CH: Erstes Ja zur Mini-Steueramnestie – Ständerat für straflose Selbstanzeige

Als erste Kammer folgte der Ständerat dem Bundesrat: Einmal im Leben soll straffrei bleiben, wer eine bisher unerkannte eigene Steuerhinterziehung offenlegt und die Steuerbehörden vorbehaltlos unterstützt. Bezahlen muss er nur die ordentliche Nachsteuer und den Verzugszins für höchstens zehn Jahre. Der Mechanismus gilt auch für Unternehmen. Anstifter, Gehilfen oder Mitwirkende einer Steuerhinterziehung sollen davon unter den gleichen Voraussetzungen Gebrauch machen können wie die Steuerpflichtigen. Ein grosser Erfolg werde die Selbstanzeige kaum werden, sagte Kommissionspräsident Fritz Schiesser (FDP/GL).


Erbenamnestie
Mehr erwartet Schiesser von der Erbenamnestie. Wenn Erben die Steuerhinterziehung Verstorbener deklarieren, sollen sie Nachsteuer und Verzugszins nur noch für die drei letzten Steuerperioden vor dem Todesjahr des Erblassers bezahlen müssen. Heute beträgt der Zeitraum zehn Jahre. Verlangt wird ein genaues Nachlassinventar. Ernst Leuenberger (SP/SO), der seinen Widerwillen nicht verbergen konnte, wollte mit der linken Kommissionsminderheit die Nachsteuer für die letzten fünf Steuerperioden vor dem Tod erheben. «Allzu grosszügig sollten wir nicht sein», sagte er. Der Rat folgte aber mit 26 zu 7 Stimmen dem Bundesrat und der Mehrheit.


Mit 22 zu 1 Stimmen gutgeheissene Vorlage
Die mit 22 zu 1 Stimmen gutgeheissene Vorlage ist das, was von jahrelangen Diskussionen um eine Steueramnestie übrigblieb. Einen allgemeinen Gnadenakt wie letztmals 1969 lehnte der Bundesrat mit breiter Unterstützung ab. Den Räten liegt vor, was Finanzminister Hans-Rudolf Merz gegenüber den ehrlichen Steuerzahlern für «ethisch verantwortbar» hält. Vor dem Ständerat wies Merz auch auf das Interesse des Staates an der Mini-Amnestie hin. Wenn bisher nicht deklariertes Vermögen ans Tageslicht komme, stiegen die Steuererträge. «Ich weiss, das Thema ist nicht ein Schönes», sagte der Finanzminister. Das empfand auch Simonetta Sommaruga (SP/BE), für die Steuerhinterziehung «kein Kavaliersdelikt» ist. Sie machte im Übrigen auf ein Problem aufmerksam, das die Kommission zwar erkannt hatte, aber nicht lösen konnte: Hinterzieher müssten zu Unrecht bezogene Sozialleisungen zurück- und zu tiefe Sozialbeiträge nachbezahlen. Merz war bereit, diese Frage für den Zweitrat zu prüfen. Er warnte aber davor, zu viel zu wollen und damit «das Hauptanliegen zu ersticken». (awp/mc/gh)

Schreibe einen Kommentar