Kein WTO-Abschluss in diesem Jahr in Sicht – dennoch Optimismus

Dabei geben die puren Fakten derzeit kaum Anlass dazu: Die laufende Doha-Runde zur Liberalisierung des Welthandels wird nach Einschätzung von Diplomaten nicht wie geplant Ende dieses Jahres im Grundsatz abgeschlossen. Erst im kommenden Jahr könnte es soweit sein – aber das ist genau der Grund für den Optimismus. Es scheint sich die Gewissheit durchzusetzen, dass ein Abschluss der sechsjährigen Runde sozusagen unvermeidbar ist. «Alle wollen ihn», sagt etwa Weltbankpräsident Robert Zoellick, der sich derzeit zu einer WTO- Konferenz in Genf aufhält, und er zitiert neben Kanzlerin Angela Merkel sogar US-Präsident George W. Bush.


Abschluss der Doha-Runde für 2008 in Sicht
WTO-Generaldirektor Pascal Lamy zeigt zwar meistens – berufsbedingt – Optimismus, obwohl er bisher wenig Grund dazu hatte. Doch diesmal wagte er sich weiter vor. «Der Abschluss der Doha-Runde ist nun für 2008 in Sicht» sagte er der Konferenz zum Thema «Weltweite Hilfe für Handel». Das Treffen ist eine weitere Trumpfkarte, die Lamy und die Weltbank ziehen, um die nach der Hauptstadt des Scheichtums Katar benannte, vor sich hindümpelnde Liberalisierungsrunde doch noch zu retten.

Druck auf Schwellen- und Entwicklungsländer gestiegen
Steigende Energie- aber auch Lebensmittelpreise erhöhen den Druck auf die Schwellen- und Entwicklungsländer, Konzessionen zu machen. «Das neue Element in der laufenden Doha-Runde ist, dass Energie beginnt, darin einen besonderen Platz zu bekommen», sagt Lamy. Zwar ist der Agrarbereich, und hier besonders die Rückführung der milliardenschweren Subventionen der Industriestaaten für ihre Landwirtschaft, nach wie vor der Hebel für einen erfolgreichen Abschluss. Doch auch die Exportmöglichkeiten der noch Armen für industrielle Produkte können deutlich verbessert werden und Wohlstandschancen eröffnen. So kündigte Zoellick in Genf an, die Weltbank werde ihren Beitrag für verbilligte Exportkredite an kleine und mittlere Unternehmen aus solchen Ländern von 1,3 in diesem Jahr auf zwei Milliarden Dollar erhöhen.


«Zückerchen» für die Entwicklungsländer
Die «Hilfe für den Handel» wird somit als eine Art «Zückerchen» für die Entwicklungsländer gesehen, vom freieren Zugang für Industrieprodukte – auf den vor allem die Industriestaaten bestehen – Schritt für Schritt ebenfalls zu profitieren. Zoellick wies auch unverblümt daraufhin: «Sie haben alle Elemente einer ausgezeichneten Vereinbarung auf dem Tisch – das wird auch das Handelssystem dauerhaft verbessern», sagte er vor Vertretern der 151 Mitglieder umfassenden WTO. Wenn man sehe, wie sich die Form der weltweiten Produktion und der Agrarwirtschaft veränderten, dann könnten die Entwicklungsländer die Hauptnutzniesser davon sein. Und Lamy setzte nach, dass die WTO in Hongkong 2005 das Mandat erhalten habe, ein Programm für die Handelshilfen aufzubauen. Der Abschluss der Doha- Runde reiche allein nicht aus.

Einfluss amerikanischer Wahlen unklar
Nun wird in Genf erwartet, dass nach einem schon traditionellen Treffen führender Handelsminister beim Weltwirtschaftsforum in Davos Ende Januar im Frühjahr ein Papier vorliegen wird, über das sich dann alle gemeinsam beugen müssen. «Die politischen Führer stehen in einer Linie wie nie zuvor», freut sich Lamy. Unklar ist, welchen Einfluss die amerikanischen Wahlen im kommenden Jahr haben. Während die einen Diplomaten davon ausgehen, dass die Signale aus Washington, nach denen Bush noch schnell abschliessen will, echt sind, bezweifeln dies andere.


Doha-Runde ist nicht tot
Ob eine mögliche demokratische Präsidentin wie Hilary Clinton gar die Gespräche weiterführt oder ganz verwirft, wagt niemand zu vorherzusagen. Sie wären dann wohl tot für immer. In Genf jedenfalls wird noch das Wort der sonst so Doha-kritischen US- Handelsbeauftragten Susan Schwab hochgehalten. «Die Doha-Runde ist nicht tot, uns es gibt viele Gründe anzunehmen, dass sie unter dieser (US-)Regierung noch beendet werden kann.» (awp/mc/ab)

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