Milliardär Merckle einigt sich mit Banken auf Sanierungs-Eckpunkte
«Wir müssen die Unterlagen sichten und die Formalia klären.» Mit der grundsätzlichen Einigung dürfte nach wochenlangem zähen Ringen das weit verzweigte Firmengeflecht Merckles aber vorerst gerettet sein, eine Insolvenz seiner Vermögensverwaltung VEM ist zunächst vom Tisch. Der Milliardär war wegen der Finanzkrise und Aktienspekulationen in Finanznöte geraten.
Überbrückungskredit über 110 Mio. Euro
Die Merckle-Sprecherin wollte zu den Eckpunkten des Sanierungskonzepts am Mittwoch keine Details nennen. Einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» (Mittwoch) zufolge boten die Banken dem Unternehmer einen Überbrückungskredit bis Ende März über 110 Millionen Euro. In dieser Zeit solle ein Sanierungsplan für die Unternehmensgruppe ausgearbeitet und ein längerfristiger Kredit ausgehandelt werden. Im Gegenzug dazu soll Merckle dem Bericht zufolge die Kontrolle über wichtige Teile seiner Firmengruppe abtreten.
‹SZ›: Banken wollen Abgabe der Heidelbergcement-Anteile
Laut «Süddeutscher Zeitung» fordern die Banken von dem 74 Jahre alten Milliardär unter anderem, dass er seine Anteile an Deutschlands grösstem Baustoffhersteller HeidelbergCement abgibt. Demnach sollen die knapp 80 Prozent der Anteile, die Merckle über die Firma Spohn Cement und VEM an dem Baustoffhersteller hält, zunächst an einen Treuhänder fallen. Dieser solle dann einen Verkauf organisieren. Diese Möglichkeit war nach dpa-Informationen während der Verhandlungen immer wieder diskutiert worden.
Ausserdem soll sich Merckle dem Zeitungsbericht zufolge möglicherweise auch von Teilen des Generikaherstellers ratiopharm und des Pharmahändlers Phoenix trennen. Ob Merckle die Firmen ganz oder teilweise halten kann, dürfte dem Bericht zufolge vor allem davon abhängen, welche Werte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ermittle, die derzeit an einem Gutachten arbeite. Davon hänge auch die Höhe des neuen Sanierungskredits ab. Dieser soll laut Bericht eine Laufzeit von 12 bis 18 Monaten haben. Dadurch solle verhindert werden, dass die Firmen unter Zeitdruck verkauft werden müssen.
Finanzierungsbedarf Merckles bis 1 Mrd. Euro
Nach Informationen aus Finanzkreisen beläuft sich der Finanzierungsbedarf Merckles auf 700 Millionen bis 1 Milliarde Euro. Weitere Quellen sprechen davon, dass auf der VEM mindestens Schulden in Höhe von drei bis fünf Milliarden Euro lasten.
Mit Wetten auf VW-Aktien verzockt
Hintergrund der Krise sind Kapitalerhöhungen vor allem bei HeidelbergCement, die teilweise mit Krediten finanziert wurden. Als Sicherheiten für diese Kredite wurden Aktien hinterlegt, deren Wert durch die Finanzkrise abgestürzt ist. Die Banken verlangten daher zusätzliche Sicherheiten für ihre Kredite. Ausserdem hatte sich der Milliardär bei Wetten mit VW-Aktien verzockt und einen dreistelligen Millionenbetrag verloren.
Fünftreichster Mann Deutschlands
In den Firmen von Merckle und seiner Familie sind mehr als 100.000 Mitarbeiter beschäftigt, der Jahresumsatz liegt bei 30 Milliarden Euro. Einen Grossteil davon erwirtschaften ratiopharm, HeidelbergCement und Phoenix. Rund 100 Unternehmen sollen dem schwäbischen Milliardär gehören. Mit einem geschätzten Vermögen von 9,2 Milliarden Dollar gilt Merckle als fünftreichster Mann in Deutschland. Dieses Vermögen steckt nach Informationen aus Finanzkreisen überwiegend in seinen Firmen. (awp/mc/pg/14)