Harald Nedwed, Präsident der Geschäftsleitung Migros Bank

von Patrick Gunti


Herr Nedwed, die Migros Bank hat in ihrem 50. Geschäftsjahr erstmals über 100 Mio. Franken Reingewinn erwirtschaftet. Welches sind die Hauptgründe für das um 6,2 % verbesserte Ergebnis?

Wir konnten die Anzahl Kunden und die Geschäftsvolumen markant steigern und dadurch Mehrerträge generieren. Auf der anderen Seite hatten wir die Kosten gut im Griff, und die günstige Risikosituation im Kreditgeschäft führte dazu, dass wir nur sehr wenig Abschreibungen und Rückstellungen tätigen mussten.


Mit einem Plus von 24,4 % legte das Kommissionsgeschäft besonders stark zu. Wie werten Sie das Ergebnis?

Es ist unser Ziel, neben dem Zinsengeschäft, das bei uns fast 80% der operativen Erträge ausmacht, ein zweites kräftiges Ertragsstandbein zu entwickeln. Diesem Ziel sind wir einen wichtigen Schritt näher gekommen, was insbesondere auf die Fortschritte im Wertschriftengeschäft zurückzuführen ist.


Das Hypothekargeschäft legte mit 6,2 % deutlich über dem Gesamtmarkt zu. Wie machen Sie das?

Wir verstehen uns als Preisführer unter den Schweizer Banken  –  sowohl bei den variablen als auch bei den Festhypotheken. Beispielsweise bieten wir mit 3,125% für variable Hypotheken derzeit einen besonders attraktiven Satz. Die Kunden schätzen zudem unsere transparente Preisgestaltung, die auf Nettokonditionen basiert und ein «Feilschen um Zinssätze» überflüssig macht.


Die Kundenzahl der Migros Bank hat sich im letzten Jahr um 4 % auf 750’000 erhöht. Kommt Ihnen dabei auch die Kreditkrise entgegen? Gibt es verunsicherte Kunden der Grossbanken, die zur Migros Bank wechseln?

Wir konnten in der Vergangenheit unseren Kundestamm Jahr für Jahr kontinuierlich ausbauen. Im letzten Jahr hat es tatsächlich vermehrt Anfragen von verunsicherten Kunden anderer Banken gegeben, und viele Neukunden, die von einer von der Kreditkrise direkt betroffenen Bank zu uns wechselten, haben ihren Entscheid mit einem Vertrauensverlust und der Entfremdung von der Geschäftsstrategie begründet.


«Wir wollen unsere Wachstumsstrategie fortsetzten und im Kerngeschäft weitere Marktanteile dazugewinnen. Unser moderates Risikoprofil werden wir unverändert beibehalten.» (Harald Nedwed, Präsident der Geschäftsleitung Migros Bank)


Hat die Kreditkrise auch direkte Auswirkungen auf die Migros Bank?

Abgesehen vom oben beschriebenen Phänomen, nein! Wir haben in unseren eigenen Wertschriftenbeständen keine entsprechenden Papiere und haben derartige Anlagen weder unseren Kunden zum Kauf empfohlen noch in den Vermögensverwaltungsdepots eingesetzt.


2008 feiert die Migros Bank ihr 50-Jahr-Jubiläum. Wie beurteilen Sie die Aussichten für das laufende Geschäftsjahr und welche Festivitäten sind geplant?

Die Aussichten für das laufende 51. Geschäftsjahr beurteilen wir positiv. Wir wollen unsere Wachstumsstrategie fortsetzten und im Kerngeschäft weitere Marktanteile dazugewinnen. Unser moderates Risikoprofil werden wir unverändert beibehalten.
Was die Festivitäten zu unserem Firmenjubiläum anbetrifft, so werden diese in einem beschaulichen Rahmen ausfallen, so wie es zu unserer Unternehmenskultur passt. Natürlich gehört dazu neben diversen dezentralen Kundenanlässen auch ein gemeinsames Fest aller Mitarbeitenden.


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Sie setzen sehr stark aufs Online-Banking. Mit einer neuen Technologie soll nun die Sicherheit verbessert werden. Wir funktioniert das System?

Das neue System mit dem Namen M-IDentity besteht aus einem USB-Stick sowie einer Chip-Karte mit PIN-Code. Das Herzstück ist der USB-Stick, welcher einen eigens für unsere Bank konzipierten Webbrowser enthält. Damit kann das M-BancNet aufgestartet werden, ohne dafür den auf dem Computer installierten Browser zu benutzen. Die zweite Komponente ist eine Chipkarte (Smart-Card im SIM-Kartenformat), wie sie zum Beispiel in der Mobiltelefonie verbreitet ist. Darauf befindet sich ein kundenspezifisches PKI-Zertifikat. Erst mit eingelegter Chip-Karte wird der USB-Stick funktionsfähig. Um ins M-BancNet zu gelangen, muss der Benutzer jeweils zusätzlich den nur ihm bekannten PIN-Code eingeben.


