US-Schluss: Dow fällt unter 10.000 Punkte
Dies, nachdem sich die Finanzkrise auch in Europa weiter verschärft hat. Die Talfahrt der vergangenen Woche wurde daher mit unvermindertem Tempo wieder aufgenommen. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss mit minus 3,58 Prozent auf 9.955,50 Zähler auf dem tiefsten Stand seit vier Jahren. Damit erholte er sich in der letzten Handelsstunde von seiner spektakulären Talfahrt. Der marktbreite S&P-500-Index fiel um 3,86 Prozent auf 1.056,85 Zähler. An der NASDAQ verlor der Composite-Index 4,34 Prozent auf 1.862,96 Zähler. Der NASDAQ 100 gab um 4,05 Prozent auf 1.411,28 Punkte nach.
Wiederholt standen vor allem Finanzwerte im Mittelpunkt des Interesses: Im Übernahmekampf um die viertgrösste US-Bank Wachovia steht US-Medien zufolge als Kompromiss eine Zerschlagung des Instituts zur Diskussion. Die beiden Kaufinteressenten Citigroup und Wells Fargo verhandelten über eine Aufteilung der Bank, berichtete das «Wall Street Journal». Citigroup verklagte Wachovia zugleich auf Schadensersatz und Strafzahlungen von insgesamt 60 Milliarden Dollar (44 Mrd Euro), wenn die bereits vor einer Woche verkündete Übernahme scheitern sollte. Die US-Notenbank dringt wegen der prekären Schieflage von Wachovia auf eine rasche Einigung.
Die Citi-Aktien verloren 5,12 Prozent auf 17,41 Dollar und die von Wachovia sanken um 6,92 Prozent auf 5,78 Dollar. Wells Fargo hielten sich dagegen mit minus 2,66 Prozent auf 33,64 Dollar vergleichsweise moderat.
Der Finanzkonzern Bank of America (BoA) stimmte nach der Übernahme des US-Immobilienfinanzierers Countrywide einem Milliardenvergleich zugunsten amerikanischer Hausbesitzer zu. Rund 400.000 in Not geratene Kreditnehmer sollen Erleichterungen von insgesamt mehr als 8,4 Milliarden Dollar erhalten. Die Einigung ist Behörden zufolge der bislang grösste Vergleich dieser Art in den USA und soll den Weg für weitere Abkommen mit anderen Banken ebnen. Die BoA-Aktie gab als schwächster Wert im Dow Jones um 6,55 Prozent auf 32,22 Dollar nach. Auch andere Bankenwerte zeigten sich sehr schwach: JPMorgan büssten 4,14 Prozent auf 44,00 Dollar ein und Merrill Lynch verloren 9,26 Prozent auf 24,20 Dollar.
Neben der Krise an den Finanzmärkten sorgte eine milliardenschwere Übernahme in der Pharmabranche für Schlagzeilen. Eli Lilly siegte in einem Bieterwettstreit um die US-Biotechfirma ImClone Systems. Für rund 6,5 Milliarden Dollar (4,8 Mrd Euro) wird Eli Lilly ImClone nun in bar übernehmen. Der Krebstherapie-Spezialist hat seinen Aktionären die Annahme des Angebots bereits empfohlen. Kontrahent Bristol-Myers Squibb , der ebenfalls für ImClone geboten hatte, will seine rund eine Milliarde Dollar niedrigere Offerte nicht weiter erhöhen. ImClone zählten mit plus 2,99 Prozent auf 66,90 Dollar zu den wenigen Gewinnern am Aktienmarkt. Eli Lilly gaben um 7,00 Prozent auf 38,42 Dollar nach und BMS um 5,43 Prozent auf 19,32 Dollar.
Mit einem Aufschlag von 12,77 Prozent auf 30,90 Dollar zählten auch die Titel der Hartford Financial Services Group zu den wenigen Favoriten der Anleger. Der grösste deutsche Versicherungskonzern Allianz will sich an dem US-Finanzdienstleister mit 2,5 Milliarden Dollar beteiligen. Für 750 Millionen Dollar soll ein Aktienpaket von etwa acht Prozent erworben werden und für die weiteren 1,75 Milliarden Dollar sollen Wandelschuldverschreibungen gekauft werden. Es handele sich um ein «reines Finanzinvestment», hiess es seitens der Allianz.
Die Aktie von Alcoa schloss mit einem Abschlag von 5,87 Prozent auf 18,11 Dollar. Zeitweise war sie um mehr als 13 Prozent bis auf 16,70 Dollar eingebrochen. Das sei der grösste Kursverlust seit mehr als 20 Jahren gewesen, sagten Händler. UBS-Analyst Brian MacArthur hatte seine Gewinnprognosen gesenkt und in der Folge auch das Kursziel der Aktie des grössten US-Aluminiumherstellers. Er reduzierte es vor der Zahlenvorlage an diesem Dienstag von 46 auf 25 Dollar, bestätigte aber zugleich sein Anlageurteil «Buy». Die kräftige Kursziel-Senkung begründete er mit rückläufigen Aluminiumpreisen und Produktionskürzungen.
Zudem standen mehrere Unternehmen mit Umstufungen oder Kurszieländerungen im Blick: Research In Motion (RIM) brachen zeitweise um mehr als 10 Prozent ein, nachdem die Deutsche Bank das Ziel der Aktie des BlackBerry-Herstellers in Erwartung eines enttäuschenden Quartals von 70 auf 50 Dollar gesenkt und den Titel mit «Sell» bestätigt hatte. Mit minus 2,36 Prozent auf 59,52 Dollar gingen sie schliesslich aus dem Handel. Wie Analyst Brian Modoff schrieb, hat er Bedenken, dass der BlackBerry-Hersteller sein neues Modell Bold nicht rechtzeitig an AT&T verschicken wird. Dies könnte dazu führen, dass RIM die Ziele für das laufende Quartal verfehlt.
Die Titel des Internetunternehmens Yahoo! gaben um 5,06 Prozent auf 15,19 Dollar nach. Die Experten von Sanford C. Bernstein senkten das Kurziel für die Yahoo-Aktien von 24 auf 21 Dollar und beliessen die Aktie auf «Market Perform». Die jüngsten Bemühungen des Konzerns Kosten einzusparen, seien «teilweise ineffektiv» gewesen, hiess es.
Die Anteilsscheine von Coca-Cola fielen um 3,14 Prozent auf 50,92 Dollar. Die Deutsche Bank hatte die Titel von «Buy» auf «Hold» abgestuft und das Kursziel von 64 auf 56 Dollar gesenkt. Bisher habe sich die Aktie dem schwachen Markt entgegenstellen können, aber inzwischen seien auch bei Coca-Cola schwächere Absatzvolumen und Gegenwind von der Währungsseite zu erwarten. (awp/mc/ps/02)