Christoph Sievers, Direktor SERV

Von Peter Stöferle


Moneycab: Herr Sievers, die Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV besteht als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes seit Januar 2007. Welches sind die wichtigsten Aufgaben und Ziele der SERV?


Christoph Sievers: Die SERV hat zum Ziel, Arbeitsplätze in der Schweiz zu erhalten und zu schaffen sowie den Wirtschaftsstandort Schweiz zu fördern. Dazu unterstützt sie die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exportwirtschaft, indem sie ihr die Übernahme von Auslandaufträgen erleichtert, bei denen der Zahlungseingang aufgrund politisch und wirtschaftlich unsicherer Verhältnisse gefährdet ist. Die SERV tut dies mittels einer Palette an Versicherungsprodukten, die auf die Bedürfnisse der Exporteure und Banken abgestimmt ist.


Zuvor wurden Exportrisiken seitens des Bundes über die ehemalige Exportrisikogarantie (ERG) abgedeckt. Was unterscheidet die heutige SERV von der einstigen ERG und weswegen erfolgte der Wechsel?


Mit dem Wechsel von der ERG zur SERV hat der Bund einen Wettbewerbsnachteil der Schweizer Exportwirtschaft beseitigt. So war es den meisten staatlichen Exportkreditversicherer im Ausland schon lange möglich, das private Käuferrisiko (PKR) zu versichern, wozu es in der Schweiz keine Möglichkeit gab. Deshalb ist aus Kundensicht die wichtigste Neuerung die Einführung der Versicherung des PKR. Neu ist es auch möglich, dass die Banken ihre Finanzierung der Exportgeschäfte durch das neue Produkt der Käuferkreditversicherung bei der SERV versichern können. Aus Organisationssicht ist die SERV nun eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit, die in ihrer Betriebsführung selbständig ist. Die ERG war ein Fonds des Bundes.


«Eine SERV-Deckung kann für Exporte von Konsum- und Investitionsgütern, Bau- und Ingenieurarbeiten sowie von anderen Dienstleistungen beantragt werden.»  (Christoph Sievers, Direktor SERV)


Wer kann die SERV in Anspruch nehmen und welche Arten von Gütern können über die SERV exportrisikomässig versichert werden?


Die SERV bietet ihre Produkte Exporteuren, Banken und Verbänden an. Dabei muss der Exporteur in der Schweiz niedergelassen und im Handelsregister eingetragen sein. Eine SERV-Deckung kann für Exporte von Konsum- und Investitionsgütern, Bau- und Ingenieurarbeiten sowie von anderen Dienstleistungen beantragt werden. Zudem bietet die SERV eine umfassende Beratung während des gesamten Ablaufs eines Exportgeschäfts an.


Und wie verfährt die SERV im Schadenfall?


Grundsätzlich bemüht sich die SERV, zusammen mit den Versicherungsnehmern, den Eintritt drohender Schäden zu verhindern respektive den Schaden gering zu halten. Im Schadenfall entschädigt die SERV den Versicherungsnehmer nach schriftlicher Anerkennung des Versicherungsfalls. Mit Auszahlung der Entschädigung gehen allfällige Forderungen gegen den ausländischen Schuldner auf die SERV über. Die Kunden werden während des gesamten Schadensprozesses durch die SERV beraten und betreut.


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Auf welchen Prinzipien basiert die Geschäftspolitik der SERV?


Die SERV arbeitet eigenwirtschaftlich, das heisst verursachergerecht und subventionsfrei, führt eine nach staatlichen und privaten Schuldnern getrennte Spartenrechnung, erhebt risikogerechte Prämien, bietet ihre Versicherungen in Ergänzung zur Privatwirtschaft an und erbringt international wettbewerbsfähige Dienstleistungen. Zudem berücksichtigt die SERV die Grundsätze der schweizerischen Aussenpolitik bezüglich Umwelt, Entwicklung, Menschenrechte und friedliches Zusammenleben der Völker.


Arbeitet die SERV gewinnorientiert und wie konnte das erste Geschäftsjahr ihres Bestehens bilanzmässig abgeschlossen werden?


Die SERV arbeitet nicht gewinnorientiert, sondern ist gesetzlich zur Eigenwirtschaftlichkeit verpflichtet. Das bedeutet, dass die periodisierten Kosten des Versicherungsbetriebs verursachergerecht und subventionsfrei getragen werden müssen. Das erste Geschäftsjahr per Ende 2007 war mit einem Unternehmenserfolg von 127,5 Mio. CHF erfolgreich.


Sie selber stehen der ehemaligen ERG und heutigen SERV seit 2006 vor. Können Sie uns Ihren Aufgabenbereich etwas näher beschreiben?


Als Direktor bin ich für die Geschäftsführung der SERV verantwortlich. Ich koordiniere die Kontakte mit den relevanten Bundesstellen und Vertretern der Exportwirtschaft, pflege den Erfahrungsaustausch mit Exportrisikoversicherern anderer Länder und mit den Mitgliedern der Berner Union. Ebenso zuständig bin ich unter anderem für die Entwicklung und laufende Aktualisierung des Produkt-Portfolios, der Personalpolitik, des Risikomanagements und der Umsetzung der Beschlüsse des Verwaltungsrates. Zudem vertrete ich die SERV nach aussen.


Der Bundesrat hat der SERV für den Zeitraum 2007 bis 2010 strategische Ziele vorgegeben. Welches sind die wichtigsten Eckpunkte und wie sieht es mit der bisherigen Umsetzung aus?