Was sind die Vorteile – wie sicher ist diese Technologie?

Diese neue Technologie vereint maximale Sicherheit und Convenience. Durch die Trennung des im USB-Stick integrierten Webbrowsers von den übrigen Internetprogrammen auf dem Computer des Bankkunden ist das System vor Attacken aus dem Internet bestmöglich geschützt. Zudem ist die Anwendung für den Kunden sehr einfach, und er kann von jedem Computer aus sicher ins M-BancNet gelangen. Als erste Bank in Europa bieten wir diese Technologie allen unseren Kunden des M-BancNet an, und das erst noch kostenlos!


Derzeit nutzen rund 100’000 Kunden der Migros Bank das E-Banking. 50 % der Zahlungsaufträge und sogar 70 % der Börsenaufträge werden übers Netz getätigt. Welche weitere Entwicklung erwarten Sie?

Wir haben im Konkurrenzvergleich schon heute eine sehr hohe Nutzungsquote unseres Internet Banking. Die Bedeutung wird noch etwas zunehmen, wobei wir unserer Kundschaft weiterhin auch die anderen Vertriebskanäle offen halten werden. Er oder sie soll selbst entscheiden können, auf welchem Weg die Kommunikation mit der Bank am besten stattfindet.


Gleichzeitig bauen Sie aber auch das Filialnetz aus. Was sind die Gründe und wie viele Neueröffnungen sind geplant?

Der Ausbau unseres Filialnetzes ist Teil unserer oben angesprochenen Multi-Channel-Strategie. Dadurch, dass wir sämtliche Verarbeitungsprozesse zentralisiert oder regionalisiert haben, können wir unserer Kundschaft auch mit kleinen, kosteneffizienten Niederlassungen einen vollständigen Service bieten. Wir planen insgesamt 18 neue Niederlassungen, von denen wir etwa zehn im laufenden Jahr und den Rest 2009 eröffnen werden.


Die Migros Bank wechselt die Softwareplattform von RTC auf Finnova. Welche Erwartungen sind mit dem Wechsel verbunden und, vor allem auch, welche Einsparungen?

Wir versprechen uns hohe Funktionalität, grosse Flexibilität sowie wesentlich tiefere Betriebskosten. Die jährlichen Einsparungen werden deutlich im zweistelligen Millionenbereich liegen.


Wie läuft das Projekt und wann wird die Migration abgeschlossen sein?

Das aufwändige Projekt läuft bisher plangemäss. Die Migration wird 2009 abgeschlossen sein.


Herr Nedwed, besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen.





Zur Person:
Harald Nedwed – seit 1. September 2003 Präsident der Geschäftsleitung der Migros Bank

Geburtsdatum: 23.12.1959
Geburtsort: Graz (Oesterreich), im Alter von drei Jahren in die Schweiz gezogen
Nationalität: Schweizer
Zivilstand: verheiratet, 3 Kinder

Ausbildung:



  • Primarschule, Mittelschule und Gymnasium im Raum Basel (Matur Typus B)
  • Wirtschaftsstudium (Volks- und Betriebswirtschaftslehre) Universität Basel (lic.rer.pol.)
  • Seminare an verschiedenen anderen Universitäten;
    Zusätzlich Ausbildung in Rechtswissenschaft und Mathematik
  • Dissertation zum Thema Bankenwettbewerb und Geldpolitik, Universität Basel (Dr. rer.pol.)

Berufserfahrung:



  • Assistenzprofessor für Forschung und Lehre am Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum (WWZ) der Uni Basel
  • Schwerpunkte:
    Geld- und Kapitalmärkte, Finanzmarkt- und Risikotheorie, Bankenwesen, Industrieökonomik, Politische Oekonomie
  • Verschiedene Funktionen bei Finanzinstituten, zuletzt als Direktionsmitglied im internationalen Investment Banking einer Schweizer Grossbank
  • Tätigkeitsbereiche: Gesamtbanksteuerung, Kredit-/ Firmenkundengeschäft, Risiko Management, Asset & Libility Management, Treasury, Rechnungswesen & Controlling
  • Seit November 1998 bei der Migros Bank
  • Chief Financial Officer Gesamtbank und gleichzeitig Sitzleiter Basel
    seit 1. September 2003 Präsident der Geschäftsleitung

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