Kommentar zum Bundesratsbeschluss: Der Fall des Sonderfalls

Von Helmuth Fuchs


Während einige Beobachter schon langsam Licht am Ende des Tunnels herbeiprognostizieren, vollzieht der zuvor in seiner Gesamthaltung beruhigend nicht-agierende Bundesrat nun noch eine plötzliche Kehrtwende. Wo zuvor Bundesrätin Doris Leuthard kein Problem sah, und als sie es dann sah, gleich die Rettung der Banken per Blankoscheck in Aussicht stellte, Bundesrat Couchepin keinen Grund zum Handeln ausmachte («Warum soll man Geld hinein pumpen, wenn es nicht nötig ist?») und die anderen Mitglieder des Rates ebenfalls kein Öl ins Feuer giessen wollten, nimmt man jetzt mit Erstaunen die überraschende Beteiligung des Bundesrates an der UBS wahr.


Viele neue Fragen durch das späte Eingreifen
«Warum jetzt?» ist die erste Frage, die mich anspringt. Jetzt, da viele Kommentatoren und Marktteilnehmer fast schon Bewunderung für die «coolness» der Schweizer Regierung und Bevölkerung aufbrachten und sich mit der Positionierung der Finanzbranche nach der Krise beschäftigten. Und da sahen sie, vor allem dadurch, dass die Schweizer Banken die Krise ohne staatliche Eingriffe bewältigten, einen klaren Marktvorteil durch Vertrauensgewinn für den Schweizer Finanzplatz. Die Schweizer Banken würden gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, war die einhellige Meinung. Zudem meldete die UBS einen kleinen Quartalsgewinn und beteuerte, die Risiken im Griff zu haben. Dass jetzt problematische Aktive an die Schweizerische Nationalbank SNB ausgegliedert werden, und der Bund im Gegenzug zum Beispiel bei Boni und Abgangsentschädigungen bei der UBS mitreden will, zeugt nicht von einer Genesung, sondern wirft nur weitere Fragen über den Gesundheitszustand der UBS auf.


Zwei Grossbanken auf unterschiedlichen Wegen
Die CS als zweite Grossbank der Schweiz erwartet aktuell einen Quartalsverlust von 1,3 Milliarden Franken und hat zur Stärkung der Eigenkapitalbasis am Markt rund 10 Milliarden Franken aufgenommen. Der grösste Teil des Geldes stammt aus Qatar. Die eine Grossbank muss sich vom Staat helfen lassen, während die andere das Geld am Markt aufnimmt. Wie wird sich diese Konstellation auf die zukünftige Entwicklung der beiden Grossbanken auswirken? Wie wird sich die Mitsprache des Bundes auf die Saläre der UBS-Manager auswirken? Werden jetzt nur noch zweitklassige Banker bei der UBS anheuern (was in der Vergangenheit ja immer als Begründung für die Lohnexzesse herhalten musste)? Wir haben durch das Eingreifen des Bundesrates die einmalige Gelegenheit, zwei unterschiedliche Lösungsansätze und deren Auswirkungen hautnah und in Realität mitzuerleben. Schade um den Fall des Sonderfalls, aber spannend für die Entwicklung des Finanzplatzes Schweiz. Und gut auch für Bundesrätin Doris Leuthard, da die Schweiz jetzt nicht mehr im Ruch einer «Trittbrettfahrerin» steht, sondern, wie alle andern auch, sich an der Rettung der Banken beteiligt.

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