Paul Hälg, CEO Dätwyler

Von Christa Spoerle


Moneycab: Herr Dr. Hälg, Dätwyler konnte 2007 erneut ein Rekordergebnis vorlegen. Welches ist ihr Erfolgsrezept?


Paul Hälg: Als Multi-Nischenplayer liegt das Erfolgsrezept von Dätwyler in der konsequenten Fokussierung unserer Konzernbereiche auf attraktive industrielle Marktnischen. Als attraktiv erachten wir eine Nische, wenn sie klar abgrenzbar ist, Eintrittsbarrieren aufweist sowie Potenzial für Wachstum und Differenzierung bietet. Mit dieser Ausrichtung gelang es uns 2007, überproportional vom günstigen Umfeld zu profitieren.


Auch für 2008 sind Sie vorsichtig optimistisch. Welche Bedeutung hat eine Konjunkturabschwächung für Dätwyler insgesamt und welcher der vier Bereiche ist hier besonders sensibel?


Wir spüren in unseren industriellen Marktnischen noch keine Anzeichen eines Nachfragerückgangs. Mit dem Konzernbereich Präzisionsrohre haben wir Ende 2007 den konjunktursensitivsten Bereich verkauft. Und mit der Übernahme der schwedischen ELFA Gruppe bauen wir die konjunkturresistenteren Handelsaktivitäten aus. Mit diesen beiden Transaktionen konnten wir den Zielbereich für die EBIT-Marge des Portfolios über den Zyklus von 6 bis 10% auf 8 bis 12% erhöhen.


Zwar haben alle Konzernbereiche zum Ergebnis beigetragen. Was aber planen Sie zur Verbesserung der Rentabilität im Bereich Gummi und Pharmazeutische Verpackungen?


Im Geschäftsjahr 2007 haben alle Konzernbereiche eine gute Reiseflughöhe erreicht. Natürlich wollen wir uns weiter steigern. Im Konzernbereich Gummi werden wir beispielsweise unsere Marktposition im Nafta-Raum durch die Eröffnung einer Fertigungsstätte in Mexiko verbessern. Im Konzernbereich Pharmazeutische Verpackungen läuft eine strategische Neuausrichtung mit mehrjährigem Investitions- und Marktentwicklungsprogramm. Damit werden wir uns bei den grossen Pharmakunden noch stärker als Anbieter von hochwertigen Elastomerprodukten positionieren.



«In Osteuropa sind die Märkte noch stark fragmentiert. Daher ist es gut möglich, dass sich für uns bereits kurzfristig Chancen für weitere kleinere Übernahmen eröffnen. Diese werden wir gezielt nutzen» Paul Hälg, CEO Dätwyler


Sie haben in den letzten Monaten mit dem Verkauf der Präzisionsrohre und dem Kauf der ELFA Gruppe viel bewegt, werden Sie das Tempo jetzt etwas drosseln oder planen sie weitere Übernahmen?


Für Dätwyler waren die beiden letzten Transaktionen von der Bedeutung und vom Volumen her sicher ausserordentlich. Das heisst aber nicht, dass wir uns auf den Lorbeeren ausruhen werden. Das Dätwyler Unternehmen Distrelec wird zusammen mit ELFA zum bedeutendsten Katalogdistributor in den Wachstumsmärkten Osteuropas. Hier sind die Märkte noch stark fragmentiert. Daher ist es gut möglich, dass sich für uns bereits kurzfristig Chancen für weitere kleinere Übernahmen eröffnen. Diese werden wir gezielt nutzen.


Wie steht es um das organische Wachstum und die Integration?


Das organische Wachstum hat für uns in den Konzernbereichen Kabel, Gummi und Pharmazeutische Verpackungen höchste Priorität. Auch im Konzernbereich Technische Komponenten werden wir nach der Integration von ELFA die neue Basis für organisches Wachstum nutzen. Akquisitionen, die nicht das Potenzial für organisches Wachstum bieten, machen keinen Sinn.


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Werden Sie die Produktion weiter Richtung Osten verlagern?


Für repetitive und personalintensive Arbeiten gibt es keine anderen Möglichkeiten als die Verlagerung nach Osteuropa oder Asien. Als Zulieferer von Industrieunternehmen mit Produktionsstätten in Tiefkostenländern haben wir häufig keine andere Wahl, als die Verlagerungen unserer Kunden nachzuvollziehen. Nur so bleibt unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten.



«Für know-how- und prozessintensive Produkte ist die Schweiz nach wie vor ein guter Standort. Auch für das Engineering und die Entwicklung sowie die Kundenbetreuung und den Verkauf bildet die Schweiz eine gute Basis.»


