Stephan Weigelt, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bank CA St. Gallen AG

von Patrick Gunti


Moneycab: Herr Weigelt, die Bank CA St. Gallen AG hat ein erfolgreiches und aufregendes Geschäftsjahr 2007 hinter sich. Ein um 15,2 % gesteigerter Jahresgewinn von 8,3 Mio. Franken, ein um 23 % höherer Bruttogewinn von 26,1 Mio. Franken – wie werten Sie das Resultat?


Stephan Weigelt: Es ist in der Tat ein sehr erfreuliches Ergebnis. Einerseits ist es das Resultat unserer langfristigen Strategie, die beiden Geschäftssparten Kommerz und Privat Banking aus einer Hand anzubieten, und andererseits waren die Marktbedingungen – trotz Finanzmarktkrise – sehr freundlich. Über weite Strecken eine positive Börsenentwicklung und Anlagetätigkeit, eine sehr erfreuliche Konjunkturentwicklung mit leicht steigenden Zinsen, ein geringer Wertberichtigungsbedarf verbunden mit einer kontrollierte Kostenentwicklung.


Was hat das Zinsengeschäft im vergangenen Jahr geprägt?


Das Zinsengeschäft ist seit längerem von einem immer noch härteren Konkurrenzkampf, einer grossen Liquidität mit schwindenden Zinsmargen, aber auch geringen Wertberichtigungen und Verlusten, geprägt.


Dank des Ausbaus des Private Banking konnte auch das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft um 20,5 % auf 3,4 Mio. Franken zulegen. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung in diesem Bereich?


Wie die Zahlen und die Entwicklung der letzen Jahre zeigt, haben wir uns auch in diesem Bereich sehr gut positioniert. Vor allem mit unseren Vermögensverwaltungs-Dienstleistungen waren wir sehr erfolgreich. Die Performance-Zahlen liegen in wesentlichen Bereichen über Marktvergleichszahlen, was natürlich vor allem unsere Kunden freut. Sicher werden wir uns aufgrund dieser Leistungen auch in Zukunft gut behaupten können. Einiges unsicherer ist die aktuelle Finanzmarktsituation. Dies führt zur Zurückhaltung vieler Anleger und damit natürlich auch zu geringeren Umsätzen. Man tut also gut daran, wenn man von Schwankungen ausgeht; was ja auch normal ist – auch wenn man selbstverständlich lieber ein stetiges Wachstum hätte.


Nach zwei durch verdeckte Aktienkäufe aufgebauten Beteiligungen der St. Galler Kantonalbank (5 %) und der RBA-Holding (4,5 %) wollen Sie Massnahmen treffen, um die Unabhängigkeit zu sichern. Welche?


Wir beantragen eine «genehmigte Kapitalerhöhung», die zur Finanzierung von Übernahmen und Beteiligungen, zur Schaffung von Mitarbeiteraktien und für die Sicherung der Unabhängigkeit eingesetzt werden. Der Verwaltungsrat wird also ermächtigt – aber nicht verpflichtet! – die neuen Aktien, d.h. strategische Beteiligungen, so zu platzieren, dass unsere erfolgreiche Positionierung im Markt als unabhängige Bank mit starkem Regional- und Kundenbezug auch in Zukunft möglich ist. Die weiteren Statuenanpassungen betreffend das notwendige Quorum von 2/3 der vertretenen Stimmen sind einerseits Präzisierungen und Ergänzungen zum Beschluss (Notwendigkeit des qualifizierten Mehrs für eine Umwandlung von Namen- in Inhaberaktien und die Abberufung von mehr als einem Drittel des Verwaltungsrates) an der letzten Generalversammlung.


Die Präzisierungen betreffen vor allem die vor einem Jahr mit grossem Mehr (94 %) beschlossene Einführung der Eintragungs- und Stimmrechtsbeschränkung. Und selbstverständlich ist eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit die wichtigste Basis um im Markt als eigenständiges Unternehmen bestehen zu können.


Nicht zuletzt diese RBA-Beteiligung hat schliesslich zum vorzeitigen Bruch zwischen der Bank CA St. Gallen AG und der RBA geführt. Aber bereits zuvor hatte der Informatikstreit geschwelt. Nun treten die Aktionärsbanken der Fi-nanz-Logistik AG, zu denen neben Ihrem Institut auch die Alpha RHEINTAL Bank und die swissregiobank gehören, per Ende 2009 aus dem RBA-Verbund mit dessen IT-Plattform IBIS aus. Was sind die Gründe?


Die Kündigung hat nicht primär mit dem Aktienengagement der RBA zu tun – auch der Zeitpunkt nicht – obwohl uns der verdeckte Aufbau, also vor allem das Vorgehen, befremdet hat. Wir haben vor einem Jahr die Evaluation von Informatik-Alternativen und die Überprüfung der Sourcing-Strategie im Zusammenhang mit unserem erfolgreichen Dienstleistungszentrum Finanz-Logistik AG lanciert. Dies aufgrund des Entwicklungsstandes der heutigen RBA-/RTC-Lösung IBIS sowie der auf dem Markt verfügbaren Lösungen. Die Abklärungen haben ein klares Resultat aufgezeigt.


