Bundesrat will Personenfreizügigkeit weiterführen – Nutzen für die Wirtschaft
Das Personenfreizügigkeitsabkommen und das Freihandelsabkommen seien die wichtigsten Verträge mit der EU, sagte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Bundeshausmedien in Bern. Die Einwanderung von Arbeitskräften aus der EU komme den Bedürfnissen der Schweizer Wirtschaft entgegen.
Aufschwung dank Arbeitskräften aus der EU
Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard nannte Fakten: 40% der Schweizer Führungskräfte würden im Ausland rekrutiert. «Rund 1 Million Stellen können ohne Ausländer nicht besetzt werden, selbst wenn alle Schweizer Stellensuchenden einen Job erhalten würden.» Keine Befürchtung der Kritiker sei eingetreten. Es gebe weder eine übermässige Einwanderung noch systematisches Lohndumping noch Sozialtourismus, sagte Leuthard. Sie sei zuversichtlich, dass die flankierenden Massnahmen auch für eine Erweiterung genügten. Eine Arbeitsgruppe mit den Sozialpartnern überprüfe diese Frage zurzeit.
Die Volkswirtschaftsministerin ist überzeugt, dass die früheren Kontingentregelungen keine Alternative zum freien Personenverkehr sind. Grosse Nachteile wären Bewilligungsverfahren, die fehlende Koordination der Sozialwerke und die wegfallende Anerkennung von Diplomen. «Auch hätten Schweizer und Schweizerinnen keinen freien Zugang mehr zum EU-Arbeitsmarkt.»
Entscheid spätestens am 17. Mai 2009
Das Personenfreizügigkeitsabkommen trat am 1. Juni 2002 für vorerst sieben Jahre in Kraft. Bei der Genehmigung der Bilateralen I, zu denen es gehört, beschloss das Parlament, mit einem referendumsfähigen Beschluss über eine Verlängerung zu entscheiden. Die Weiterführung der Personenfreizügigkeit soll von den Räten zusammen mit deren Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien behandelt werden, und zwar bis im Sommer. Kommen Referenden zustande, würde am 17. Mai 2009 abgestimmt. Will die Schweiz das Abkommen nicht verlängern, muss sie es bis 31. Mai 2009 der EU bekanntgeben.
Referendum droht
Ein Referendum gegen die Ausdehnung des freien Personenverkehrs ist nicht ausgeschlossen. Alt Bundesrat Christoph Blocher hatte es am Freitag an der Zürcher Albisgüetli-Tagung angedroht, sollte die EU im Steuerstreit nicht auf ihre Forderungen verzichten. Widmer-Schlumpf erinnerte daran, dass bei einem Nein zur Weiterführung des freien Personenverkehrs die übrigen Abkommen der Bilateralen I automatisch ausser Kraft gesetzt würden und einzelne Abkommen der Bilateralen II tangiert wären. Gefährdet sein könnte etwa die Umsetzung des Schengen/Dublin-Abkommens.
Während sich die Fortsetzung des freien Personenverkehrs bis 27. Februar in Vernehmlassung befindet, ist der Einbezug von Bulgarien und Rumänien noch nicht so weit. Ein Verhandlungsergebnis liegt laut Widmer-Schlumpf zwar vor, doch es fehlt noch die politische Zustimmung. Diese werde in den nächsten Tagen erwartet. (awp/mc/pg)