Grösste Banken-Pleite der US-Geschichte: Aus für Sparkasse WaMu
Innerhalb von nur zwei Wochen fielen den Turbulenzen reihenweise grosse US-Finanzhäuser zum Opfer. Washington Mutual (WaMu) ist als börsennotiertes Institut keine Sparkasse im deutschen Sinn. Darauf wies auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) am Freitag hin. Es gebe auch keine Verbindung zu den Sparkassen in Deutschland.
1,9 Milliarden Dollar für Einlagen und Filialen
J.P. Morgan Chase zahlt 1,9 Milliarden Dollar (1,3 Mrd Euro) für die von Washington Mutual übernommenen Einlagen und Filialen. Das gab die US-Sparkassenaufsicht am späten Donnerstagabend (Ortszeit) bekannt. Durch den Rettungskauf steigt J.P. Morgan zur nach Einlagen grössten US-Bank auf mit 5.400 Zweigstellen und Kundengeldern von rund 900 Milliarden Dollar auf.
Keine ausreichende Liquidität mehr
Die Washington Mutual mit Sitz in Seattle (US-Bundesstaat Washington) erlitt in der Kreditkrise Milliardenverluste. Sie büsste in diesem Jahr auch mehr als 90 Prozent ihres Börsenwerts ein. Zuletzt habe Washington Mutual habe keine ausreichende Liquidität mehr gehabt, berichtete die US-Sparkassenaufsicht OTS (Office of Thrift Supervision). Das Institut wurde deshalb zunächst unter staatliche Kontrolle gestellt. Der anschliessende Verkauf an J.P. Morgan habe keine Auswirkungen für die Kunden und deren Einlagen von knapp 190 Milliarden Dollar. Die Filialen sollten am Freitag wie gewohnt öffnen. Aktionäre und Gläubiger der Sparkasse gehen jedoch den Angaben nach weitgehend leer aus.
Massiv auf dem Hypothekenmarkt engagiert und verhoben
Die US-Sparkasse hatte sich während des Immobilienbooms massiv auf dem Hypothekenmarkt engagiert und verhoben. Zuletzt fielen in drei Quartalen hintereinander mehr als sechs Milliarden Dollar Verlust an. Verschärft wurden die Probleme durch den Kurssturz der Aktie und eine Herabstufung durch Ratingagenturen auf «Schrott»-Niveau. Am Schluss wurde die Lage lebensbedrohlich: In den vergangenen zehn Tagen hätten Kunden scharenweise insgesamt 16,7 Milliarden Dollar an Guthaben abgehoben, so die Aufsicht.
Einlagensicherungsfonds der Branche nicht belastet
Dank der Übernahme werde der Einlagensicherungsfonds der Branche durch den Zusammenbruch nicht belastet, teilten die Behörden mit. Sonst hätte dies laut Analysten über 20 Milliarden Dollar gekostet. Washington Mutual hatte zuletzt eine Bilanzsumme von mehr als 300 Milliarden Dollar. Bei der zuvor grössten US-Bankenpleite war im Jahr 1984 die Continental Illinois Corp. zusammengebrochen mit einem im Vergleich weit kleineren Vermögenswert von damals 40 Milliarden Dollar.
Mehr als 43’000 Mitarbeiter
Die Sparkasse beschäftigte zur Jahresmitte mehr als 43’000 Mitarbeiter. Sie hatte 2200 Filialen in 15 US-Bundesstaaten mit einem Schwerpunkt in den Staaten Kalifornien, Washington und Florida. Zuletzt strich WaMu tausende Stellen und kürzte das Geschäft mit Hauskrediten radikal. Wegen ihrer Probleme stand die Sparkasse bereits unter verschärfter staatlicher Aufsicht und hatte ihren Chef ausgewechselt. Erst vergangene Woche stellte sie sich selbst zum Verkauf. Mehrere Banken winkten aber Medienberichten zufolge ab.
Kapitalspritze von acht Milliarden Dollar
J.P. Morgan Chase will sich parallel zum Kauf durch die Ausgabe neuer Aktien eine Kapitalspritze von acht Milliarden Dollar verschaffen. Auf faule Kredite von WaMu schreibe die Bank umgehend 31 Milliarden Dollar ab. Konzernchef Jamie Dimon zeigte sich mit dem Preis für WaMu sehr zufrieden. Trotz eines Gewinneinbruchs verdaute J.P. Morgan die Kreditkrise bislang besser als viele Wettbewerber. Im Zuge der Finanzkrise hatte J.P. Morgan in diesem Jahr bereits die notleidende US-Investmentbank Bear Stearns übernommen. Auch damals war der Staat am Zustandekommen des Geschäfts beteiligt. Der Finanzkonzern gab zudem bereits vor einigen Monaten ein Angebot für WaMu ab, blieb aber erfolglos.
Jüngster dramatischer Fall innerhalb von zwei Wochen
Washington Mutual ist der jüngste dramatische Fall innerhalb von zwei Wochen mit historischer Umwälzungen der Branche: Die Investmentbank Lehman Brothers meldete Teilinsolvenz an und wird zerschlagen. Wettbewerber Merrill Lynch rettet sich in die Arme der Bank of America. Der Versicherungsriese AIG musste vom Staat durch einen Mega-Kredit vor dem Aus bewahrt werden und steht vor dem Verkauf weiter Konzernteile. Im laufenden Jahr ist in den USA ausser WaMu bereits ein Dutzend kleiner und mittlerer Banken zusammengebrochen.
Wall Street in ersten Reaktionen zwiespältig
Die Rettungsaktion für WaMu wurde an der Wall Street in ersten Reaktionen zwiespältig aufgenommen. Der Kauf sei ein Zeichen der Stärke von J.P. Morgan Chase und damit positiv für den Finanzmarkt. Zugleich zeige die jüngste Notübernahme aber auch, dass die Kreditkrise noch lange nicht ausgestanden sei, sagten Experten. (awp/mc/gh/26)