DIFC-Chefvolkswirt wirbt für mehr Corporate Governance in Familienunternehmen
Vor zwei Jahren gründete Dr. Nasser Saïdi, Chefvolkswirt des Leitungsgremiums im Dubai International Financial Centre (DIFC), die Initiative Hawkamah (arab. für Unternehmensführung). Sie soll in Dubai und in der Golfregion die Corporate Governance fördern. Darunter versteht man im weiteren Sinne die Leitung und Kontrolle einer Firma oder Körperschaft im Spannungsfeld der wirtschatlichen Ziele und der Interessen von Anteilseignern, Mitarbeitern und Kunden.
Familiengeprägter Naher Osten
In den arabischen Golfstaaten werden 85% aller Firmen von Familien kontrolliert. Dies hat zur Folge, dass die meisten Firmen für die Öffentlichkeit nur wenig transparent arbeiten. Hawkamah hat jetzt mit der im DIFC ansässigen Shoora-Gruppe, die Familienunternehmen berät, ein Forum zur Förderung von Corporate Governance geschaffen. Im Zentrum des Forum stehen laut Shoora-Gründer Walid S. Chianara Fragen der Öffentlichkeitsarbeit und der Integrität von Familienunternehmen. Auch Family Business-spezifische Probleme wie Nachfolgeplanung und Kapitalbeschaffung sollen diskutiert werden. Bislang halte sich das Interesse an Corporate Governance in Grenzen, sagt Dr. Saïdi: «Uns fehlt eine Transparenzkultur im Nahen Osten, weil wir hier noch keinen «Fall Enron» oder «Barings Bank» hatten,» ist Chefvolkswirt Dr. Saïdi überzeugt.
Gemeinwohl vor Einzelinteressen
Sowohl die Scheichtümer am Golf als auch die grossen Konzerne werden von Familien kontrolliert. Darin spiegelt sich auch der im Islam verankerte Aspekt des Tauhid, der Einheit, wider. Während in Europa und den USA die individualistische Staatsauffassung vorherrscht, wonach der Staat aus der Summe der einzelnen Mitglieder besteht, verfolgt man im Mittleren Osten die organische Staatsauffassung. Dabei wird das Gemeinwohl stets den Interessen des Individuums übergeordnet. Dies hemmt freilich die Integration der Golfstaaten in die Weltwirtschaft und in die internationalen Kapitalmärkte, die im Sinne des Shareholder Value-Ansatzes nach einer transparenten Messung und Widergabe der Firmen-Performance verlangen. (gaf)