Die strategischen Ziele des Bundesrates orientieren sich an den genannten Prinzipien der Geschäftspolitik, das heisst: Internationale Wettbewerbsfähigkeit des Angebots, Subsidiarität, also das Anbieten von Dienstleistungen in Ergänzung zur Privatwirtschaft, Eigenwirtschaftlichkeit und Berücksichtigung der aussenpolitischen Grundsätze. Des Weiteren erwartet der Bundesrat die zielgerichtete Umsetzung der Versicherung des privaten Käuferrisikos, eine zielgemässe Deckungspolitik, die gute Zugänglichkeit des Angebots sowie eine branchenübliche Risikopolitik. In all diesen Punkten hat die SERV die Umsetzung bereits an die Hand genommen und im Fall des PKR sogar schon abgeschlossen.


Im Rahmen internationaler Vereinbarungen hat die Schweiz in Bezug auf die SERV Verpflichtungen übernommen wie das Exportkredit-Arrangement der OECD, die Grundsätze der Berner Union oder des Pariser Clubs. Was beinhalten diese Vereinbarungen?


Das Exportkredit-Arrangement der OECD und das General Understanding der Berner Union regeln maximal zulässige Kreditlaufzeiten, Branchen- und Sektorenabkommen sowie Informationsaustausch und Meldeverfahren. Das OECD-Arrangement gibt Leitlinien für staatlich unterstützte Exportkredite vor und will so Wettbewerbsverzerrungen vermeiden.
Der Pariser Club definiert Grundsätze und Regeln für die Umschuldung und den Schuldenerlass von Staatsforderungen gegenüber stark überschuldeten Ländern.


«Die SERV misst Umwelt- und Sozialanliegen grosse Bedeutung bei und berücksichtigt diese in ihrem Prüfprozess für Versicherungsanträge.»  (Christoph Sievers, Direktor SERV)


NGOs fordern weltweit von den Exportkreditagenturen, dass diese nur umwelt- und sozialverträgliche Projekte versichern. Wie stellt sich die SERV zu diesen Anliegen?


Die SERV misst Umwelt- und Sozialanliegen grosse Bedeutung bei und berücksichtigt diese in ihrem Prüfprozess für Versicherungsanträge. Massgebend sind dabei die internationalen Vorgaben der OECD, die sich auch an lokalen Standards und Weltbankstandards orientieren, und die Grundsätze der schweizerischen Aussenpolitik.


Und wie sieht die praktische Umsetzung dieser Vorgaben beispielweise beim Staudamm-Grossprojekt Ilisu in der Türkei aus?


Die Versicherungszusagen für das Ilisu-Projekt wurden an über 150 Auflagen hinsichtlich Umwelt, Umsiedlungen und Kulturgüterschutz geknüpft. Ein unabhängiges Expertenkomitee überprüft regelmässig die Fortschritte bei der Erfüllung dieser Auflagen. Aufgrund von Beanstandungen der Experten laufen momentan Bemühungen, welche die rechtzeitige Erfüllung der Auflagen ermöglichen sollen.


Die frühere ERG hatte manche globale wirtschaftliche Krisen zu überstehen. Wo liegen die jetzigen Herausforderungen an die SERV in Bezug auf die aktuelle Finanzmarktkrise?


Die Herausforderung besteht darin, die Schweizer Exporteure insbesondere auch während der Krise optimal zu unterstützen. In Zeiten stockender Liquidität kann eine SERV-Deckung bei der Finanzierung eines Geschäftes von grosser Bedeutung sein. Zudem schafft sie Sicherheit, wenn sich Exporteure aufgrund der schlechteren Auftragslage auf neue, unbekannte Märkte und Kunden einlassen müssen.
In der Vergangenheit ist es staatlichen Exportkreditversicherern gelungen, ihr Engagement während Finanzkrisen eher konstant zu halten, während sich der private Versicherungsmarkt kontrahierte. Die SERV ist zwar auf vermehrte Schadenfälle vorbereitet und verfügt über eine dafür geeignete Kapitalausstattung. Bis jetzt wurden uns aber noch keine Schäden gemeldet.


Herr Sievers, wir bedanken uns für dieses Interview.







Zur Person:
SERV-Direktor Dr. Christoph Sievers verfügt durch seine Management-Tätigkeit in Erst- und Rückversicherungsgesellschaften über langjährige Erfahrungen in Marketing/Underwriting in Asien, Europa und Afrika.
Als Stabchef der Geschäftsleitung und COO der Division Asien einer Rückversicherungsgesellschaft sammelte er vielseitige Erfahrungen in Strategie, Controlling und Finanzen in der Schweiz und in Asien.
In Indien war er verantwortlich für den Aufbau des Off-Shore-Centers eines Finanzdienstleisters. Er ist vorstandserfahren in Gesellschaften und Handelskammern in Asien und der Schweiz.


Zum Unternehmen:
Die Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV unterstützt Schweizer Exporteure und Finanzierungsinstitute mit Wissen und Beratung im Exportversicherungsgeschäft sowie einem Versicherungsangebot. Dieses besteht aus Versicherungen für Exporte von Konsum- und Investitionsgütern, Bau- und Ingenieurarbeiten sowie von anderen Dienstleistungen.
In den meisten Industriestaaten steht der Exportwirtschaft eine staatliche Exportrisikoversicherung zur Verfügung. Gerade deshalb ist die SERV ein wichtiges Instrument der wirtschaftlichen Standortpolitik. Sie gewährleistet die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Unternehmen, die sich als Exporteure im internationalen Wettbewerb bewähren müssen.

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