Finanzkrise trifft Postbank mit voller Wucht

Die Aktionäre müssen auf eine Dividende verzichten – ihr diesjähriges Gewinnziel kassierte die Bank ebenfalls ein. «Die Postbank wurde im dritten Quartal von der Finanzkrise hart getroffen», räumte Vorstandschef Wolfgang Klein am Montag ein. Den Rettungsschirm des Staates begrüsste Klein als «Grosstat», will ihn aber vorerst nicht in Anspruch nehmen. «Wir haben uns für den privatwirtschaftlichen Weg entschieden.»


Kursrutsch
An der Börse sorgten die Nachrichten für einen Kursrutsch. Zuletzt lag die Postbank-Aktie mit minus 26 Prozent auf 13,87 Euro am DAX-Ende. Für viele kamen die roten Zahlen und die Kapitalerhöhung «wie ein Schock», Analysten äusserten sich zum Teil weniger überrascht. «Das wird nicht die letzte Kapitalerhöhung der Postbank sein, die wir gesehen haben», vermutet Analyst Dirk Becker von der Landsbanki Kepler. «Die haben noch eine Menge an strukturierten Kreditprodukten im Portfolio.»


Absturz in die Verluszone
Im dritten Quartal verbuchte die Postbank vor Steuern einen Verlust von 449 Millionen Euro. Hauptgrund waren Belastungen im Zusammenhang mit dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers in Höhe von mehr als 350 Millionen Euro. Hinzu kamen Wertkorrekturen bei strukturierten Krediten und Aktienbeständen. Insgesamt schlug die Finanzkrise im dritten Quartal bei den Bonnern stärker zu Buche als in der bisherigen Krise insgesamt. Auch im vierten Quartal könne sich die Postbank weiteren Turbulenzen nicht entziehen, sagte Klein. Durch die neuen Belastungen sackte die Kernkapitalquote bis Ende September um 0,8 Prozentpunkte auf nur noch 5,5 Prozent ab. Um die dünne Kapitaldecke zu stärken, will die Postbank noch im vierten Quartal ihr Kapital um bis zu eine Milliarde Euro erhöhen.


Privatwirtschaftliche Lösung bevorzugt
Insgesamt sollen dafür bis zu 54,8 Millionen neue Aktien ausgegeben werden – der Mehrheitseigentümer Post hat sich verpflichtet, alle angebotenen Aktien zu 18,25 Euro zu zeichnen. Die Kernkapitalquote soll nach der Kapitalerhöhung bei mindestens 6,9 Prozent liegen. «Wohl fühle ich mich mit einem Wert von Mitte sieben bis Mitte acht», betonte Klein. Positive Auswirkungen verspricht sich der Postbank-Chef dabei auch von neuen Bewertungsmethoden für aktuell nicht handelbare Papiere. Sofern sich die Krise nicht noch einmal dramatisch verschärfe, sehe er die Postbank nach der Kapitalerhöhung «ausreichend kapitalisiert». Selbst bei weiterem Bedarf werde er sich aber auch in Zukunft zuerst an die Investoren wenden: «Solange wir das privatwirtschaftlich angehen können, werden wir das auch privatwirtschaftlich lösen.»


Einstieg der Deutschen Bank nicht gefährdet
Die Deutsche Bank als künftiger Grossaktionär habe keinen Einfluss auf die Entscheidung zur Kapitalerhöhung gehabt, betonte Klein. Den für Anfang kommenden Jahres geplanten Einstieg des Branchenprimus sieht keiner der Beteiligten gefährdet, auch wenn er für die Deutsche Bank nun etwas teuerer wird. «Die Dinge laufen trotz der Finanzkrise planmässig», sagte Klein. Derzeit würden operative Bereiche abgestimmt. Auch die Deutsche Bank betonte, dass der Einstieg im Plan liege.


Geschäft läuft «planmässig bis überplanmässig»
Klein sagte, rein operativ laufe das Geschäft bei der Postbank «planmässig bis überplanmässig». Zins- und Provisionsüberschuss sowie der Verwaltungsaufwand hätten sich im dritten Quartal positiv entwickelt. Das bisher für das operative Geschäft ausgegebene Gewinnziel für das laufende Jahr wollte der Postbank-Chef dennoch nicht wiederholen. Im aktuellen Umfeld halte er es nicht für angebracht, ein konkretes Ziel für 2008 auszugeben, sagte er. Bislang hatte die Postbank für dieses Jahr einen operativen Vorsteuergewinn von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Mittelfristig peilt die Postbank eine nachhaltige Eigenkapitalrendite nach Steuern von 13 bis 15 Prozent an.


Fokussierung auf Kerngeschäft
Die Postbank will sich künftig noch unabhängiger von den Kapitalmärkten machen und sich noch stärker auf das Kerngeschäft mit Privat- und Firmenkunden konzentrieren. Der Abbau von Aktienbeständen im vierten Quartal könne kurzfristig zu Belastungen führen, langfristig werde aber das Risiko zurückgefahren. Das Handels- und Finanzanlageergebnis soll kräftig eingedampft werden. Auch wenn er selbst «zarte Anzeichen» für eine Entspannung erkenne, sieht Klein noch harte Zeiten auf die Bankenbranche zukommen. «Ich glaube, dass wir uns bis 2009 auf anspruchsvolle Zeiten in einem rezessiven Umfeld einstellen müssen», sagte er. Bis zum Zusammenbruch von Lehman Brothers habe er damit gerechnet, dass sich die Situation auf die Finanzmärkte beschränkt, nun seien aber klar rezessive Tendenzen erkennbar. «Ich bezweifel, ob sich diejenigen, die Lehman haben fallen lassen, wirklich bewusst waren, was sie damit auslösen.» (awp/mc/ps/15)

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