Dr. Edgar Rappold, VR-Delegierter der Winterthur Technologie AG
von Christa Spoerle
Herr Dr. Rappold, wie konjunktursensitiv ist die Nachfrage nach Produkten der WTG? Wie sieht es da mit den Werkzeugmaschinen aus?
Die Konjunkturintensität ist bei unseren Verbrauchsartikeln begrenzt. Selbstverständlich sind wir einem Bedarfsrückgang bei unseren Verbrauchergruppen entsprechend ausgesetzt. In diesem Zusammenhang freue ich mich, dass unsere Umsätze im Bereich von Industrien, die sich auf dem Sektor der Energieeffizienz engagiert haben, steigend sind. Solche Produkte sind nur wenig zur Konjunktur korreliert Zudem ersetzen wir mit neuen Schleiftechnologien Alternativverfahren bei unseren Kunden. Neue Märkte und Produkte werden ebenfalls Kompensation bieten.
Die Situation bei den Werkzeugmaschinen sieht anders aus. Hier handelt es sich um Investitionsgüter, die den entsprechenden Zyklen unterliegen. Konjunktureinbrüche oder, wie von den Medien befürchtet, eine Rezession wirken sich bei Werkzeugschleifmaschinen entsprechend aus. Deshalb ist es wichtig zu bedenken, dass der Umsatz an solchen Investitionsgütern nur 13 % unseres Gruppenumsatzes beträgt. Der Rest sind Verbrauchsartikel und Ersatzteile.
Welche Produktinnovationen sind in Vorbereitung?›
Unsere Pipeline an neuen Produkten ist übervoll. Ich möchte zwei davon zitieren, die auf ganz unterschiedlichen Gebieten besonders vielversprechend sind: In der Stahlindustrie wird das Sägen mit Kostenvorteil durch unsere Trennschleifscheiben ersetzt. Wir produzieren diese bis Durchmesser 2000 mm, wobei wir an einem Produkt arbeiten, das insbesondere ökologische Aspekte berücksichtigt.
Im Präzisionsbereich ist eine Schleifscheibe marktreif, die den Verschleiss an teuren Abrichtdiamanten stark vermindert. Versuche haben Kostenreduktionen bis zu 30 % bewiesen. Die zitierten Produkte werden uns helfen, gerade in einer schwächeren Konjunktur die Kunden durch Einsparungspotentiale zu begeistern.
Für 2008 rechneten Sie mit einer Investitionsquote von 6%, wie sieht das voraussichtlich 2009 aus?
2008 werden wir eine Investitionsquote von 5 % nicht überschreiten. Diesen Rahmen wollen wir auch 2009 einhalten.
Wird das Projekt in China termingerecht abgeschlossen?
Wir liefern bereits im Werk Taicang gefertigte Diamantschleifwerkzeuge an chinesische Kunden. Die notwendige Prozesssicherheit wurde erreicht. Damit ist ein weiterer wichtiger Meilenstein im Rahmen unseres China Projektes erledigt. Als wirklich abgeschlossen kann man ein so bedeutendes Projekt wie die Produktion in China nicht betrachten , da wir künftig sicher noch andere Spezialitäten für den lokalen Markt vor Ort produzieren werden.
«In der Tat rechnen wir mit einem weiteren überproportionalen prozentuellen Wachstum, sowohl in den zentral- und osteuropäischen Ländern als auch in Asien»
Rechnen Sie mit einer Verschiebung ihrer Absatzmärkte Richtung Osten?
In der Tat rechnen wir mit einem weiteren überproportionalen prozentuellen Wachstum, sowohl in den zentral- und osteuropäischen Ländern als auch in Asien.
In welchen Ländern oder Industrien orten Sie noch eine steigende Nachfrage?
Steigende Nachfrage orten wir in zentral- und osteuropäischen Ländern wie bereits erwähnt, aber auch in China.
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Sind Sie erleichtert über die nachgebenden Rohwaren- und Energiepreise?
Die offenbar nachgebenden Rohwaren- und Energiepreise haben uns noch nicht erreicht. Bedenken Sie, dass insbesondere im Bereich des elektrischen Stromes langfristige Verträge bestehen, die uns einerseits vor Spitzen schützen, andererseits bei Preisrückgängen keine unmittelbaren Vorteile bieten.
Müssen Sie über Ihre Guidance von 18-19% EBITDA-Marge nachdenken?
Nein, unsere Guidance von 18 bis 19 % EBITDA-Marge gilt unverändert für 2008.
«Im Laufe dieses Jahres habe ich eine grössere Anzahl an Aktien zugekauft. Ich denke jedoch nicht an ein ‹Going Private› »
Nach dem stolzen Halbjahresabschluss, sind Sie da ins Übernahmevisier geraten?
Wir haben keine Übernahmeangebote erhalten.
Unter welchen Umständen würden Sie ein Übernahmeangebot empfehlen?
Ein Übernahmeangebot kann ich der Generalversammlung nur dann empfehlen, wenn ein fairer Preis und eine entsprechende Kontrollprämie bezahlt werden.
Hegen Sie nach der Übernahme der deutschen Wendt weitere Akquisitionspläne?
Wir prüfen laufend interessante Akquisitionsmöglichkeiten. Allerdings planen wir mittelfristig keine Übernahme in der Grössenordnung der deutschen Wendt.
Sie sind der grösste Aktionär von WTG (13%), könnten Sie sich vorstellen, Ihren Anteil zu erhöhen?
Ja, selbstverständlich. Im Laufe dieses Jahres habe ich eine grössere Anzahl an Aktien zugekauft. Ich denke jedoch nicht an ein «Going Private».
Der Gesprächspartner:
Edgar Rappold ist 1946 als schweiz-österreichischer Doppelstaatsbürger in Wien geboren. Nach seinem Chemie-Studium an der ETH in Zürich und Padua gründete er ein Industrieberatungsbüro, während er noch einen MBA absolvierte. 1986 übernahm er die Rappold Schleifmittel Industrie, Österreich. Die Übernahme der WST Winterthur Schleiftechnik AG 1993 und die folgende Integration der schwedischen SlipNaxos Gruppe bildeten neben weiteren Akquisitionen und der Neugründung von Tochtergesellschaften die Basis für die Entstehung der heutigen Winterthur Technologie Gruppe.
Das Unternehmen:
Die Winterthur Technologie Gruppe (WTG), mit Sitz in Zug, ist ein führender internationaler Anbieter komplexer Schleiftechnologie mit Produktionsbetrieben in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Schweden, Belgien, den USA, Russland und China. WTG beschäftigt 1.500 Mitarbeiter und hätte, unter Berücksichtigung der am 26.6.2007 akquirierten Wendt-Gruppe, im Jahr 2007 einen Umsatz von über EUR 217 Millionen erzielt. Die Hauptmarken der Gruppe sind Winterthur, Wendt, Rappold und SlipNaxos.