Gewerkschaftsbund fordert Mindestlohn von 3500 Franken

«Wer Lohnarbeit leistet, muss vom Mindestlohn auch leben können», sagte SGB-Präsident Paul Rechsteiner vor den Medien in Bern. Mit der Neulancierung der Mindestlohnkampagne wolle man die Löhne den heutigen Bedingungen anpassen.


Existenzminimum für einen Einpersonenhaushalt
Die neuen Mindestlohnforderungen des SGB berufen sich auf ein Existenzminimum für einen Einpersonenhaushalt von 3’570 Franken. Rund 200’000 Personen arbeiten laut SGB heute für Löhne, die unter der offiziellen Armutsgrenze liegen. 11% der Arbeitenden erhalten gemäss Rechsteiner weniger als 3’500 CHF Lohn.


Lohnverbesserungen auch für Arbeitnehmer im Stundenlohn
Mit dem Mindeststundenlohn von 20 CHF will der SGB auch die Teilzeitbeschäftigten in die Lohnverbesserungen einbeziehen. Diese arbeiteten oft im Stundenlohn und unter prekären Bedingungen, sagte Rechsteiner.


Mindestens 1000 Franken für Lehrlinge
Die Forderung nach einem Mindestmonatslohn in allen Branchen für Gelernte ist neu. Neben dem Betrag von 4’500 CHF setzt der Gewerkschaftsbund auch eine nach unten begrenzte Limite für Lehrlinge: Diese sollten mindestens 1’000 CHF verdienen. «Eine Lehre ist volkswirtschaftlich von grösster Bedeutung», sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart. Deshalb könne es nicht sein, dass gelernte Arbeitskräfte nur unwesentlich mehr verdienten als Ungelernte. Es müsse ein Anreiz bestehen, eine Lehre zu absolvieren. Heute sei dem nicht immer so. So verdiene eine gelernte Buchhändlerin mit durchschnitlich 3’670 CHF nur rund 200 Franken mehr als eine ungelernte Arbeitskollegin.


Lehre als «Investition fürs Leben»
60% aller Gelernten bleiben laut Lampart in der angestammten Branche. «Eine Lehre ist eine Investition für das Leben», sagte er. Das müsse honoriert werden mit Löhnen, die das Überleben sichern. So orientiert sich die Mindestforderung am Existenzminimum für eine Familie mit zwei Kindern, das 4’600 CHF beträgt.


Standards sollen in GAV festgeschrieben werden
Der SGB will die neuen Standards für Minimallöhne über Gesamtarbeitsverträge (GAV) erreichen. In Branchen ohne GAV brauche es gesetzliche Mindestlöhne, die in Form von Normalarbeitsverträgen umgesetzt werden könnten, forderte Rechsteiner. Gerade auch im Kontext der bilateralen Verträge und der Personenfreizügigkeit seien Mindestlöhne absolut notwendig, um das schweizerische Lohnniveau gegen unten abzusichern, betonte der SGB-Präsident.


«Hungerlöhne» in verschiedenen Branchen
Besonders betroffen von «Hungerlöhnen» seien heute die Branchen Detailhandel, Gastgewerbe, Strassentransport, persönliche Dienstleistungen und die Industrie, sagte Andreas Riegert, Co-Präsident der Unia. Die erste, 1998 lancierte Mindestlohnkampagne des SGB ist laut Riegert zwar besonders bei den Detailhandelsriesen Migros und Coop erfolgreich gewesen. Dennoch arbeiteten in der Detailhandelsbranche im Jahr 2006 immer noch 27% der weiblichen Beschäftigten zu Löhnen unter 3’500 CHF. Noch prekärer sei die Lage bei den persönlichen Dienstleistungen, zu denen Coiffeure, Masseure oder Fusspflegerinnen zählten: 64% der Frauen erhalten dort laut Riegert weniger als 3’500 CHF im Monat. Männer seien grundsätzlich weniger stark von Hungerlöhnen betroffen. (awp/mc/pg)

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