SBB Cargo: Durchbruch zum Runden Tisch
Nach über dreistündigen Verhandlungen trat Transportminister Moritz Leuenberger am Samstag in Bern vor die Medien: Zwei Monate lang wollen die Konfliktparteien unter Leitung eines noch zu bestimmenden Mediators verhandeln. Dafür werden die Abbaumassnahmen zurückgezogen, und der Streik im Industriewerk Bellinzona soll beendet werden. Der Runde Tisch soll laut Leuenberger «ergebnisoffen und transparent» sein. Dies bedeute auch, dass alle Zahlen auf den Tisch gelegt werden sollten. Nach zwei Monaten werde man schauen, ob die Gespräche weitergeführt werden müssten. Basis muss noch entscheiden
Vorschlag muss noch abgesegnet werden
Die SBB wie die Streikenden müssen diesen Vorschlag noch vom Verwaltungsrat respektive von der Basis absegnen lassen. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass eines der beiden Gremien sich gegen einen Runden Tisch stellen wird. Der SBB-Verwaltungsrat wird sich laut SBB-Boss Andreas Meyer sofort zusammensetzen. Die Streikenden fällen ihren Entscheid am Sonntagmorgen.
Arbeitsplätze in Bellinzona sichern, Bund und Kanton sollen zahlen
Ziel des Runden Tischs ist es laut Leuenberger, möglichst viele qualifizierte Arbeitsplätze in Bellinzona zu sichern und neue Arbeitsplätze zu entwickeln. Ausschlaggebend für den Durchbruch war, dass der Bund und der Kanton Tessin sich unter Umständen finanziell engagieren werden, wie Andreas Meyer auf Anfrage sagte. Diese werden regionalpolitische Instrumente einsetzen und finanzielle Möglichkeiten zur Absicherung und zum Aufbau qualifizierter Arbeitsplätze prüfen, wie das Departement Leuenberger mitteilte. Dies laut Meyer für den Fall, dass regionalpolitische Faktoren höher gewichtet würden als rein unternehmerische.
Meyer: «Kein Spaziergang»
SBB-Verwaltungsratspräsident Thierry Lalive d’Epinay erklärte, er sei überzeugt, dass der Standort Bellinzona Zukunft habe. Der Rahmen für Lösungen sei jetzt grösser gesteckt als früher. Er betonte jedoch auch, die SBB nähme die Ergebnisoffenheit des Dialogs sehr ernst. Der Entscheid des Verwaltungsrats sei seinerzeit gut begründet gewesen. Meyer verwies darauf, dass die Gespräche unter einem enormen Zeitdruck stünden. Bis spätestens Ende Juni müssten die Aufträge für den Wagenunterhalt für das kommende Jahr verteilt werden. «Das wird kein Spaziergang.»
Sieg für alle?
Sowohl die Streikenden wie auch die SBB-Bosse werteten den Durchbruch am Samstag als Sieg. «Heute wurde der Gerechtigkeit genüge getan», sagte der sichtlich gerührte Streikführer Gianni Frizzo vom Werk Bellinzona. Die Streikenden könnten von einem Sieg sprechen. Es sei ein Sieg, sagte aber auch Lalive d’Epinay. Aber nicht der Sieg eines über den anderen, sondern ein Sieg für die Sache, die Eisenbahn. Und für Andreas Meyer war es ein «Sieg für alle». Der Tessiner Regierungspräsident Marco Borradori (Lega) schliesslich sprach vom Sieg des gesunden Menschenverstandes. Er sei überzeugt, dass nun für den Standort Bellinzona die beste Lösung gefunden werden könne.
(Tagesanzeiger/mc/hfu)