftliche Effizienz» konzentrieren, erklärte die Bank.
Pérol heisser Anwärter auf Chef-Posten
Als heisser Kandidat für den Chefposten im neuen Finanzkonzern gilt François Pérol. Der 45-Jährige gehört zu den engsten Mitarbeitern Sarkozys und war früher Top-Manager der Investmentbank Rothschild. Oppositionspolitiker schimpfen bereits. Das sei illegal, heisst es. Es könne nicht sein, dass sich der Staatschef über einen persönlichen Freund strategischen Einfluss in der Finanzwirtschaft sichere. (awp/mc/ps/26)