Welche Bedeutung hat für Sie der Standort Schweiz?


Für know-how- und prozessintensive Produkte ist die Schweiz nach wie vor ein guter Standort. Auch für das Engineering und die Entwicklung sowie die Kundenbetreuung und den Verkauf bildet die Schweiz eine gute Basis. So verfügen wir beispielsweise bei Dätwyler Rubber über ein Schweizer Kompetenzzentrum. Dieses ist der Dreh- und Angelpunkt für die weltweiten Aktivitäten.


Sehen Sie sich kapitalmässig für weitere Akquisitionen gut gerüstet?


Auch nach der Übernahme der ELFA Gruppe verfügen wir über eine starke Bilanz. Bei der Prüfung von Übernahmeobjekten achten wir jedoch strikt darauf, dass die Unternehmen bezüglich Produkt, Markt oder Wertschöpfung komplementär zu unseren eigenen Aktivitäten sind.


Dätwyler nimmt seit 1958 kontinuierlich eine Ausschüttung vor. 2007 wurde die Zielgrösse einer Ausschüttungsquote von 33% mit 38,4% deutlich übertroffen. Könnten Sie sich eine weitere Erhöhung vorstellen?


Nein, wir sind der Meinung, dass eine Ausschüttungsquote von rund 33% attraktiv ist.


Könnten Sie sich vorstellen, dass der Mehrheitsaktionär Pema Holding seinen Anteil verringert?


Dies ist zur Zeit kein Thema. Die klare Eigentumsstruktur ist gerade in einer Zeit von kurzfristig orientierten Finanzinvestoren ein Vorteil. Unsere Kunden und Mitarbeitenden profitieren von Sicherheit und Kontinuität, und ich kann mich um die Umsetzung der Strategie kümmern, statt Energie und Zeit für die Abwehr von unfreundlichen Übernahmeversuchen zu verlieren.


Die Dätwyler Aktien haben sich im Jahresvergleich recht gut gehalten, was erwarten Sie für die weitere Kursentwicklung?


Der Aktienkurs reflektiert unsere Anstrengungen zur Verbesserung der Ertragskraft der vergangenen Jahre. Es ist aber nicht meine Aufgabe, den aktuellen Börsenkurs zu kommentieren. Wir werden auch in Zukunft alles daran setzen, für unsere Aktionäre eine attraktive Rendite zu erwirtschaften. Dabei verfolgen wir eine langfristige Optik und wollen nachhaltige rentable Wachstumschancen nutzen.





Der Gesprächspartner:
Paul J. Hälg (1954, CH) wurde per August 2004 zum CEO der Dätwyler Gruppe berufen. Er führt auch den Konzernbereich Technische Komponenten. Vor seinem Eintritt in die Dätwyler Gruppe war er als Leiter des Geschäftsbereichs Klebstoffe Mitglied der Konzernleitung Forbo. Von 1986 bis 2001 war Paul J. Hälg in verschiedenen Führungsfunktionen bei Gurit-Essex (Gurit-Heberlein-Gruppe) tätig, zuletzt als CEO. Zuvor war er während fünf Jahren bei der Swiss Aluminium Ltd. beschäftigt. Paul J. Hälg präsidiert die Verwaltungsräte der börsenkotierten Gurit Holding AG und Medisize Holding AG. Er schloss sein Chemiestudium an der ETH Zürich mit dem Doktortitel (Dr. sc. techn.) ab.


Das Unternehmen:
Die Dätwyler Gruppe ist ein international ausgerichteter Multi-Nischenplayer, tätig als industrieller Zulieferer und Distributor technischer und elektronischer Komponenten. Dabei konzentriert sich die Gruppe auf attraktive Märkte und Nischen, die eine Erhöhung der Wertschöpfung sowie nachhaltig profitables Wachstum ermöglichen. Nach dem Verkauf des Konzernbereichs Präzisionsrohre (per 28 .Dezember 2007) fokussiert sich Dätwyler mit den Basistechnologien Elastomertechnik und Elektrotechnik auf die Märkte Industrie, Bau und Pharma. Die Dätwyler Gruppe umfasst die Konzernbereiche Kabel, Gummi, Pharmazeutische Verpackungen und Technische Komponenten. Mit über 50 operativen Gesellschaften, Verkäufen in über 100 Ländern und rund 4’700 Mitarbeitenden erwirtschaftet die Dätwyler Gruppe einen Umsatz von über 1,4 Mrd CHF.



 

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