Deshalb haben wir uns für finnova als Bankenplattform entschieden und in der Folge versucht in der RBA die Möglichkeit zu schaffen, diesen Veränderungsprozess zu vollziehen. Dies wurde uns an der letzten RBA-Poolversammlung verwehrt, was in Anbetracht der Tatsache, dass die Valiant Privatbanken schon seit einigen Jahren eine andere Lösung einsetzt, unakzeptabel ist.


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Sie haben von der RBA verlangt, den Zwang aufzuheben, mit IBIS arbeiten zu müssen. Was waren Ihre Kritikpunkte an der Kernbankenlösung der RTC?


Die Zukunftsfähigkeit der Alternativlösungen wurde von den Experten als besser beurteilt. Und auch bezüglich Kosten konnten erfreulichere Perspektiven dargelegt werden.


Bereits zuvor haben die drei Ostschweizer Regionalbanken beschlossen, auf die Informatik-Plattform der finnova Bankware AG zu wechseln. Was gab den Ausschlag für Finnova?


Der Evaluations- und Entscheidungsprozess war mehrstufig. Zu Beginn waren drei Lösungen einbezogen, in der zweiten Phase dann noch die zwei neueren Alternativlösungen. Im Spätsommer war dann das Ergebnis klar. Für uns war somit auch klar, dass ein Wechsel erfolgen muss; wenn immer möglich im Rahmen der RBA. Wir haben immer Wert auf hohe Transparenz gelegt und deshalb auch entsprechend laufend informiert. 


«…Im schlechtesten Fall entstehen somit direkte Austrittskosten von rund 3.6 Mio. Fr. Dieser Betrag wird im ersten Quartal 2008 vorsorglich zurückgestellt; dies als ausserordentlicher Aufwand.» (Stephan Weigelt)


Wie weit sind die Verhandlungen mit Finnova gediehen und wie sieht der weitere Zeitplan aus?


Die Verhandlungen mit den verschiedenen Anbietern sind teilweise praktisch abgeschlossen, teilweise auf gutem Weg. Es sind ja verschiedene Partner involviert (Software-Hersteller für die Plattform, aber auch für die Umsysteme, Implementierer, Provider etc.). Wir informieren immer wenn konkrete Ergebnisse vorliegen und diese von allgemeinem Interesse sind. Die wichtigsten Partner sollten bis April 2008 definiert sein. Die Umstellung ist im 2. Semester 2009 vorgesehen.


Welche finanziellen Folgen hat der Wechsel der IT-Plattform, einerseits durch den vorzeitigen Ausstieg aus der RBA-Holding, andererseits auf der Investiti-onsseite für die Finnova-Plattform?


Die 0.25 % Austrittsentschädigung gemessen an der Bilanzsumme ist allgemein bekannt. Bei 1.8 Mrd. Fr. Bilanzsumme – approximativ; die massgebliche wäre zur gegebenen Zeit noch zu ermitteln – beträgt diese 4.5 Mio. Fr. Wie bereits informiert, bestreiten wir diese, wurden wir doch zum Austritt gezwungen. Wir beanspruchen lediglich das gleiche Recht wie eine andere RBA-Bank (Valiant Privatbank). Demgegenüber sind wir bei einem ordentlichen Austritt verpflichtet, unseren Aktienanteil an der RBA-Holding beim Austritt aus dem Pool zum Nominalwert zurückzugeben. Nachdem wir diese Aktien auf den Erinnerungsfranken abgeschrieben haben, resultiert daraus mindestens ein Erlös von Fr. 952’000.–. Diesbezüglich vertreten wir die Meinung, dass uns ein höherer Wert zusteht. Im schlechtesten Fall entstehen somit direkte Austrittskosten von rund 3.6 Mio. Fr. Dieser Betrag wird im ersten Quartal 2008 vorsorglich zurückgestellt; dies als ausserordentlicher Aufwand.


Im Weitern fallen die nächsten zwei Jahre selbstverständlich IT-Projekt-Kosten an. Gemäss unseren Berechnungen im Rahmen der Evaluationsstudien ist mit ausserordentlichen Zusatzkosten von ca. 6.5 Mio. Fr. zu rechnen. Nach erfolgter Umstellung sind Einsparungen im IT-Bereich zu erwarten. Den Break Even erreichen wir spätestens im Jahr 2014.


Würden Sie den Plattform-Wechsel auch ohne die beiden anderen Mitglieder der Finanz-Logistik AG tätigen?


Diese Frage stellt sich nicht. Alle drei Banken haben beschlossen, den Wechsel zu vollziehen.


Der RBA-Verbund arbeitet nicht nur im Informatik-Bereich zusammen. Was bedeutet hier der Ausstieg für die drei Ostschweizer Regionalbanken?


Man muss nun grundsätzlich fragen, was uns die RBA noch anbieten möchte. Dann können diese Angebote bei den Abklärungen einbezogen werden.


Herr Weigelt, herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.





Zur Person:
Stephan Weigelt, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Mörschwil, ist seit 1992 Mitglied der Geschäftsleitung und seit 1998 deren Vorsitzender. Er absolvierte die Swiss Banking School und vertritt die Bank in folgenden erwähnenswerten Verwaltungsräten: Finanz-Logistik AG, St.Gallen (Präsident) und der Schweizerische Bankiervereinigung, Basel. Im Weiteren ist er Vizepräsident der Gemeinnützigen- und Hilfsgesellschaft der Stadt St.Gallen.

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